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Interview mit AEP-Geschäftsführer
Graefe: Antikorruptionsgesetz ohne Folgen für Skonti-Prozess
Die im Kabinettsentwurf zum Antikorruptionsgesetz vorgenommenen Änderungen werden nach Ansicht von Jens Graefe, Geschäftsführer des Großhändlers AEP, keinen Einfluss auf den am 27. August beginnenden Skonti-Prozess haben. Allerdings sollte die Klarstellung gegenüber dem ersten Referentenentwurf, dass Skonti des Großhandels an Apotheker doch nicht korrupt sind, die prozessführende Wettbewerbszentrale dazu veranlassen, „die gesamte Situation“ noch mal zu überdenken und zur „Besinnung“ zu kommen, sagte Graefe im Interview mit DAZ.online.
DAZ.online: Was erwarten Sie von der mündlichen Verhandlung zum Prozessauftakt am 27. August zum Skonto-Streit?
Graefe: Zuerst einmal: Wir haben dieses Verfahren nicht gewollt! Es ist nicht gut für die gesamte Branche und es birgt natürlich auch ein Restrisiko für alle Marktteilnehmer und insbesondere auch für die Apotheker.
Wir haben in unserer Klageerwiderung drei Punkte sehr klar vorgebracht: Erstens, dass die Wettbewerbszentrale hier ihre Klagebefugnis missbraucht. Zweitens, dass Skonti kein Rabatt, sondern ein Preisnachlass für die Einhaltung einer kurzen Zahlungsfrist sind und seit den Fugger handels- und immer schon branchenüblich sind, sowie die Tatsache, dass Skonti zusätzlich zum Rabatt gewährt werden können, wie es auch im Gesetzgebungsverfahren zum AMNOG und in aktuellen politischen Stellungnahmen klargestellt wurde. Und drittens, dass das einzige vorliegende obergerichtliche Urteil zur Frage, ob die 70 Cent dann aber doch rabattierbar sind, dieses bejaht.
Insofern gehen wir davon aus, dass in dem Termin die sehr solide ausgeführten und begründeten Argumente entsprechendes Gehör finden.
DAZ.online: AEP hat unter anderem den Alliance Healthcare-Aufsichtsratvorsitzenden und Phagro-Chef Trümper als Zeugen benannt. Wen noch? Was kann Trümper zur Skonto-Verfahren beitragen?
Graefe: Jeder Apotheker weiß, dass Konditionen über 3,15 Prozent üblich sind. Nicht für alle Apotheken gleichermaßen, aber für alle auf bestimmte Produktsegmente und für die großen und starken auch über das gesamte Sortiment. Diese Angebote „leben“ von einem hohen Skonto, übrigens auch ohne abweichendes kürzeres Zahlungsziel. Das weiß natürlich auch die Wettbewerbszentrale. Und die Existenz der Skonti, die es schon immer gibt, zeigt deren Branchenüblichkeit.
Für die Bestätigung der Angebots-Modelle der Wettbewerber und der Tatsache, dass diese auch Konditionen über 3,15 Prozent geben, mussten wir, wie uns unsere Anwälte sagten, neben Dr. Trümper weitere Geschäftsführer des Wettbewerbs als Zeugen benennen.
DAZ.online: Sie wollen dem Gericht also beweisen, dass Wettbewerber ebenfalls Gesamtkonditionen deutlich über 3,15 Prozent anbieten?
Graefe: Das haben wir schon in unserer Klageerwiderung getan. In der Zwischenzeit haben wir natürlich auch weitere Beweise gesammelt und legen auch diese dem Gericht rechtzeitig vor dem Termin vor. Diese Beweise sind zum Teil flächendeckend verteilt worden und damit öffentlich, und zum Teil wurden sie uns von Apothekern zugeleitet, die uns hier im Sinne ihrer Kollegen aktiv unterstützen wollten. In Ergänzung zu den Zeugenaussagen ist hier sehr deutlich nachgezeichnet, welche Konditionen der Wettbewerb gibt.
Allerdings hätte man sich das wirklich schenken können: Dass Konditionen jenseits der 3,15 Prozent gegeben werden, weiß nun wirklich jeder! Dass die Wettbewerbszentrale das im Verfahren bestreitet, befremdet doch sehr und scheint uns zu belegen, dass sie hier nicht um ihrer Aufgabe willen, sondern im Interesse Dritter gegen uns vorgeht.
DAZ.online: Wie begründet die Wettbewerbszentrale, dass die AEP-Konditionen gegen Recht und Gesetz verstoßen?
