Resolution des Berliner Apotheker-Vereins

Null-Retax: Gesetzgeber muss eingreifen

Berlin - 02.09.2014, 12:04 Uhr


Die Teilnehmer der diesjährigen Jahreshauptversammlung des Berliner Apotheker-Vereins haben einstimmig eine Resolution verabschiedet, mit der sie sich für die verzögerungsfreie Versorgung ihrer Patienten und gegen Vollabsetzungen der Krankenkassen aussprechen. Darin fordern sie den Gesetzgeber auf, Null-Retaxationen aufgrund formaler, nachträglich heilbarer Fehler durch gesetzgeberische Maßnahmen auszuschließen.

Nach der im vergangenen Jahr ergangenen Entscheidung des Bundessozialgerichts zur Null-Retaxation wegen der Abgabe von Nicht-Rabattvertragsarzneimitteln können Krankenkassen in einem solchen Fall die Apotheken­rechnung um den kompletten Betrag kürzen. Der BAV betont: „Für die Apotheke ist der Verlust eines hohen Wareneinsatzes, der durchaus im drei- oder sogar vierstelligen Bereich liegen kann, weit schmerzhafter als die Absetzung des eigentlichen Honorars.“ Null-Retaxationen für besonders teure Arzneimittel könnten sogar existenz­bedrohende Ausmaße annehmen.

Doch nicht nur die Abgabe eines Nicht-Rabattvertragsarzneimittels ohne Begründung lässt die Kassen zum Rotstift greifen. „Einige Krankenkassen sind nun in den vergangenen Monaten aber dazu übergegangen, auch bei rein formalen Abweichungen einer Verordnung (z.B. Fehlen der Berufsbezeichnung „Arzt“) eine Null-Retaxation vorzunehmen, obwohl der Patient in diesen Fällen mit dem richtigen Arzneimittel korrekt versorgt worden ist“, sagte Dr. Rainer Bienfait, Vorsitzender des BAV. Diese Krankenkassen erwarteten offenbar von den Apotheken, dass ihre Versicherten aufgrund eines unbedeutenden Formfehlers auf dem Rezept nicht mit den benötigten Arzneimitteln versorgt werden. Für die Berliner Apothekerinnen und Apotheker ein „völlig inakzeptables Vorgehen“.

Eigentlich waren GKV-Spitzenverband und Deutscher Apothekerverband (DAV) schon auf dem Weg zu einer Neufassung des Rahmenvertrags über die Arzneimittelversorgung, die Retaxationen wegen geringer Formfehler ausschließen sollte. Doch nach wie vor sind seinerzeit schon ausgehandelte Regelungen nicht wirksam geworden. Immer öfter wird daher der Ruf nach dem Gesetzgeber laut.

Hier die Resolution des BAV im Wortlaut:

„Die Mitgliederversammlung des BERLINER APOTHEKER-VEREIN Apotheker-Verband Berlin (BAV) e.V. verurteilt die Missachtung der pharmazeutischen Tätigkeit durch Null-Retaxationen der Krankenkassen aufgrund von Formfehlern.

Die anwesenden Mitglieder des Berliner Apotheker-Vereins fordern den Gesetzgeber auf:

die Möglichkeit von Null-Retaxationen aufgrund formaler, nachträglich heilbarer Fehler durch gesetzgeberische Maßnahmen auszuschließen,

das bestehende Missverhältnis zwischen einem für die medizinische Versorgung der Patienten unbedeutenden Fehler und dem erheblichen wirtschaftlichen Schaden, der für die Apotheke mit einer Null-Retaxation verbunden sein kann, aufzuheben

und den Apotheken die für die verzögerungsfreie Arznei- und Hilfsmittelversorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten erforderliche Rechtssicherheit zu garantieren.

Immer dann, wenn eine Vollabsetzung der erbrachten Leistungen der Apotheke durch die Krankenkassen die Folge geringfügiger, in der Apotheke nicht rechtzeitig oder ausreichend ‚geheilter‘ Formfehler ist, muss den Apotheken eine umfassende gesetzliche Heilungsmöglichkeit eingeräumt werden. Denn in diesen Fällen hat die Apotheke den Patienten pharmazeutisch korrekt versorgt.

Null-Retaxationen, die das Ziel verfolgen,

Apotheken für minimale Formfehler zu maßregeln

oder den Krankenkassen neue Möglichkeiten der Umgehung ihrer Zahlungsverpflichtungen einzuräumen,

sind abzulehnen, denn sie gefährden die unverzügliche Arzneimittelversorgung gesetzlich krankenversicherter Patienten.

Mit dem Ausschluss derartiger Null-Retaxationen ermöglicht der Gesetzgeber den Apothekenteams, sich auf ihre pharmazeutischen Aufgaben zu konzentrieren und sicherzustellen, dass aus Lieferengpässen auch künftig keine Versorgungsengpässe für gesetzlich krankenversicherte Patienten werden“.


Kirsten Sucker-Sket