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- ARMIN startet – Wo hakt...
Am 1. Juli startet das letzte Modul der Arzneimittelinitiative Sachsen-Thüringen (ARMIN), das Medikationsmanagement. Dann können AOK-Patienten eine umfassende Medikationsanalyse von Arzt und Apotheker in Anspruch nehmen. Noch sind alle Probleme im ARMIN-Projekt aber nicht gelöst. Eine Übersicht.
Alles muss sich ARMIN unterordnen
ARMIN ist das seit Jahren mit voller Kraft unterstützte Königsprojekt der ABDA.Hört man sich an der Apotheker-Spitze um heißt es überall: „Alle anderen Projekte müssen sich ARMIN unterordnen.“ Der Gesetzgeber hatte es Ärzten und Apothekern 2012 ermöglicht, ein regionales Modellprojekt zur Verbesserung der Arzneimitteltherapiesicherheit ins Leben zu rufen. Nach einer langwierigen Suche nach der geeigneten Testregion – Ärzte und Kassen waren nicht wirklich begeistert von der Idee – fanden sich im Vertragsgebiet der AOK Plus (Sachsen und Thüringen) die dortigen Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) und die Landesapothekerverbände zusammen. Erst zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des GKV-Versorgungsstrukturgesetzes, also im April 2014, startete das erste ARMIN-Modul, die Wirkstoffverordnung. Es folgte der Medikationskatalog.
Bis die Apotheker nicht nur am Verhandlungstisch, sondern auch aktiv an ARMIN teilnehmen können, sind nun zwei weitere Jahre vergangenen. Ab 1. Juli können alle teilnehmenden Apotheken multimorbiden Patienten der AOK Plus das „Herzstück“ des Modells anbieten: Ein umfassendes Medikationsmanagement, an dem Arzt und Apotheker gleichberechtigt beteiligt sind und bei dem beide Heilberufe erstmals über eine digitale Lösung miteinander über Medikationspläne sprechen können.
DAZ.online hatte erst kürzlich beschrieben, wie das Medikationsmanagement in der Praxis funktioniert und wie der Datenaustausch zwischen Apotheke und Arztpraxis organisiert ist. Bei einer Pressekonferenz am heutigen Dienstag in Berlin, bei der neben den Vertretern der Ärzte und Apotheker sowie der AOK Plus auch die beiden Gesundheitsministerinnen aus Sachsen und Thüringen anwesend waren, wurde allerdings deutlich, welche Hausaufgaben die Beteiligten noch lösen müssen, damit ARMIN alle Hoffnungen erfüllen kann. Darum geht es:
Beteiligung der Ärzte und Patienten, Technikprobleme
- Die Beteiligung der Ärzte. Die Mediziner lässt
das Modellprojekt derzeit noch relativ kalt. In Thüringen beteiligen sich
lediglich 361 von rund 1500 Ärzten, die für das Projekt in Frage kämen. Die KV
Thüringen hatte sich schon vor Jahren als einzige KV für eine Beteiligung
ausgesprochen und damals schon den dortigen Hausärzteverband ins Boot geholt.
Das ist in Sachsen nicht der Fall. „Der sächsische Hausärzteverband lehnt das
Modell ab“, sagte Sachsens KV-Chef Klaus Heckemann bei der PK. In den
Teilnehmerzahlen spiegelt sich das wider: Nur 215 von etwa 2500 möglichen
Ärzten beteiligen sich in Sachsen. Schon zu Beginn des Projektes hatten die
Hausärzte davor gewarnt, die Therapiehoheit und die Medikationsexpertise in die
Hände der Apotheker zu legen. Hinzu kam, dass die Mediziner der digitalen
Kommunikationslösung gegenüber sehr skeptisch eingestellt waren und eine
Vernetzung der Praxissoftware mit der Krankenkasse und den Apothekern
ablehnten. AOK-Chef Rainer Striebel ist trotzdem gelassen: „Ärzte sind bei
solchen Projekten anfangs immer sehr zögerlich. Das wird sich geben.“ Übrigens:
Die Apotheker sind überzeugt von ARMIN. In Thüringen beteiligen sich 471 von
565 Apotheken, auch in Sachsen sind bereits mehr als drei Viertel aller
Apotheken eingeschrieben.
