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Streit um Glyphosat
Umweltverbände wollen gerichtlich gegen Zulassungsbehörden vorgehen
Im Mai wird die EU-Kommission über die weitere Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat entscheiden. Interessengruppen kämpfen mit harten Bandagen: Vereine wollen per Strafanzeige gegen das Bundesinstitut für Risikobewertung und Monsanto vorgehen. Die Grünen sehen außerdem Interessenkonflikte.
Ende Juni 2016 läuft die Zulassung für den Pflanzenvernichtungs-Wirkstoff Glyphosat aus. Eine Entscheidung des zuständigen Ausschusses der EU-Kommission, ob das umstrittene Mittel weiter zugelassen werden soll, wurde im März vertagt, da bis dato keine Einigung erzielt werden konnte: Glyphosat steht unter dem Verdacht, Krebs auszulösen. Nach einer Untersuchung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), das als berichterstattende Behörde die Einschätzung erarbeitet hat, geht bei fachgerechter Anwendung keine Krebsgefahr von Glyphosat aus. Die Internationale Agentur für Krebsforschung (IARC), eine Einrichtung der WHO, bewertet Produkte mit Glyphosat hingegen als „wahrscheinlich krebserregend“.
Spätestens am 19. Mai will der EU-Ausschuss nun einen Entschluss fassen. Nichtregierungsorganisationen versuchen daher aktuell, die Gefahren von Glyphosat zu belegen. Sie stellten am Donnerstag ein Gutachten des Epidemiologen Eberhard Greiser von der Universität Bremen vor, nachdem das BfR nahezu alle epidemiologischen Studien über die krebserzeugende Wirkung von Glyphosat unbegründet als „nicht zuverlässig“ verworfen habe. Greiser selber sagte in einer Presseerklärung, seines Eindrucks nach seien alle Studien, die der Neuzulassung im Weg stünden, „systematisch aussortiert“ worden.
Ein Fall für den Staatsanwalt?
Darüber hinaus erstatteten Umweltschutzorganisationen wie die österreichische „GLOBAL 2000“ oder das Umweltinstitut München e.V. Strafanzeige bei den Staatsanwaltschaften Wien und München. „Es ist strafrechtlich relevant, wenn von der Behörde offensichtliche Belege für die krebserzeugenden Wirkungen von Glyphosat missinterpretiert wurden, obwohl sie mehrfach darauf hingewiesen wurden“, sagt Helmut Burtscher von GLOBAL 2000 gegenüber DAZ.online. Außerdem sei beispielsweise die Aussage des BfR-Präsidenten Andreas Hensel in einem Spiegel-Interview falsch, Glyphosat werde seit über 40 Jahren in der Landwirtschaft eingesetzt, „ohne dass es auch nur einen einzigen ernst zu nehmenden Hinweis auf schädliche Nebenwirkungen gebe“.
Auf Nachfrage widerspricht das BfR den Darstellungen der Umweltverbände energisch. „Das BfR macht nichts ungeprüft“, sagt eine Sprecherin gegenüber DAZ.online. Sie weist darauf hin, dass die Behörde gesetzlich verpflichtet sei, die vom beantragenden Unternehmen vorgelegten Studien zur Bewertung auszuwerten, doch würden auch die sonstige Literatur gesichtet. Dass statistische Analysen der Firmen unkritisch abgeheftet wurden, sie „nicht korrekt“: „Wir haben keine Auswertung der Industrie ungeprüft übernommen“, sagt sie. „Wir haben jede Studie einzeln bewertet und das auch im Bewertungsbericht dokumentiert.“
Wissenschaftlicher Konsens
Bei epidemiologischen Studien gäbe es außerdem gar keine unterschiedlichen Einschätzungen zwischen der WHO und dem BfR. „Das ist Konsens in der wissenschaftlichen Welt“, sagt sie. Auch die IARC spreche von einer begrenzten Evidenz für eine krebserzeugende Wirkung beim Menschen. Umstritten sei nur, wie Tierversuchsstudien einzuschätzen sind.
Ein Problem ist, dass die unterschiedlichen Behörden ihre Analysen aufgrund unterschiedlicher Daten vornehmen: Während die WHO Studien von Wissenschaftlern und Regierungen einbezogen hat, hat das BfR außerdem Zugang zu Daten der Hersteller, die für unabhängige Analysen kaum zur Verfügung stehen. Außerdem berücksichtigt die WHO auch Misch-Produkte von Pflanzenstoffmitteln wie „Roundup“ von Monsanto, in denen Glyphosat enthalten ist – während der Auftrag an das BfR nur war, das von Glyphosat ausgehende Risiko zu untersuchen.
Interessenkonflikte bei den Bewertern?
Die Grünen-Fraktion am deutschen Bundestag sieht außerdem Interessenkonflikte beim BfR, die einer unabhängigen Bewertung entgegenstünden. Diese will sie von der Bundesregierung im Rahmen einer kleinen Anfrage geklärt wissen. Die Behörde betont, alle Mitarbeiter seien beamtenrechtlich zur Unabhängigkeit verpflichtet. Wie auch Umweltverbände würden Industrievertreter zwar auch zu Veranstaltungen eingeladen, doch sei es beispielsweise undenkbar, dass Fördermitteln von Unternehmen angenommen würden.
In der vergangenen Woche verabschiedete das EU-Parlament eine Resolution, dass die Zulassung für 7 statt 15 Jahre erfolgen und dass Glyphosat für den privaten Gebrauch verboten werden soll, um unsachgemäße Anwendungen zu verhindern. Sie ist für den zuständigen Ausschuss bei der EU-Kommission jedoch nicht bindend. Egal wie die Entscheidung ausgehen wird: Sie dürfte auf große Proteste stoßen.
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