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Arzneimittelpreisbildung nach AMNOG 2.0
„Adaptive Licensing weicht die Standards auf“
Das Ende des Pharmadialogs naht, Änderungen des AMNOG werden ebenfalls kommen. Doch während Kassen und Politik noch munter über Kompromisse und Mondpreise diskutieren, denkt die Europäische Arzneimittelbehörde laut über eine schrittweise Zulassung neuer Arzneimittel nach. Dies würde bewährte Standards in der Zulassung grundlegend verändern, warnt IQWiG-Chef Jürgen Windeler.
„Sie können sicher sein, dass das Thema Arzneimittel nach Abschluss des Pharmadialogs in den kommenden Wochen und Monaten in den Mittelpunkt rückt“, erklärte Unions-Politiker Michael Hennrich unlängst auf einer Veranstaltung der Deutschen Gesellschaft für Recht und Politik im Gesundheitswesen (GRPG) in Berlin. Tatsächlich ist die Arzneimittelpreisbildung wieder das Thema im gesundheitspolitischen Berlin. Ein Dauerbrenner sozusagen. Bereits vor Weihnachten brachten die Krankenkassen das Thema der hochpreisigen Arzneimittel auf den Tisch. Sie wollen weg von der freien Preisbildung im ersten Jahr nach Markteinführung. „Mondpreise“, heißt es bei ihnen, das Hepatitis C-Schreckgespenst Sovaldi deutlich vor Augen. „Wer soll das bezahlen?“
Freie Preisbildung, geheime Verhandlungen
Die Pharmaunternehmen haben sich ebenfalls in Stellung gebracht, um bei dem bald erwarteten Änderungsprozess des AMNOG punkten zu können. Und weiteres folgt: Die Vierte AMG-Novelle läuft und soll im März verabschiedet werden (damit geht es eher um Anpassungen an EU-Recht), am 12. April soll es die offizielle Erklärung des Pharmadialogs geben,.
Derweil werden munter Kompromisse verhandelt: Die Hersteller könnten sich vorstellen, die freie Preisbildung auf sieben Monate zu begrenzen. Die Krankenkassen wiederum könnten sich vorstellen, auch höheren Referenzpreisen zuzustimmen, die in anschließenden Zusatzverhandlungen – natürlich geheim – verhandelt werden. Die Legitimation des G-BA gilt seit einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts immerhin als anzweifelbar, das IQWiG seinen Gegnern zunehmend realitätsfremd. Den Wust der Ideen und die mangelnde Transparenz in den Beratungen des Pharmadialogs beobachten nicht wenige Experten mit Sorge. Es wird ordentlich geschraubt am System, wo etwas geht, können Änderungen möglich werden.
Längst werden aber Schritte vorbereitet, die nicht ins aktuelle Marktgeschehen eingreifen wollen, sondern noch deutlich früher einsetzen. Wie IQWiG-Leiter Jürgen Windeler DAZ.online berichtet, gibt es Vorstöße, verstärkt auf andere, schwächere Studiendesigns zu setzen. Dies würde erreichte Standards bereits im Zulassungsprozess eines Arzneimittels wieder aufweichen – dadurch hätte das IQWiG dann schnell Studien zur Nutzenbewertung auf dem Tisch, deren Aussagen für die AMNOG-Bewertungen noch schwächer sind als bisher schon, sagt Windeler.
Schritteweise Zulassung verletzt wichtige Standards
Hans-Georg Eichler, Medizinischer Leiter der europäischen
Zulassungsbehörde EMA, hatte auf dem Herbst-Symposium des IQWiG erklärt,
ergebnissichere Studien könnte es gar nicht geben, da sich Unsicherheiten nicht
eliminieren ließen. Eichler setzt daher für vielversprechende (promising) neue
Wirkstoffe auf eine schrittweise Zulassung (adaptive Licensing): Auf Basis zunächst weniger Daten aus einer randomisierten Studie wird ein Wirkstoff für
eine eingeschränkte, kleine Gruppe von Patienten zugelassen, um dann mit
weiteren Daten die Zulassung zu erweitern.
Für Jürgen Windeler drängt sich die Frage auf, aus
welchem Grund man die erhöhte Unsicherheit, die mit diesem Vorgehen verbunden
ist, überhaupt akzeptieren sollte. Die versprochenen Auffangmechanismen ließen
sich zudem im deutschen Gesundheitssystem – anders vielleicht als in Großbritannien
oder Frankreich – nicht umsetzen.
Zunächst gehört bei der Nutzenbewertung der faire
Vergleich in randomisierten Studien eindeutig zu den wichtigsten Ankern,
natürlich auch bei Zulassungserweiterungen. In Eichlers Modell soll weitere
Evidenz zu dem Arzneimittel aber nach und nach mittels Anwendungsbeobachtungen
und Registerauswertungen gewonnen werden. Das schwäche einerseits die
Aussagekraft drastisch, man könne andererseits die Unternehmen gar nicht dazu
verpflichten, sagt Windeler.
Eine streng kontrollierte Verordnung, wie sie nach
Vorstellungen Eichlers zu Beginn des adaptive Licensing-Prozesses erfolgen muss,
sei ebenfalls nicht möglich: Wie soll man in Deutschland regeln, dass nur drei
Ärzte oder drei Krankenhäuser zunächst ein neues Arzneimittel verordnen dürfen?
Es gebe kaum Sanktionsmöglichkeiten, die Forderungen des adaptive Licensing
einzulösen, sagt Windeler. „Die frühere Verfügbarkeit wird erkauft durch
höhere Unsicherheit und uneinlösbare Versprechen“.
2 Kommentare
Überschrift...
von Rolf Lachenmaier am 18.02.2016 um 15:52 Uhr
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AW: Kommentieren...
von Nicola Kuhrt am 18.02.2016 um 16:02 Uhr
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