Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

28.06.2015, 08:00 Uhr

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: gavran333 - Fotolia.com)

Rückblick auf die letzte Woche (Foto: gavran333 - Fotolia.com)


Was für eine Woche! Griechenland ist noch drin und die Queen wieder weg. Und bei Apothekers? Eine kleine Revolution! Nein, das Honorar wird noch nicht angepasst und Geld fürs Medikationsmanagement gibt’s auch noch nicht. Aber: Die ABDA hat Neuland entdeckt! Nein, mein liebes Tagebuch, ich meine nicht den sündhaft teuren Bauplatz am Berliner Hauptbahnhof, sondern das Internet! Die ABDA will eine IT-Strategie entwickeln! Ohgottohgott, was blüht uns da? Und wem das nicht reicht: Ab 1. Juli muss Doktors Vorname und Telefonnummer auf dem Rezept stehen. Und wehe, wenn das fehlt! Dann gibt’s wohl keine Kohle fürs Rezept. Sag ich doch, was für eine Woche!

22. Juni 2015

 

Jens Spahn, noch-gesundheitspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, will „mal schauen, was geht“, Cornelia Rundt (SPD), niedersächsische Gesundheitsministerin, zeigt sich bereit, die Forderung der Apotheker beim Medikationsplan unterstützen – aber Barbara Steffens (Die Grünen), Gesundheitsministerin von Nordrhein-Westfalen, macht Nägel mit Köpfen: Sie wird einen Änderungsantrag zum eHealth-Gesetz über den Bundesrat einbringen. Mit diesem Antrag soll der Versicherte die Wahl bekommen, ob eine Apotheke oder ein Arzt seinen Medikationsplan erstellt. Mein liebes Tagebuch, Dank an Frau Steffens! Sie fackelt nicht lange und unterstützt das Anliegen der Apotheker im Sinne der Patienten. Der Bundestag muss diesen Antrag zwar nicht berücksichtigen, da die Länder beim eHealth-Gesetz nicht zustimmungspflichtig sind. Doch manchmal greift der Bundestag solche Empfehlungen durchaus auf. Also, es gibt noch Chancen, dass wir beim Medikationsplan so richtig dabei sind. Alles andere wäre ja auch absurd.

 

Die Hälfte der Bürger sieht Rabattverträge kritisch, hat der Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie in einer Umfrage festgestellt. Aber AOK-Hermann, Chef der AOK Baden-Württemberg meint, die Bürger akzeptieren die Rabattverträge fast ausnahmslos. Er macht das daran fest, dass nur verschwindend wenige Versicherte bereit seien, die Mehrkosten für ihr Wunscharzneimittel selbst zu tragen. Hahaha, mein liebes Tagebuch, da redet sich die AOK die Rabattverträge so richtig schön. Wenn man weiß, wie umständlich die Mehrkostenregelung abläuft, wenn man sein Wunscharzneimittel möchte, ist das kein Wunder, wenn ein Patient resigniert und das rabattierte Billig-Produkt annimmt. AOK-Hermann war vermutlich noch nie bei einem Abgabevorgang in einer Apotheke dabei, wenn ein Patient zum x-ten Mal auf ein neues Rabattarzneimittel umgestellt wird.

23. Juni 2015

Die Importeure EurimPharm und Kohlpharma haben bereits seit einiger Zeit so nette Bonus-Programme für Apotheken laufen, mit denen die Importabgabe mit geldwerten Vorteilen ein wenig, sagen wir mal, unterstützt wird. Dagegen hat nun Integritas als Verband für lautere Heilmittelwerbung eine einstweilige Verfügung erwirkt. Dumm gelaufen. Schade um die kleine feine Aufwandsentschädigung für Apotheken, die nicht mehr fließen darf. Allerdings haben die Importeure Widerspruch angekündigt. Aber, mein liebes Tagebuch, bei Licht  betrachtet sind solche Anreizsysteme doch eigentlich obsolet. Und wenn das Antikorruptionsgesetz kommt, dann wohl sowieso.

