Drohung von Gröhe

Gassen hat keine Angst vorm Kommissar

Stuttgart - 18.05.2016, 16:38 Uhr

KBV-Chef Andreas Gassen erwartet „deutliche Beschlüsse“ – und will so den Staatskommissar abwenden.  (Foto: Lopata / axentis.de)

KBV-Chef Andreas Gassen erwartet „deutliche Beschlüsse“ – und will so den Staatskommissar abwenden. (Foto: Lopata / axentis.de)


Aufgrund des Immobilien- und Führungsskandals drohte Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe der KBV, sie der Staatsaufsicht zu unterstellen. Nun hat KBV-Chef Andreas Gassen Entscheidungen angekündigt, um dies noch zu verhindern. Außerdem plädiert er für Klinikschließungen – und will Sektorengrenzen aufweichen.

Wie die FAZ am Samstag berichtete, setzt Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) gehörig unter Druck: Innerhalb von zehn Tagen müsse sie klärende Beschlüsse zu ihren Skandalen treffen, ansonsten würde eine Staatsaufsicht installiert. Es ging um ungerechtfertigte Versorgungsansprüche des ehemaligen KBV-Chefs Andreas Köhler, umstrittene Baufinanzierungen und Konflikte im Vorstand. Zu allen drei Themen sind laut FAZ bindende Beschlüsse nötig. Die Frist läuft schon am kommenden Montag aus – an diesem Tag tagt die Vertreterversammlung der KBV.

Am heutigen Mittwoch hat sich KBV-Vorstandschef Andreas Gassen in einer Videobotschaft zum Thema geäußert. Er kündigte für den geschlossenen Teil der Versammlung entsprechende Vorlagen an – und verwies darauf, dass diese Beschlüsse seit Monaten erarbeitet würden. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass diese auch entsprechend getroffen werden, so dass ich keine wirkliche Sorge habe, dass der Staatskommissar zur KBV kommt.“

Konstruktive Vorschläge für das Gesundheitssystem

Außerdem kündigte Gassen für die Vertreterversammlung inhaltliche Positionierungen an, mit denen er den Anspruch der KBV erfüllen will, Gestalter des Gesundheitssystems zu sein und der Politik Lösungen anzubieten. Da trotz der Erhöhung der Ärztezahl aufgrund der starken Zunahme an angestellten Ärzten die Zeit am Patienten tendenziell weniger werde, wolle er Vorschläge vorstellen, wie die Versorgung auf Dauer sichergestellt werden und die Inanspruchnahme von Ärzten koordiniert werden könne. „Hier sind wir ein ganzes Stück weitergekommen und haben aus unserer Sicht sehr konstruktive Vorschläge entwickelt, wie man über die nächsten Jahre und Jahrzehnte die bisher sehr hochwertige Gesundheitsversorgung sicherstellen können“, erklärt Gassen.

Auch wolle die KBV überlegen, wie man Versicherte „in ein bisschen mehr Verantwortung“ bringen kann. „Ich meine das durchaus positiv – dass man dem Versicherten Wahloptionen eröffnet“, sagt Gassen. Dies beträfe die Frage, ob Haus- oder Fachärzte für Patienten die überwiegenden Ansprechpartner seien. Gassen forderte in diesem Zusammenhang aber die Politik auf, Tarifgestaltungen zu ermöglichen.

Überflüssige Strukturen

Die Kassenärzte werden bei ihrer Vertreterversammlung am Montag auch einen kritischen Blick auf die stationäre Versorgung werfen. „Wir sind schon der Meinung, dass wir uns eine Krankenhausdichte, wie wir sie aktuell in Deutschland haben, auf Dauer nicht leisten können und auch nicht mehr leisten müssen“, erklärt der KBV-Chef. Hier setzt er auf die Kooperationen mit den Klinikärzten – und auf neue Modelle, wie die aus KBV-Sicht teils überflüssigen Strukturen am ambulanten Leistungsgeschehen teilhaben könnten.

„Ich glaube, dass wir hier durchaus interessante Ideen zu präsentieren haben“, sagt Gassen. Angesichts der im nächsten Jahr anstehenden Bundestagswahl sei jetzt der richtige Zeitpunkt, um die Themen in die Öffentlichkeit und die Politik zu spielen.


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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