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Apothekenketten und freier OTC-Verkauf
Griechenland: Apotheker wollen streiken
Über 86 Milliarden Euro frisches Geld wollen die EU-Regierungschefs in den kommenden drei Jahren nach Griechenland pumpen. Als Gegenleistung fordern sie weitreichende Reformen und Privatisierungen von Staatsbesitz. Auch der Apothekenmarkt ist betroffen: Bundeskanzlerin Angela Merkel und die anderen EU-Regierungschefs haben mit den Spar- und Reformvorgaben für Griechenland die Zulassung von Apothekenketten und die Freigabe des OTC-Verkaufs durchgesetzt. Dagegen wollen Griechenlands Apotheker erneut streiken.
Am Mittwoch sollen die Apotheken des Landes geschlossen bleiben. Ihre Gewerkschaft wendet sich gegen die so genannte geplante Liberalisierung des Marktes. „Das werden wir nicht erlauben. Morgen (Mittwoch) werden die Apotheken zu sein", sagte der Präsident des Apothekerverbandes, Giorgos Lourantos, im griechischen Rundfunk.
Diese jetzt wieder verordneten Maßnahmen sollten eigentlich schon von der griechischen Vorgängerregierung als Gegenleistung für frühere Hilfsmilliarden vollzogen werden. Im März 2014 hatte das griechische Parlament bereits über eine radikale Liberalisierung des Apothekenmarkts im Land diskutiert. OTC-Arzneimittel sollten auch im Supermarkt und an Tankstellen verkauft werden können. Das griechische Mehr- und Fremdbesitzverbot sollte abgeschafft und Apothekenketten, betrieben von Kapitalgesellschaften, zugelassen werden. Griechische Apotheken gingen gegen diese Pläne auf die Straße und streikten. Dann folgte der Regierungswechsel. Auch die neue Tspiras-Regierung hatte bereits die Freigabe des OTC-Verkaufs mit strengen Auflagen angekündigt. Nach Angaben der Panhellenic Pharmaceutical Association (PFS) wurde bislang aber nichts davon gesetzgeberisch umgesetzt. Jetzt ist Athens Regierungschef Alexis Tsipras erneut am Zug.
OECD-Bericht als Grundlage
Ausgangspunkt der Reform des Apothekenmarktes in Griechenland ist ein knapp 400 Seiten langer Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) vom November 2013 zur Bewertung der Wettbewerbsfähigkeit des Landes. Auf 20 Seiten befasst sich die OECD mit dem Apothekensektor und der Arzneimitteldistribution. Im März 2014 hat sich die Troika (Europäische Kommission, Europäische Zentralbank und der Internationale Währungsfonds) diesen Bericht zu eigen gemacht und in einem Memorandum Griechenland empfohlen, weitere Reformen entsprechend der OECD-Empfehlungen umzusetzen. Diese Empfehlungen haben jetzt die EU-Regierungschefs erneut im aktuellen Maßnahmenpaket aufgriffen.
Im OECD-Bericht zu Griechenland findet sich unter anderem folgende Aussage zum Apothekensektor: Ein gut ausgebildeter Pharmazeut mag am geeignetsten sein, Arzneimittel abzugeben, aber nicht automatisch um ein Geschäft zu führen. Das Betreiben einer Apotheke durch Unternehmer und professionelle Manager werde die Effizienz und den Wettbewerb in diesem Markt steigern. Wer Apothekenketten verbiete, verhindere auch Innovationen. (Die Passage im Original: „A well-trained pharmacist may be the best person to dispense drugs, but not necessarily to run a business. Allowing outside entrepreneurs and professional managers to own pharmacies would most likely improve their efficiency and management, thus increasing competition in this market. Therefore, restrictions on retail chains also restrict innovation.”).
Ausführlich beschäftigt sich der OECD-Bericht mit den Rahmenbedingungen des griechischen Apothekenmarktes. Die OECD kritisiert darin vor allem die starren Öffnungszeiten und die enorme Apothekendichte im Land. Insbesondere die streng reglementierten Öffnungszeiten kollidierten mit den Interessen der Verbraucher vor dem Hintergrund einer steigenden Selbstmedikation und einer älter werdenden Bevölkerung, so die OECD.
Die Empfehlungen
Daher kam die OECD schon 2013 für Griechenland zu folgenden Empfehlungen für den Apothekenmarkt: Das Fremd- und Mehrbesitzverbot soll abgeschafft werden. Die Sicherheit der Arzneimittelversorgung hänge nicht an der ausschließlichen Eigentümerschaft einer Apotheke durch einen Pharmazeuten. Apotheker sollten aber weiterhin die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln überwachen. Dies könne auch ein angestellter Apotheker leisten.
Professionelle Kaufleute könnten aber mehr Wettbewerb in den Apothekenmarkt bringen, neue Angebote kreieren und pharmazeutische Randbereiche wie Kosmetik- oder Babyprodukte entwickeln. Abgeschafft werden sollten laut OECD auch andere Regeln, beispielsweise die Abstandsgebote zur nächsten Apotheke, sowie die Einschränkung der Öffnungszeiten.
Im Kapitel zum OTC-Sektor empfiehlt der OECD-Report überdies die weitgehende Freigabe der OTC-Preise und den Verkauf von OTC-Produkten und Nahrungsergänzungsmitteln außerhalb von Apotheken. Dies könne beispielsweise in Supermärkten in speziell mit Warnungen gekennzeichneten Bereichen erfolgen.
Hier finden Sie den OECD-Report und das Memorandum der Troika:
http://www.oecd.org/daf/competition/greece-competition-review-2013.htm
http://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-14-202_en.htm
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