Neuverblisterung von Arzneimitteln

Der Streit geht weiter

Berlin - 25.08.2014, 13:08 Uhr


In Thüringen geht der Zwist um die Neuverblisterung von Arzneimitteln weiter. Das gemeinsame Positionspapier der Thüringer Apotheker und Ärzte, in dem die patientenindividuelle Zweit- bzw. Neuverblisterung nicht gut wegkommt, hatte für wortreiche Gegendarstellungen seitens des Bundesverbands Patientenindividueller Arzneimittelverblisterer und der Kohl-Tochter 7x4 Pharma gesorgt. Der Vorsitzende des Thüringer Apothekerverbandes, Stefan Fink, reagierte mit einem nicht minder umfangreichen Schreiben.

7x4 Pharma hatte unter anderem kritisiert, dass viele Passagen des Positionspapiers „teils auf veraltetem oder nicht vorhandenem Kenntnisstand basieren und mehreren anerkannten wissenschaftlichen Studien und Untersuchungen der letzten Jahre widersprechen“. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, so 7x4 Pharma, dass die vorliegenden Studien und Informationen im Markt ignoriert, nicht oder nur selektiv gelesen worden seien.

Die Medikationsanalyse und das Medikationsmanagement sind richtig und wichtig – das steht für den Verblisterer ebenso außer Frage wie die besondere Rolle des Apothekers. Aber ohne die patientenindividuelle Verblisterung sei ein solches Management „nur bedingt/eingeschränkt effizient“. Insbesondere bei der Versorgung chronisch kranker multimorbider Patienten sollte das Medikationsmanagement nach Meinung von 7x4 Pharma eng mit der Versorgungsform der Verblisterung verknüpft sein.

Bedenken der Thüringer Ärzte und Apotheker, dass ein Verwerfen der individuellen Blister aufgrund einer Medikationsänderung nicht dem Wirtschaftlichkeitsgebot entspreche und daher zu Regressforderungen bzw. Prüfanträgen gegenüber dem Vertragsarzt führen könne, teilt der Verblisterer nicht. Einen kompletten Verwurf eines Wochenblisters werde „nur in ganz seltenen Fällen nötig sein“. Denn Änderungen bei der Verordnung könnten entweder mit dem nächsten Wochenblister oder sofort händisch durch die betreuende Apotheke im Rahmen des Medikamentenmanagements vorgenommen werden.

Diese Ansichten und Argumente teilen Kammer und Verband nicht. Daten, auf die sich 7x4 Pharma berufe, seien mindestens fünf Jahre alt und bei der Erstellung des gemeinsamen Positionspapiers berücksichtigt worden. Sie fordern das Unternehmen auf, das neue Studienmaterial zu benennen und entsprechende Aussagen – beispielsweise dass das Medikationsmanagement ohne Verblisterung nur bedingt effizient sei – zu belegen.

Dass der Verblisterer bei kurzfristigen Änderungen der Medikation eine händische Korrektur des Blisters, durch Ansicht eines Blisters mit mehreren ähnlichen und gleich aussehenden Tabletten „als normale und standardisierte Lösung für eine kurzfristige Therapieanpassung“ darstelle, spreche für sich, heißt es in dem Schreiben weiter. Ungeachtet dessen sei dieser Ansatz bei anderen Systemen allein aus praktischen Gründen nicht umsetzbar.

Auch sei bisher nicht bekannt, welchen Einfluss die Verblisterung im großen Maßstab außerhalb von Heimen auf die Therapietreue habe, erklärt Fink für Apothekerkammer und -verband. Es sei durchaus denkbar, dass sich die Compliance verschlechtere, beispielsweise wenn ein Patient eine unerwünschte Arzneimittelwirkung nicht mehr einem speziellen Arzneimittel zuordnen kann. Eine Folge könnte sein, dass der Patient seine gesamte Medikation nicht mehr einnehme oder das falsche Arzneimittel aus dem Blister verwerfe. „Aus unserer Sicht wären also erst einmal Untersuchungen erforderlich“, mahnen die Thüringer Apotheker.


Annette Lüdecke