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- Entwarnung für Phthalate
Ob in Verpackungen, Spielzeug oder Arzneimitteln - Weichmacher stecken in vielen Produkten. Ihre akute Toxizität stuft man als extrem gering ein. Doch wie ist der Erkenntnisstand zu Schadwirkungen bei längerfristiger Exposition?
Ihren Beinamen „Weichmacher“ verdanken einige Phthalsäure-Ester ihrem Zusatz zu Kunststoffen oder synthetischem Gummi, um deren Elastizität zu erhöhen. Als Phthalate bezeichnet man sowohl die Ester der Phthalsäure (1,2-Benzodicarbonsäure) als auch deren Salze. Die Liste der verfügbaren, industriell hergestellten Substanzen ist lang. Sie können in zahlreichen weiteren Erzeugnissen wie Textilien, Kosmetika, Spielzeug, Lebensmitteln oder auch Arzneimitteln enthalten sein.
In Arzneimitteln findet man sie beispielsweise in Überzügen von Filmtabletten, als Weichmacher in Gelatine-Kapseln oder in flüssigen Präparaten zur Kontrolle der Viskosität. Da sie aus den jeweiligen Produkten leicht herausgelöst werden können, gelangen sie in die sie umgebenden Gewebe, Flüssigkeiten oder auch in den Hausstaub.
Risiko schlecht abschätzbar
Das mögliche gesundheitliche Risiko von Phthalaten für den Menschen lasse sich nur schwer abschätzen, da die Zahl der verfügbaren epidemiologischen Daten gering und zudem widersprüchlich sei. Dies stellen Ralf Stahlmann und Theresa Martin vom Institut für klinische Pharmakologie und Toxikologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin in einem Beitrag in der aktuellen DAZ-Ausgabe fest.
Zudem ließen sich – durchaus besorgniserregende - tierexperimentelle Daten nur bedingt auf den Menschen übertragen. Tierexperimente hatten reproduktionstoxische Wirkungen gezeigt. Insbesondere männliche Ratten reagierten während der pränatalen Entwicklung empfindlich auf Phthalate.
Das potenzielle Risiko der Substanzen ist jedoch unterschiedlich. Nach der Molekülmasse der veresterten Alkohole werden sie in hoch- und niedermolekulare Verbindungen eingeteilt. Die niedermolekularen Phthalate, zu denen beispielsweise Di-(2-ethylhexyl)-phthalat (DEHP), Dibutylphthalat (DBP), Benzylbutylphthalat (BBP) und Diisobutylphthalat (DIBP), gehören, wurden inzwischen als fortpflanzungsgefährdend eingestuft. Sie sind in der EU seit 2005 generell in Babyartikeln und Spielzeug verboten.
Fortpflanzungsgefährdende Phthalate dürfen gemäß der EU-Chemikalienverordnung REACH [1] auch nicht in Gemischen wie Lacken, Klebstoffen oder Duftstoffen enthalten sein, die an die breite Öffentlichkeit verkauft werden. Einige Phthalate, unter anderem DEHP, BBP und DBP, dürfen laut EU-Kosmetik-Verordnung nicht in Kosmetika enthalten sein [2].
Grenzwerte für Verbraucher festgelegt
Auch die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat Maßnahmen zur Risikominimierung ergriffen, da Lebensmittel zu den Haupt-Expositionsquellen zählen. Sie bewertete verschiedene Produkte und leitete daraus Empfehlungen für Grenzwerte der täglichen Phthalat-Einnahme ab. [3]
Nach Ansicht von Martin und Stahlmann reichen die derzeit gültigen Grenzwerte offensichtlich aus, um Risiken auf das ungeborene Kind auszuschließen, wenn eine Exposition während der Schwangerschaft erfolgt. Weitere Untersuchungen zum Mechanismus der reproduktionstoxischen Wirkungen seien jedoch wünschenswert.
Die Aufnahme über Arzneimittel spiele heute praktisch keine Rolle mehr, so die Autoren. Nach Aussagen des BfArM werden in Deutschland keine Phthalat-haltigen Arzneimittel mehr vermarktet [4].
Zum Weiterlesen:
DAZ Nr. 44 Krank durch „Weichmacher”?
Quellen:
[1] ECHA. Candidate List of substances of very high concern for Authorisation; echa.europa.eu/candidate-list-table
[2] Fragen und Antworten zu Phthalat-Weichmachern, FAQ des BfR und des Umweltbundesamtes (UBA) vom 7. Mai 2013 www.bfr.bund.de
[3] EFSA. Opinion of the Scientific Panel on Food Additives, Flavourings, Processing Aids and Materials in Contact with Food (AFC) on a request from the Commission related to Bis(2-ethylhexyl)phthalate (DEHP) for use in food contact materials. EFSA J 2005;243:1-20
[4] Ergebnisprotokoll für die 74. Routinesitzung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach § 63 AMG am 22. Mai 2014
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