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PEI zu Lieferengpässen bei Impfstoffen
Erfassung und Vermeidung klappt recht gut
Mit einem speziellen Impfstoff-Register will das Paul-Ehrlich-Institut einen Beitrag zur Vermeidung von Lieferengpässen leisten. DAZ.online hat nachgefragt, welche Erfahrungen die Behörde damit bisher gesammelt hat.
Seit Oktober 2015 bietet das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) auf seiner Webseite spezielle Listen mit Engpässen bei Impfstoffen an, die zum Schutz vor Infektionskrankheiten und/oder zur Behandlung von Infektionskrankheiten eingesetzt werden. Gesprächspartner waren der Präsident des PEI, Klaus Cichutek, und Isabelle Bekeredjian-Ding. Sie leitet die Abteilung Mikrobiologie, die derzeit beim PEI für die Lieferengpass-Listen für Impfstoffe zuständig ist.
DAZ.online: Die Meldungen der Unternehmen über solche Verknappungen sind freiwillig. Wie viele Meldungen bekommen Sie und wie gehen Sie damit um?
PEI: Wir bekommen im Schnitt rund drei Meldungen pro Woche, das heißt Meldungen über Engpässe oder, dass ein Präparat wieder lieferfähig ist. Manchmal sind es auch sechs pro Woche. Das Paul-Ehrlich-Institut bewertet die Informationen zu Lieferengpässen kontinuierlich dahingehend, ob die Versorgung der Bevölkerung durch den Lieferausfall gefährdet ist, insbesondere, ob alternative Produkte zur Verfügung stehen. Solche Alternativen werden dann in der Liste des PEI aufgeführt. Außerdem informieren wir die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI), wenn zum Beispiel durch fehlende Alternativen eine Impfstoffknappheit auf dem Markt auftreten könnte. Die STIKO prüft dann, ob der Lieferengpass Einfluss auf die Umsetzung ihrer Impf-Empfehlungen haben könnte und gibt Handlungsempfehlungen, wie in diesem speziellen Fall am besten vorzugehen ist. Diese werden auf den Internetseiten von RKI und PEI veröffentlicht.
DAZ.online: Wie groß ist aus Ihrer Sicht die Gefahr von Versorgungsengpässen dadurch?
PEI: Nach unseren Erfahrungen bestehen die meisten Lieferengpässe nur kurzfristig. Die Marktversorgung bleibt gesichert. Außerdem sind häufig nur einzelne Packungsgrößen betroffen, die wir gesondert ausweisen. Die Listen sehen dadurch umfangreich aus, aber tatsächlich sind im Moment zum Beispiel nur neun Impfstoff-Produkte betroffen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass die Ständige Impfkommission Empfehlungen für Impfungen gegen bestimmte Infektionskrankheiten herausgibt. Im Allgemeinen empfiehlt sie keine bestimmten Impfstoffe. In der Liste sind dagegen die von Lieferengpässen betroffenen Impfstoffe aufgeführt. In der Praxis gibt es oftmals gleichwertige Impfstoffe oder zum Beispiel die Möglichkeit, statt eines Mehrfachimpfstoffs, der nicht verfügbar ist, zwei Alternativprodukte in Kombination einzusetzen. Bisher war es immer möglich, mit den verfügbaren Impfstoffen die Empfehlungen der STIKO umzusetzen.
DAZ.online: Hätten Sie gerne ein verpflichtendes Melderegister, wie andere Länder es schon haben?
PEI: Der Austausch des Paul-Ehrlich-Instituts mit den Impfstoff-Herstellern war schon immer gut, weil beide sich der besonderen Verantwortung auf diesem Sektor bewusst sind. Das System zur Unterrichtung über Verknappungen oder Ausfälle ist etabliert und hat auch früher schon gut funktioniert. Über Impfstoffengpässe haben wir auch zuvor auf unserer Internetseite informiert. Nun bieten wir im Sinne der Transparenz zusätzlich die Listen an. Die Hersteller haben im Übrigen eine Selbstverpflichtungserklärung zur Meldung und Einhaltung eines Konzepts abgegeben. Dieses legt unter anderem fest, was ein Lieferengpass ist und welche Meldewege und Zeitabläufe einzuhalten sind. Es beinhaltet auch eine Einstufung in Risikoklassen bei Verknappungen.