 

Es geht voran mit ARMIN, der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen. Auch wenn’s grad mal ein bisschen bei der Ärztesoftware klemmt. Aber bis Herbst soll die Technik für einen Testlauf des Medikationsmanagements stehen. Bis dahin soll noch ein Datenschutzsiegel als Nachweis für die Sicherheit der Patientendaten vorgelegt werden. Mein liebes Tagebuch, nicht entmutigen lassen, es wird! Selbst wenn es noch hier und da knirscht, die Apotheken und Ärzte, die bereits bei den beiden ersten Stufen von ARMIN mitmachen, sind überzeugt, dass es etwas bringt – für die Therapietreue der Patienten und für die Zusammenarbeit von Apotheker und Arzt.

24. Juni 2015

Das Thema Hilfsmittelversorgung ist in der Politik angekommen: Die Grünen wollen dazu Antworten von der Bundesregierung, denn sie sehen, dass sich durch die bundesweite Ausschreibungspraxis der Kassen erprobte regionale Versorgungsstrukturen auflösen. Wie wahr, mein liebes Tagebuch: Bei der Hilfsmittel-Qualität gilt nur noch „Hauptsache billig“. Auf die Knebelverträge der Kassen lassen sich die Apotheken zu Recht nicht ein. Die Versicherten, die unter der minderwertigen Qualität der Produkte leiden und darunter, dass sie nicht mehr durch Apotheken versorgt werden können, sollten sich bei ihren Kassen beschweren.

 

„ABDA will IT-Strategie entwickeln.“ Ach wie, mein liebes Tagebuch, die ABDA begibt sich ins „Neuland“? Jetzt schon? ABDA und IT, ABDA und Strategie – Wortpaare, die irgendwie gar nicht so gut zusammengehen wollen, oder? Also mal im Ernst, moderne Kommunikation und alles was damit zusammenhängt war in der Vergangenheit nicht unbedingt ABDAs Ding. Das soll sich nun ändern. Eine siebenköpfige IT-Arbeitsgruppe wird jetzt Ideen und Konzepte entwickeln: Overwiening, Funke, Hanke, Arnold, Froese, Hubmann und Korf sind mit von der Partie. Dem Vernehmen nach haben alle ein Smartphone und können schon eine App runterladen, mein liebes Tagebuch, der Anfang ist gemacht. Neben dieser Arbeitsgruppe wird noch eine eigene Abteilung Telematik mit drei Mitarbeitern, unter ihnen ein Informatiker, aufgebaut, die sich auch mit der strategischen Ausrichtung zu Fragen der Telematik befassen soll. Ist wohl dringend notwendig angesichts von eHealth, eGK, Medikationsplan und Co. Außerdem  soll eine „Basisinfrastruktur“ entwickelt werden, mit der eine sichere Kommunikation in einem eigenen Netz möglich werden soll. Mein liebes Tagebuch, wir schreiben das Jahr 2015 – eigentlich ein Unding, dass Apotheker noch kein eigenes Netz haben, in dem sie sich austauschen und kommunizieren können. Und während die ABDA noch aufbaut, plant und überlegt, handeln andere schon. Zum Beispiel DocMorris. Nachdem der Versender schon seit einiger Zeit an seinem „LiveBerater“ werkelt, eine Art Videokommunikation zwischen Apotheke und Kunde, stellt er jetzt eine „Mobile Pharmacy App“ vor. Diese Application soll eine Art Medikationsplan mit AMTS-Prüfung und Wechselwirkungs-Check bieten. Kleiner Tipp für die Telematik- und IT-Gruppe der ABDA: Die App kann man sich kostenlos runterladen (geht ganz einfach) und einfach mal anschauen…

 

Achtung, Achtung, mein liebes Tagebuch, neue Retaxfalle! Ab 1. Juli muss auf jedem Rezept die Telefonnummer der verschreibenden Person stehen. Und der Vorname dieser verschreibenden Person. Ausgeschrieben. Ach ja, falls was fehlt, kann das nur die verschreibende Person selbst heilen, sprich ergänzen, mit erneuter Unterschrift und Datum. Kassenbürokratie – wir lieben dich! Keine Frage, Telefonnummer sowie Vor- und Zuname des Doktors sollten auf einem Rezept eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein. Das Dumme dabei ist nur, dass für fehlende Angaben wohl wieder die Apotheke den Kopf hinhalten soll. Auch an diesem Beispiel zeigt sich die Absurdität des Retax-Wahnsinns.

