Umgang mit dem Lieferengpass

Wer bekommt noch Etopophos?

Berlin - 22.06.2016, 11:10 Uhr

Das Krebsmittel Etopophos können  Apotheken bereits jetzt nur schwer beziehen (Foto: Daniel_Coulmann /Fotolia )

Das Krebsmittel Etopophos können Apotheken bereits jetzt nur schwer beziehen (Foto: Daniel_Coulmann /Fotolia )


Ab August 2016 wird es bei dem Etoposid-haltigen Arzneimittel Etopophos®  voraussichtlich für ein Jahr zu einer Lieferunterbrechung kommen. Onkologische Fachgesellschaften haben gemeinsam mit dem Hersteller und der ADKA Empfehlungen zur Sicherstellung der Versorgung erarbeitet. 

Etophos spielt unter anderem bei der Behandlung von Keimzelltumoren des Hodens, des kleinzelligen Lungenkarzinoms, von Hodgkin-Lymphomen, von hochmalignen Non-Hodgkin-Lymphomen, des Chorionkarzinoms der Frau, bei der Hochdosistherapie mit autologem Stammzellersatz und in verschiedenen Protokollen in der pädiatrischen Onkologie eine essenzielle Rolle.

Seit Hersteller Bristol-Myers Squibb (BMS) im Mai bekanntgegeben hat, dass Etopophos voraussichtlich ab dem 20. August 2016 ein Jahr lang nicht lieferbar sein wird, wird es nur noch kontingentiert abgegeben. 

Vor dem Hintergrund der geplanten Kontingentierung von Etopophos haben die Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Medizinische Onkologie (DGHO) ,die Gesellschaft für Pädiatrische Onkologie und Hämatologie (GPOH) und der Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker (ADKA) unmittelbar nach Bekanntwerden des Lieferausfalls begonnen, Empfehlungen zu erarbeiten. Sie sollen die Versorgung mit Etopophos sicherstellen, erklärt Prof. Dr. med. Carsten Bokemeyer, Geschäftsführender Vorsitzender der DGHO, in einer Mitteilung. Die Behandlung von Patienten, bei denen aus medizinischen Gründen nicht auf das alkohollösliche Etoposid, das weiterhin verfügbar sein wird, zurückgegriffen werden kann, soll so weiterhin gewährleistet sein.

Nur noch bei Kindern und Hochdosis-Chemo

Konkret wird der Einsatz von Etopophos bei folgenden Indikationen empfohlen:

  • Hochdosis-Chemotherapie mit > 200 mg/m2 oder ≥ 40 mg/kg Etoposid pro Gabe
  • Kinder unter 4 Jahren (bei Kindern bis 6 Jahren sollte im Einzelfall überlegt werden)

Alle anderen Patienten sollten das alkohollösliche Etoposid erhalten. DGHO, ADKA und GPOH weisen in diesen Zusammenhang allerdings darauf hin, dass sich aus dem Gehalt an Ethanol (und in manchen Präparaten Benzylalkohol) weitere Kontraindikationen, Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen ergeben, die den entsprechenden Gebrauchs- und Fachinformationen zu entnehmen sind. Laut eigener Aussage wird BMS den Empfehlungen folgen und diese sowohl in der Kommunikation als auch in der Auftragsaufnahme berücksichtigen.

Probleme bei der Rohstoffbeschaffung

Grund für den Lieferausfall sind laut BMS Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Grundsubstanz des Wirkstoffs. Diese wird für Etopophos aus dem Himalaya-Maiapfel gewonnen, der seit kurzer Zeit dem „Übereinkommen über den internationalen Handel mit gefährdeten Arten freilebender Tiere und Pflanzen (CITES)“, auch als Washingtoner Artenschutzübereinkommen bekannt, unterliegt.

"Man hätte mit den gemeinsamen Bemühungen einen Weg gefunden, trotz des Lieferausfalls die Versorgung mit Etopophos in den entsprechenden Indikationen und Behandlungsprotokollen voraussichtlich sicherzustellen zu können. Dies sei aber in keinem Fall als Entwarnung zu verstehen“, so Bokemeyer weiter. BMS müsse den Produktionsprozess jetzt dringend anstoßen, damit Etopophos in einem Jahr wirklich wieder uneingeschränkt zur Verfügung steht. So hatte es die Firma angekündigt. 

Politik muss aktiv werden

Da es immer wieder zu Lieferausfällen kommt – zum Beispiel erst Mitte April bei Alkeran® (Melphalan) – weist die DGHO in diesem Zusammenhang erneut auf die Gefahr durch Liefer- und Versorgungsengpässe hin und fordert den Gesetzgeber auf, wirksame Maßnahmen zur Sicherstellung der medikamentösen Versorgung zu implementieren.

Zwar unterschieden sich die Ursachen im vorliegenden Fall vom Lieferengpass bei anderen Substanzen wie Melphalan. Doch der aktuelle Fall mache erneut deutlich, dass die medikamentöse Versorgung in der Onkologie  ein vulnerables System sei. Da würden Lieferengpässe schnell zu Versorgungsengpässen, so der Geschäftsführende Vorsitzende der DGHO.

Zwar verlange das geltende Arzneimittelgesetz eine angemessene und kontinuierliche Bereitstellung von Arzneimitteln. Handlungsdruck werde allerdings nicht generiert, weil eine Nichtbefolgung weder strafrechtlich noch zivilrechtlich bewehrt sei. 


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