Apothekenberatung in NRW

TV-Tests vs. Kammer-Tests

Berlin - 21.01.2015, 09:45 Uhr


Apotheken-Testkäufe sind in Fernsehbeiträgen beliebt – immer wieder wird die Beratung unter die Lupe genommen und ein anschließendes Fazit gezogen. Für verschiedene Beiträge hat der WDR das Ergebnis einer Stichprobe angekündigt. Getestet wurden 18 Apotheken in NRW, von denen zehn mit „schlecht“ abschnitten. Doch die Apothekerkammern des Bundeslandes halten prompt dagegen: Die Ergebnisse der zahlreichen „populistischen Apothekentests“ basierten zumeist auf subjektiven Eindrücken – und oft stehe das Ergebnis schon vor den Tests fest.

Gerade bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln seien Apotheken verpflichtet, ihre Kunden aktiv zu informieren und auf mögliche Wechselwirkungen hinzuweisen, erklärt der WDR in einer Mitteilung, die die heutigen Sendungen ankündigt. Aber diesem Beratungsauftrag kämen viele Apotheken offensichtlich nicht von sich aus nach – das sei das Ergebnis einer Stichprobe der Verbraucherredaktionen „Servicezeit“ und „WDR2-Quintessenz“. Von 18 getesteten NRW-Apotheken hätten zehn mit „schlecht“ abgeschnitten, fünf waren mittelmäßig und nur drei berieten „gut“.

WDR: Apotheken beraten schlecht

Der Test für „Servicezeit“: Es ging jedes Mal um fünf rezeptfreie Medikamente, darunter solche, die nicht zusammen eingenommen werden sollten. Eingekauft wurde in zehn niedergelassenen Apotheken in Münster, Mönchengladbach, Euskirchen, im Raum Essen und in Köln und Umgebung – und zwar in fünf „klassischen Vor-Ort-Apotheken“ und fünf „Discountern von DocMorris und Easy“. Das Ergebnis: Zwei Apotheken berieten von sich aus umfassend und gut, so der WDR. Vier Apotheken schnitten mittel ab, vier fielen durch. Die erweiterte Stichprobe für „WDR2-Quintessenz“ in acht weiteren Apotheken ergab einmal „gut“, einmal „mittel“ und sechsmal „schlecht“.

Nach Angaben des WDR haben sich die Test-Kunden in der Stichprobe „wie viele ganz normale Kunden verhalten“: Sie stellten von sich aus keine Fragen, verlangten einfach die Medikamente und warteten ab, ob und was die Apotheker von sich aus fragen und erklären. Beim Test war für die Tester „auffällig“, dass die klassischen Vor-Ort-Apotheken in der Stichprobe nicht wesentlich besser abschnitten als die Discounter. Von den ebenfalls getesteten fünf Versandapotheken legte nur eine der Lieferung ausführliche Informationen zu allen Arzneimitteln bei. Pluspunkt für die Versender: Beim Preis hatten sie die Nase vorn.

Apothekerkammern halten dagegen

„Die Ergebnisse der immer wieder in Deutschland durchgeführten populistischen Apothekentests basieren zumeist auf den subjektiven Eindrücken von nur einem oder zwei Testern. Und oft steht leider das Ergebnis schon vor den Tests fest“, erklären heute die Präsidenten der Apothekerkammern Westfalen-Lippe und Nordrhein. Anders die Testreihen der Apothekerkammern in NRW: Durch die Vielzahl der pharmazeutischen Fachprüfer und die zentrale Gesamtauswertung gewährten sie ein „höchstmögliches Maß an Objektivität und Neutralität“. Grundlage seien die Leitlinien der Bundesapothekerkammer zur Qualitätssicherung. „Unsere Ergebnisse sind transparent und daher von jeder Stelle nachprüfbar“, betonen Gabriele Regina Overwiening und Lutz Engelen.

Positive Zwischenbilanz nach 15.000 Beratungstests

Bei den beiden Kammern fällt die Zwischenbilanz nach zehn Jahren und 14.692 Beratungstests positiver aus: Zwei von drei Apotheken (68%) in Nordrhein-Westfalen bieten ihren Kunden und Patienten eine sehr gute bzw. gute Beratung. In weniger als drei Prozent sei – auch auf Nachfrage – keine Beratung erfolgt. Die Ergebnisse der Kammertests „wurden allesamt wissenschaftlich fundiert durchgeführt und professionell ausgewertet“, bilanzieren Overwiening und Engelen. Zunächst sei nur die grundsätzliche Beratungsbereitschaft der Apotheken auf den Prüfstand gestellt worden, heute gehe man sehr viel stärker ins Detail. „Uns geht es dabei um die Erhebung der tatsächlich geleisteten pharmazeutischen Qualität und nicht um populistische Schnellschüsse“, betont Engelen. „All unsere Testkäufe werden daher von pharmazeutischem Fachpersonal durchgeführt“, ergänzt Overwiening.

Konstruktive Verbesserungsvorschläge

Zur Optimierung werden sämtliche getesteten Apotheken von den Kammern im Nachgang über die Resultate informiert. „Bei schwerwiegenden Verstößen, die glücklicherweise die seltene Ausnahme sind, ergreifen wir selbstverständlich Sanktionen“, betont Engelen. Schließlich sei die Beratung der Kernbereich der apothekerlichen Tätigkeit. „Aber wir belassen es nicht bei kritischen Anmerkungen, wir unterbreiten den Apotheken zugleich konstruktive Verbesserungsvorschläge.“ Dazu zählten unter anderem Team-Schulungen in der Apotheke zum Themenkreis Beratung und Kommunikation. Erfreulich ist aus Sicht der Kammern, dass auch in Apotheken, die Mängel in der Beratung zeigten, nahezu durchgängig eine optimale Therapieempfehlung gegeben wurde. Lediglich in etwa einem Prozent der OTC-Beratungen hätte ein besser verträgliches Arzneimittel empfohlen werden können.


Juliane Ziegler