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Antikorruptionsgesetz
Länder wollen Apotheker strafbar machen
Noch im Mai kann das Antikorruptionsgesetz in Kraft treten: Am heutigen Freitag billigte der Bundesrat die zukünftige Strafbarkeit von Bestechung und Bestechlichkeit im Gesundheitswesen. Er kritisiert jedoch deutlich, dass der Verweis auf die berufsrechtlichen Pflichten gestrichen wurde – und dass Apotheker weitgehend ausgenommen sind.
Vier Jahre nachdem der Bundesgerichtshof bemängelt hatte,
dass niedergelassene Ärzte nicht wegen Korruption bestraft werden können, wird sich
diese Lücke demnächst schließen. Am heutigen Freitag billigte der Bundesrat das
vom Bundestag verabschiedete Gesetz, welches nicht zustimmungspflichtig war. „Der
Bundesrat begrüßt, dass der Deutsche Bundestag mit dem Gesetz zur Bekämpfung
der Korruption im Gesundheitswesen eine rechtliche Grundlage zur Bekämpfung von
korruptivem Handeln durch Angehörige der Heilberufe schafft und damit eine
nicht hinzunehmende Gesetzeslücke schließt“, schreibt die Länderkammer in ihrer
Stellungnahme.
Zwei Punkte, die auch innerhalb der großen Koalition stark umstritten waren, thematisiert der Bundesrat in seiner Entschließung erneut. So war erst in der Schlussphase des Gesetzgebungsprozesses Korruption bei der Abgabe von Arznei- oder Hilfsmitteln sowie Medizinprodukten aus der Strafbarkeit herausgenommen worden. Bestechung beim Bezug der Mittel soll nur strafbar sein, wenn sie zur Anwendung durch den Heilberufler bestimmt sind. In seiner Entschließung weist der Bundesrat nun darauf hin, „dass ganze Berufsgruppen, vor allem die der Apothekerinnen und Apotheker, aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes herausfallen.“
Nicht zu rechtfertigende Lücken
Apotheker sind vom Antikorruptionsgesetz zwar weiterhin erfasst, wenn sie beispielsweise Ärzte bestechen, damit diese ihnen Patienten zuführen. Doch dies reicht dem Bundesrat nicht: „Vor dem Hintergrund der Bedeutung, die diese Berufsgruppen innerhalb des Gesundheitswesens haben, können auch insoweit nicht zu rechtfertigende Strafbarkeitslücken entstehen“, schreibt die Kammer in ihrem Beschluss.
Außerdem sei es nicht sachgerecht, dass das Gesetz allein wettbewerbsbezogene Handlungen erfasst, während der eigentlich vorgesehene Verweis auf die berufsrechtlichen Pflichten gestrichen wurden. Diese „patientenschutzbezogene Handlungsmodalität“ sei ein wesentlicher Inhalt und Schutzzweck des Gesetzes gewesen, der nun wegfalle.
Gesetz zielt auf den Wettbewerb
Der Bundesrat sieht hierdurch das Vertrauen der Patienten gefährdet: „Dadurch, dass der Gesetzesbeschluss ausschließlich auf den Wettbewerbsschutz abstellt und den Patientenschutz weitgehend ausblendet, könnten eine Reihe von Fallkonstellationen straffrei bleiben, in denen medizinische Entscheidungen primär an wirtschaftlichen Interessen, nicht aber am Wohl des individuellen Patienten orientiert getroffen werden“, schreibt die Länderkammer. Hierdurch entstehende Schutzlücken seien geeignet, das Vertrauen der Patienten in das von ihnen getragene Gesundheitssystem erheblich zu beeinträchtigen.
Aus Sicht des Bundesrats ist beispielweise Korruption bei der Verordnung patentgeschützter Arzneimittel nicht ausreichend vom Gesetz erfasst, wenn also eine Monopolstellung besteht. Er sieht außerdem Strafbarkeitslücken „bei der allgemeinen – und gegebenenfalls medizinisch gar nicht indizierten – Steigerung von Bezugs-, Verordnungs- oder Zuweisungsmengen sowie bei Arzneimittelverordnungen, die sich allein auf den Wirkstoff beziehen“.
Bundesrat bittet um zukünftige Anpassungen
Trotz ihrer teils erheblichen Einwände haben sich die Ländervertreter nicht entschlossen, den Vermittlungsausschuss anzurufen. Stattdessen bitten sie die Bundesregierung zu beobachten, ob die bemängelte Strafverfolgungslücken in einem Umfang auftreten, dass das Vertrauen der Patienten beeinträchtigt wird. In diesem Falle müssten die gesetzlichen Regelungen entsprechend verschärft werden.