 

25. Juni 2015

Glaubt eigentlich noch jemand, dass unser Honorar in absehbarer Zeit angepasst oder zumindest überprüft wird? Selbst wenn es das Ministerium überprüfen würde, kämen die Beamten wohl zu dem Schluss, dass Packungszahlen und Rohertrag deutlich gestiegen sind (und durch hochpreisige Arzneimittel weiter steigen wird). Beim derzeitigen Anpassungsmechanismus für den Festzuschlag würden diese Steigerungen gegengerechnet, was so viel bedeutet wie: Einfrieren des Honorars auf bestenfalls derzeitigem Niveau, wie es der Chef des Bayerischen Apothekerverbands, Hans-Peter Hubmann, auf der Mitgliederversammlung seines Verbands nochmals vor Augen führte. Mein liebes Tagebuch, das ist und bleibt vertrackt. Was bringt es vor diesem Hintergrund zu fordern, das Honorar jährlich zu überprüfen? Wir müssen von der Politik auch verlangen, den Anpassungsmechanismus zu ändern. Und das weitere Ziel sei, so die ABDA-Richtung, für Dienstleistungen honoriert zu werden, beispielsweise für die Beratung beim Medikationsplan oder Medikationsmanagement. Aber der Weg dahin erscheint noch länger als die Forderung nach Überprüfung – wenn der Weg nicht sogar in einer Sackgasse endet.

 

Tu felix Austria – nix da, das war einmal. Hatte Österreich bisher dem Arzneiversandhandel erfolgreich die Stirn geboten, ist es nun Schluss damit: Auch österreichische Apotheken dürfen Arzneimittel versenden, allerdings nur OTC.  Das Rx-Versandverbot als nationale Regelung bleibt bestehen – immerhin, das haben die Österreicher besser gemacht (unsere Nachbarn hatten eben keine Ulla).

26. Juni 2015

Das war ein echter Graue: Auf dem politischen Sommerabend der Hamburger Apotheker blies der Chef des Hamburger Apothekervereins, Jörn Graue, der Berliner ABDA den Marsch in Sachen ABDA-Häuser und Umzüge. Und sprach Wahrheiten aus, die nicht jedem in Berlin gefallen dürften. Er ließ die Umzüge und Ortswechsel der ABDA Revue passieren und kommentierte sie pointiert. Zum Beispiel zum Umzug ins Palais: Man wollte in Berlin dabei, „koste es, was es wolle“, das Palais sei gerade gut genug gewesen, um dem präsidialen Anspruch zu genügen. Aber es habe sich herausgestellt, dass „alles zu eng, nicht zweckmäßig, ergonomisch einfach unbrauchbar, und es mit der Nähe zur Politik dann doch nicht so weit her war“, brachte es Graue auf den Punkt. Jetzt heißt es, das neue Haus in Bahnhofsnähe solle zweckmäßig werden. „Alles schon mal gehört?“ fragte Graue. Mein liebes Tagebuch, gut, dass es noch ein paar Köpfe gibt, die nicht von Größenwahn berauscht sind und die Lage mit ein wenig Abstand betrachten. Ob’s hilft? Ob man den Mut in Berlin hat, nochmal über eine Alternative zur Bahnhofslage nachzudenken? Bevor man ins neue Haus-Desaster schlittert?

 

Die DAK hatte rund 2500 Apotheken nicht fristgerecht mit einem vorgeschriebenen Absetzungsschreiben über eine Retaxierung informiert. Eindeutig ein Fehler, den die Kasse eingestand. Jetzt zahlt sie das Geld „unaufgefordert und „unbürokratisch“ zurück. So kann’s gehen. Mein liebes Tagebuch, da darf man schon mal ein bisschen schmunzeln.


Peter Ditzel (diz), Apotheker / Herausgeber DAZ
redaktion@deutsche-apotheker-zeitung.de


Diesen Artikel teilen:


0 Kommentare

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.