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„plusminus“ deckt auf
Druckdaten für Arzneimittelpackungen aus dem Internet
Kriminelle suchen immer neue Wege, gefälschte Arzneimittelpackungen in die legale Vertriebskette einzuschleusen. Das ARD-Magazin „plusminus“ deckte auf: Im Internet besorgen sie sich die Druckdaten von Arzneimittelpackungen. Fälschungen sind so mit bloßem Auge nicht mehr zu erkennen. Der Gesundheitsausschuss-Vorsitzende Dr. Edgar Franke (SPD) regt an, das securPharm-Projekt schneller voranzutreiben.
„Um nicht aufzufliegen, müssen die Packungen perfekt sein“, erklärt die Kommentatorin zu Beginn des Beitrages. „Die Fälscherbanden wissen das, und rüsten technisch auf.“ Wie die perfekte Fälschung möglich ist, erklärt ein Informant aus der internationalen Sicherheitsbranche: „Die Fälscher haben die perfekte Druckvorlage.“ Über Kontakte erhalten die Autoren des Beitrages Druckdaten einiger hundert Medikamentenpackungen von sechs global agierenden Pharmafirmen, darunter auch Bayer und Pfizer.
Die Bayer AG erklärt zwar, dass es sich bei diesen Daten um heruntergerechnete Dateien handle, die in der Qualität so nicht druckfähig seien. Doch Wolfgang Totzauer vom Verband Druck und Medien Bayern ist sich sicher: „Die Dateien haben alle eine sehr hohe Qualität, sind alle hochauflösend und können nahtlos für jedes Druckverfahren verwendet werden.“ Er könne sich durchaus vorstellen, dass es sich hierbei um Originaldateien handle.
Die Recherchen von „plusminus“ ergeben, dass die Druckdaten von Medikamentenpackungen weltweit auf Servern liegen. Kriminelle laden diese herunter und verkaufen sie an Medikamentenfälscher. Druckdateien gegen Geld – das sei der neue Deal. Täuschend echte Packungen sind die Eintrittskarte in die Apotheke, heißt es weiter.
Als eine Datei mit einer Packung für den ausländischen Markt vor den Augen eines Apothekers mühelos in eine mit deutschen Angaben umgearbeitet wird, zeigt sich dieser fassungslos. Dass so etwas möglich sei, habe er sich nicht vorstellen können. „Wir machen am Ende der Lieferkette so einen Aufwand und ganz vorne sind Packungen so leicht nachzumachen.“ Auch Medikamenten-Fälschungsexperte Michael Deats von der WHO ist besorgt, dass Druckdateien außerhalb von Pharmafirmen und offiziellen Druckereien verfügbar sind. Seiner Meinung nach müssen die Strafverfolgungsbehörden eingeschaltet werden. Pfizer gibt zu: „Wenn die Dateien einmal zur Verfügung gestellt wurden, entziehen sie sich unserer unmittelbaren Kontrolle.“
Auch Wolfgang Schmitz vom Zollkriminalamt in Köln zeigt sich alarmiert über den Handel mit Druckdaten. Wenn die gefälschten Packungen wie das Original aussehen, seien diese Warensendungen nur sehr schwer zu entdecken. „Da muss man sich den Vertriebsweg anschauen, man braucht aber auch sehr häufig konkrete Hinweise, die vielleicht erst im Rahmen eines Ermittlungsverfahrens zusammenkommen.“
In Deutschland soll künftig das Projekt securPharm Fälschungen in der legalen Vertriebskette Einhalt gebieten. Es ist Teil eines EU-weiten Abwehrsystems gegen Arzneimittelfälschungen. Über einen speziellen Code muss die Packung vor der Abgabe in der Apotheke verifiziert werden. Nach der bereits angelaufenen Testphase soll das System im Jahr 2018 eingeführt werden. Angesichts der Umstände hält SPD-Politiker Franke die Zeit, die für die Implementierung des Sicherheitssystems in den Apotheken angesetzt ist, für zu lange: Die Politik sollte das Zeitfenster verkürzen, erklärt er im Beitrag.
Zum plusminus-Beitrag in der ARD-Mediathek gelangen Sie hier.
Berlin - 07.08.2014, 11:28 Uhr