Urteile zum Cannabis-Eigenanbau

Hungerstreik als Protest gegen Rechtsmittel

Berlin - 02.09.2014, 16:00 Uhr


Die Auseinandersetzung um den Eigenanbau von Cannabis zu Therapiezwecken geht in die nächste Runde: Nachdem das Kölner Verwaltungsgericht Ende Juli in drei Verfahren entschieden hatte, dass bei den klagenden Patienten die Voraussetzungen für die Genehmigung des Eigenanbaus vorliegen, hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nun Berufung gegen die Urteile eingelegt. Laut der „Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“ sind daraufhin sechs chronisch Kranke aus Protest in den Hungerstreik getreten.

Die Urteile des Verwaltungsgerichts hatten vor wenigen Wochen für Wirbel gesorgt. Insgesamt hatte das Gericht über die Klagen von fünf chronisch kranken Patienten zu befinden. Sie alle wollten vom BfArM eine Erlaubnis zum Eigenanbau von Cannabis, um ihre Schmerzen selbst therapieren zu können. Eine Erlaubnis zum Erwerb und therapeutischen Konsum von Cannabisblüten war für sie nicht das Problem – sie wünschten sich allerdings eine kostengünstigere Variante für ihre Therapie.

In drei Fällen hielt das Gericht die Voraussetzungen für einen zulässigen Eigenanbau grundsätzlich für gegeben. Zu diesen gehört, dass der Patient austherapiert ist, es keine Behandlungsalternative gibt und der Preis in der Apotheke für ihn unerschwinglich ist. Die Verwaltungsrichter meinten, bei den drei Klägern könne beim Anbau in den Wohnungen ein Zugriff Dritter auf die Pflanzen und Produkte hinreichend sicher ausgeschlossen werden. Die genauen Modalitäten des Anbaus könnten durch Auflagen bestimmt werden. Das BfArM wurde verurteilt, unter Beachtung dieser Auffassung des Gerichts, die Anträge der Kläger erneut zu bescheiden. Die Kölner Richter ließen die Berufung zu, die Bonner Behörde hat dieses Rechtsmittel nun genutzt. Dies bestätigte ein BfArM-Sprecher gegenüber DAZ.online. Zu Details laufender Verfahren äußert sich die Behörde allerdings nicht.

Aus Protest gegen die Berufung sind jetzt sechs chronisch Kranke aus verschiedenen Bundesländern in einen Hungerstreik getreten. Sie fordern eine schnelle Lösung der Frage, ob und in welchen Fällen Patienten der Eigenanbau genehmigt wird. Die Kölner Urteile seien ein enorm wichtiger Schritt für die betroffenen Patienten gewesen, sagt der Mediziner Franjo Grotenhermen, Vorsitzender der „Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin“. „Durch die Berufung wird eine finanzierbare Behandlung mit Cannabisprodukten weiterhin unnötig hinausgezögert“, kritisiert er. Es sei den betroffenen schwer kranken Patienten nicht zumutbar, dass sie jahrelang für ihr Recht streiten müssen.

Auch die Bonner Behörde betonte: „Dem BfArM ist an einer schnellen Klärung im Sinne einer medizinisch sinnvollen und qualitätsgesicherten Versorgung der Patienten gelegen. Allerdings: „Mit Blick auf den Gesundheitszustand einiger Patienten bedauern wir besonders, dass diese sich nun mit dem Hungerstreik für eine medizinisch bedenkliche Maßnahme entschieden haben, um auf ihr Anliegen aufmerksam zu machen.“



Kirsten Sucker-Sket/dpa