Impfen schützt am besten gegen Infektionskrankheiten, und um eine möglichst hohe Impfquote zu erreichen, müssen entsprechende Impfstoffe immer verfügbar sein.
DAZ.online: Das PEI erfasst in seinem Register nur die Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten nach den Empfehlungen der STIKO. Ist eine Ausweitung des Registers geplant?
PEI: Wir erfassen Lieferengpässe für alle Impfstoffe, die in Deutschland zugelassen sind. Lieferengpässe bei therapeutischen Impfstoffen wie Tumor-Impfstoffen / Tumor-Immuntherapeutika würden gegebenenfalls im BfArM/PEI-Register gelistet werden. Insofern sind wir insgesamt gut aufgestellt.
DAZ.online: In den letzten Jahren hat es immer wieder GMP-Probleme bei Wirkstofflieferanten aus Drittstaaten gegeben, zum Teil mit Lieferengpässen als Folge. Ist das auch bei den Arzneimitteln im Zuständigkeitsbereich des PEI ein Problem?
PEI: Impfstoffe sind biomedizinische Arzneimittel und die Herstellung ist langwierig und komplex. Viele Firmen haben hierfür eine globale Planung. Schon kurz auftretende GMP-Probleme können deswegen große Auswirkungen haben und zu Lieferproblemen führen, weil die Firmen die betroffenen Chargen nicht auf den Markt bringen. Selten zeigt sich auch bei der behördlichen Chargenprüfung, dass ein Parameter nicht in der Spezifikation liegt, was bei Arzneimitteln, die auf biologischen Materialien basieren wie Impfstoffe, nie auszuschließen ist. Auch dann kann die Charge nicht vermarktet werden. Nach dem Bericht über die Ergebnisse des letzten Pharmadialogs im Januar dieses Jahres hat sich das Lieferengpass-Register für Impfstoffe beim PEI in kurzer Zeit zu einer wichtigen Informationsquelle entwickelt.
DAZ.online: Das ist ein großes Lob. Was meinen Sie, könnte trotzdem noch verbessert werden?
PEI: Da gibt es tatsächlich etwas, auch zur Interpretation der Listen. Die Angaben beruhen auf Informationen der Zulassungsinhaber. Es kommt vor, dass Apotheker oder Ärzte über Fehlbestände berichten, die wir nicht in unseren Listen haben. Das sorgt dann für Nachfragen. Inwieweit die Impfstoffe am Markt wirklich verfügbar sind, können wir jedoch nicht mit Sicherheit sagen. Bedingt durch die Handelskette kann es durchaus sein, dass in einzelnen Apotheken oder Regionen ein Impfstoff nicht vorhanden ist, obwohl kein Lieferengpass gemeldet wurde. Lokale oder regionale Probleme bei der Lieferfähigkeit haben wir leider nicht im Griff. Wir haben hierzu aber bereits Gespräche mit den Großhändlern geführt, um zu überlegen, wie man diesbezüglich Abhilfe schaffen könnte.
DAZ.online: Nach den Absprachen beim Pharmadialog soll ein „Jour Fixe“ unter Beteiligung der Bundesoberbehörden und der Fachkreise die Versorgungslage stärker im Auge behalten und letztendlich mehr Transparenz bei der Versorgung herstellen. Was können Sie hierzu berichten?
PEI: Gespräche mit den Impfstoff-Herstellern haben bereits stattgefunden und sind in regelmäßigen Abständen geplant. Deren primäres Ziel ist es, das Auftreten von Impfstoff-Lieferengpässen soweit wie möglich zu reduzieren und die flächendeckende Versorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Das bedeutet, dass Maßnahmen zur Reduktion von GMP-Problemen bei der Herstellung, logistische Aspekte beim Abverkauf und Möglichkeiten zur Planung und gegebenenfalls die Ausweitung der Produktionskapazitäten erörtert werden müssen. Denn Impfen schützt am besten gegen Infektionskrankheiten, und um eine möglichst hohe Impfquote zu erreichen, müssen entsprechende Impfstoffe immer verfügbar sein.
DAZ.online bedankt sich für das Gespräch. Einen Newsletter, der tagesaktuell über neue Handlungsempfehlungen der STIKO informiert, können Sie hier bestellen.
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