Nachdem der Bundespräsident das Gesetz unterzeichnet hat, tritt es am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft – dies könnte noch im Mai der Fall sein.
SPD und Union wurden sich nicht einig
Der Vorsitzende des Bundestags-Gesundheitsausschusses Edgar Franke (SPD) zieht eine gemischte Bilanz. „Das Gesetz ist ein Paradigmenwechsel, weil es gelungen ist, zum ersten Mal ein Antikorruptionsgesetz im Gesundheitswesen zu schaffen“, sagt er gegenüber DAZ.online. Doch auch für ihn sind Strafbarkeitslücken absehbar. Wie der Bundesrat bemängelt Franke, dass Apotheker weitgehend herausgenommen wurden. Auch mit der Streichung des Bezugs auf die berufsrechtlichen Pflichten ist der Rechtspolitiker nicht zufrieden. Er fürchtet, dass der Wettbewerbsbegriff nicht so weit interpretiert wird, wie es geplant war. Man müsse nach ein oder zwei Jahren prüfen, ob nachgesteuert werden muss, sagt Franke.
Der zuständige Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jan-Marco Luczak, begrüßt in einer Pressemitteilung das neue Gesetz hingegen vollends: Es sei ein „guter Tag für die Patienten in Deutschland“. Angesichts der Gesundheitsausgaben von über 300 Milliarden Euro pro Jahr in Deutschland sei das Gesetz ein „Heilmittel gegen das Geschwür der Korruption“, so der Rechtspolitiker. Die überwältigende Zahl der heilberuflich Tätigen arbeite zwar ehrlich im Sinne des Patienten, „aber schwarze Schafe können jetzt endlich auch strafrechtlich belangt werden“.
Echter Fortschritt – mit Einschränkungen
Der GKV-Spitzenverband sieht das Gesetz als echten Fortschritt für die Patienten Denn zum einen werde der Beitragszahler durch korruptives Verhalten geschädigt. Zum anderen werde nun die Wahrscheinlichkeit nun sinken, dass Therapieempfehlungen durch illegale Zuweisungen beeinflusst werden. „Wir sind froh, dass der Bundesrat das Gesetz beschlossen hat und dass es jetzt in Kraft treten kann“, sagt Verbandssprecher Florian Lanz gegenüber DAZ.online.
Nicht glücklich ist auch er jedoch, dass Apotheker nicht durch das Gesetz erfasst sind. „Das finden wir sehr bedauerlich“, sagt Lanz. Seiner Einschätzung nach könne auch das Image der Apothekerverbände leiden – „wenn man sich so engagiert dafür einsetzt, dass Verhalten, das in anderen Bereichen unter Strafe steht, nicht erfasst wird“. Der Spitzenverband hoffe, dass sich der Gesetzgeber in der nächsten Legislaturperiode hiermit befassen wird.
Sonderrolle der Apotheker
Die ABDA hatte in einer Pressemitteilung vom April das neue Gesetz begrüßt. „Das Antikorruptionsgesetz ist richtig und wichtig“, sagte ABDA-Präsident Friedmann Schmidt. Auch durch berufsrechtliche Verbote sieht er den Schutz des Patienten vor falscher Beratung als in jedem Falle gewährleistet. „Den verfassungsrechtlich fragwürdigen Rückgriff auf landesrechtlich teilweise abweichende berufsrechtliche Vorschriften braucht das Gesetz dazu nicht“, sagte Schmidt.
„Der Gesetzesentwurf ist verfassungsfest und praktisch handhabbar, ohne unbotmäßige Risiken für Apotheker zu enthalten“, erklärt ABDA-Sprecher Reiner Kern gegenüber DAZ.online. Man müsse sehen, dass sich der Gesetzgeber entschieden habe, Wettbewerb herzustellen, was die Rolle des Apothekers angeht. „Er ist Heilberufler und muss durch die Wettbewerbsbedingungen, die der Gesetzgeber gefordert hat, gleichzeitig auch kaufmännisch handeln“, sagt Kern. „Dieser Verpflichtung zum kaufmännischen Handeln muss er auch nachgehen können, ohne extremen Risiken ausgesetzt zu werden. Alle wirklich wichtigen denkbaren Szenarien eines korruptiven Verhaltens eines Apothekers seien auch jetzt über das Antikorruptionsgesetz abgedeckt.
1 Kommentar
An den Onkel Bundesrat
von Andreas P. Schenkel am 13.05.2016 um 14:44 Uhr
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