Krebstherapeutika

Hecken will zweite Nutzenbewertung zum Standard machen

Stuttgart - 15.03.2016, 16:50 Uhr

Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken will laut Ärztezeitung eine zweite Nutzenbewertung zum Regelfall machen. (Foto: TK)

Der G-BA-Vorsitzende Josef Hecken will laut Ärztezeitung eine zweite Nutzenbewertung zum Regelfall machen. (Foto: TK)


Im Bereich onkologischer Arzneimittel will der Gemeinsame Bundesausschuss die frühe Nutzenbewertung zukünftig grundsätzlich befristen – und Studien auch zur Verbesserung der Lebensqualität nachfordern. So will Josef Hecken der stark beschleunigten Zulassung sowie den schnell steigenden Preisen begegnen.

Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) will die Hersteller von Krebstherapeutika härter in die Pflicht nehmen: Während die Nutzenbewertung bisher nur teilweise befristet wurde, soll dies zukünftig zum Normalfall werden – mit Nachlieferungs-Pflichten für die betroffenen Pharmafirmen, wie G-BA-Vorsitzender Josef Hecken laut Ärzte-Zeitung Ende letzter Woche auf dem Expertenforum Onkologie in Berlin sagte.

Während Zulassungsbehörden bisher Schwierigkeiten haben, bei konditionierten Zulassungen Arzneimittelhersteller dazu zu bringen, nötige Daten nachzureichen, will Hecken offenbar zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: Er kündigte laut Ärzte Zeitung an, dass Pharmafirmen zukünftig Studien zum Nutzen und zur Verbesserung der Lebensqualität nachreichen sollen. Ansonsten drohe ihnen, dass eine positive Nutzenbewertung wieder abgewertet werde. Bisher legten laut Hecken manche Hersteller kein Dossier mehr vor, wenn die Vergleichstherapie mit einem hohen Preis verbunden ist – da ihnen auch ohne anerkanntem Zusatznutzen ein ausreichender Erstattungsbetrag sicher sei. 

Studiendaten fehlen für die Bewertung

Auf Nachfrage wollte der G-BA einen generellen Wechsel allerdings noch nicht bestätigen: Da immer mehr Arzneimittel zugelassen werden, bei denen die abschließende Bewertung von Wirksamkeit und Unbedenklichkeit noch aussteht, stünden dem Ausschuss weniger Studiendaten als Bewertungsgrundlage zur Verfügung – der sich gleichzeitig mit den Auflagen der EMA befassen müsse, schreibt der G-BA. „Dementsprechend häufiger besteht auch die Notwendigkeit, die Beschlüsse zum Zusatznutzen zu befristen und mit Auflagen zu versehen“, so der G-BA. 

Grund für den Vorstoß von Hecken sind auch die in letzter Zeit stark gestiegenen Preise für neuartige Krebstherapeutika. Wie Hecken erklärte der Ärzte Zeitung zufolge auch Karl Broich, Präsident des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), dass Zulassungsbehörden und G-BA zu einem sehr frühen Zeitpunkt mit den Herstellern zusammenarbeiten, um die Anforderungen an die Zulassungen und die Nutzenbewertung zu klären. So sollen laut Broich auch die klinischen Studien optimiert werden, um späteren Anforderungen an Evidenz genügen zu können.

Tiefgreifender Wandel in der Krebsbehandlung

Zusammen mit der Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft und der Deutschen Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie (DGHO) erwägt der G-BA, Register zur Dokumentation von Therapieverläufen einzurichten. Carsten Bokemeyer, Vorsitzender der DGHO, hatte auf einer Pressekonferenz im Februar von einem tiefgreifenden Wandel in der Krebsbehandlung gesprochen, durch die es zu einer höheren Rate von Langzeitüberlebenden und einer relevanten Linderung von krankheitsbedingten Beschwerden komme.

Doch bei jeder neuen Substanz stellten sich die dieselben Fragen: „Welches Arzneimittel ist wirklich ein Gewinn, welche Diagnostik ist erforderlich, welcher Patient profitiert von welcher Substanz, und welches Arzneimittel hat keinen oder nur einen geringen Zusatznutzen gegenüber dem bisherigen Standard“, so Bokemeyer. Sowohl über die neuen Register als auch die zweite Nutzenbewertung kann ein Teil der wissenschaftlichen Evidenz zusammengetragen werden, die hilft, diese Fragen zu beantworten.


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