Graefe: Soweit ich es verstanden habe, ist die Begründung extrem einfach: Skonti und Rabatt seien dasselbe. Selbst wenn mit Skonti kurze Zahlungsfristen belohnt werden, liege der angebliche Gesamtrabatt, inklusive Skonto, dann am Ende über 3,15 Prozent. Um ehrlich zu sein: Es fällt uns schwer, hier zu folgen.
Als Begründung bemüht die Wettbewerbszentrale die Online-Ausgabe des Dudens, in dem unter zahlreichen Synonymen für Rabatt auch Skonti erwähnt sind. Die Definition für Skonti im selben Werk erwähnt die Wettbewerbszentrale allerdings nicht. Und hier steht eindeutig: „Preisnachlass bei Einhaltung einer kurzen Zahlungsfrist.“
Skonti sind ein Jahrhunderte altes Instrument der Fremdfinanzierung, das völlig berechtigt und begründet genutzt wird. Apotheker sind „eingetragene Kaufleute“, die aufgrund der späten Zahlung der Krankenkassen als eine wesentliche betriebswirtschaftliche Aufgabe die Finanzierung ihres Wareneinkaufs leisten müssen. Apotheker, die einen Skontovorteil nutzen, leisten eine Vorfinanzierung – natürlich muss das monetär belohnt werden.
DAZ.online: Sie halten auch das 70 Cent Fixhonorar des Großhandels für rabattfähig. Wie begründen Sie das?
Graefe: Ganz einfach: Das einzige bisher vorliegende obergerichtliche Urteil zu dieser Frage bestätigt das. Und wenn man dann in die Historie des AMNOG eintaucht und in die verschiedenen Kommentare dazu, findet sich auch keine Begründung, warum dies nicht so sein sollte. Und insbesondere die Lektüre des § 2 der Arzneimittelpreisverordnung bestätigt das. Dort wird von einem maximalen Aufschlag für den Großhandel, also von einer Preisobergrenze, gesprochen, der sich aus einem prozentualen Aufschlag von 3,15 Prozent und einem festen Aufschlag von 70 Cent zusammensetzt, nicht aber von einer Preisuntergrenze.
DAZ.online: Wie ist ihre Prognose für den Prozessverlauf? Erwarten Sie ein rasches Urteil des Landgerichts Aschaffenburg?
Graefe: Der Termin am 27. August ist ein Gütetermin, in dem eine gütliche Einigung erreicht werden soll, mit einer anschließenden mündlichen Verhandlung, falls die gütliche Einigung nicht gelingt. Wie rasch das Landgericht Aschaffenburg hier urteilen wird, weiß heute, außer vielleicht dem Gericht, niemand.
DAZ.online: Die Bundesregierung hat das Antikorruptionsgesetz mit Blick auf die Skonti entschärft. Hat das Konsequenzen für den Prozess?
Graefe: Auch wenn unter dem ersten Gesetzentwurf für die Apotheker nie eine Gefahr aus unseren echten Skonti, der keine Produkte oder Produktgruppen bevorzugt, resultierte, begrüßen wir natürlich die richtige Weiterentwicklung des Gesetzentwurfes. Dieses ist nicht nur für den Großhandel eine gute Nachricht, sondern vor allem für die Apotheker! Wir haben diese Position immer deutlich kommuniziert und unsere Kunden laufend informiert. Hinsichtlich der falschen und irreführenden Aussagen und Stellungnahmen der Wettbewerber über ein Gesetz, welches erst im ersten Entwurf vorlag und auch schon hier keine Gefahren insbesondere für die AEP-Kunden darstellte, haben wir uns ja ausreichend geäußert und positioniert.
Da es in diesem Prozess offensichtlich darum geht, zu klären, ob Skonti Rabatte sind, oder aber ein Preisnachlass für eine kurze Zahlungsfrist, gehe ich davon aus, dass diese Entwicklung beim Antikorruptionsgesetz keinerlei Einfluss auf den Prozess haben wird. Ich würde mich aber freuen, wenn diese Entwicklung dazu führen würde, dass die Klageführer des Skontoprozesses die gesamte Situation noch mal überdenken und gegebenenfalls doch noch zur Besinnung kommen. Übrigens: Ich habe bis heute noch keine Stellungnahme des Phagro zum neuen Entwurf des Antikorruptionsgesetzes oder zum Skontoprozess gesehen. Die Pressemeldung nach dem völlig überflüssigen Termin zur Einstweiligen Verfügung in Berlin hat keine zwei Stunden gedauert!
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