- Die Beteiligung der Versicherten. Das
Modellprojekt ist zunächst bis 2018 zeitlich begrenzt. Laut AOK-Chef Striebel
kommen für die Teilnahme in beiden Bundesländern rund 300.000 multimorbide
Patienten in Frage, die mehr als fünf Rx-Medikamente gleichzeitig einnehmen.
Damit ARMIN auch für andere Krankenkassen interessant wird und seine volle
Vorbildfunktion auf anderen AMTS-Projekt auswirken kann, müssen alle
Beteiligten den Patientennutzen nachweisen. Striebel hat sich zum Ziel gesetzt,
dass bis 2018 mindestens ein Viertel, also etwa 75.000 Patienten, sich in das
Modell einschreiben. Weil die teilnehmenden Apotheker in beiden Ländern in der
Überzahl sind, wird ihnen bei der „Rekrutierung“ und Werbung für das Projekt
eine wichtige Rolle zukommen.
- Die Technik. Die technische Verbindung zwischen Arzt, Apotheker und Krankenkasse hat allen Beteiligten über Jahre hinweg Kopfschmerzen bereitet. Ärzte-Chef Heckemann sagte, dass die Mediziner wahrscheinlich vor ARMIN „zurückgeschreckt“ wären, wenn sie von Anfang an die Dimensionen der technischen Umsetzungsprobleme gekannt hätten. Die Ärzte hatten und haben Angst, dass ihre Praxisinformationssysteme zu durchsichtig werden. Gleichzeitig musste eine aus datenschutzrechtlicher Sicht absolut sichere Datenleitung etabliert werden. Vorgängerbeispiele gab es nicht – alles musste neu erfunden werden. Und: Weil sich so wenig Ärzte beteiligen, sehen natürlich auch die Hersteller der Praxissoftware keinen wirtschaftlichen Grund, ihre Systeme für ARMIN umzurüsten. Stefan Fink, Vorsitzender des Thüringer Apothekerverbandes, sprach von einem „hohen Marktanteil“ bei den Softwareanbietern. Alle Beteiligten warben bei der PK aber dafür, dass noch mehr Anbieter sich an dem Modell beteiligen sollten. Thomas Dittrich, Chef des Sächsischen Apothekerverbandes, sagte, dass die flächendeckende Etablierung aus diesen technischen Gründen noch etwas Zeit in Anspruch nehmen werde.
Kompetenzgerangel und hohe Erwartungen
- Die Wirkstoffverordnung und der
Medikationskatalog. Für die AOK Plus sind die ersten beiden Module von ARMIN
die wichtigsten. Durch die Wirkstoffverordnung erhofft sich die Kasse eine
höhere Rabattquote. Der Medikationskatalog soll dafür sorgen, dass Ärzte leitliniengerecht
verschreiben. Aber auch hier gibt es noch Verbesserungsbedarf: Nur etwa die
Hälfte aller Verordnungen können schon über den Wirkstoff erfolgen. Derzeit
können die Mediziner 171 Monosubstanzen und 17 Wirkstoffkombinationen ohne
Markennamen verschreiben. „Ziel ist es hier ganz klar, noch mehr Wirkstoffe
einzubeziehen“, sagte Dittrich. Der Medikationskatalog umfasst derzeit zwölf
Indikationen, aus denen die Mediziner bei der Verordnung auswählen können. Auch
hier müsse es noch eine Entwicklung nach oben geben.
- Die Kooperationskultur. Ärzte, Apotheker und die
Politik versprechen sich durch ARMIN eine neue, verbesserte Arbeitsgemeinschaft
zwischen Ärzten und Apothekern. Sachsens Staatsministerin für Soziales, Barbara Klepsch, sprach
davon, dass ARMIN eine „Blaupause“ für die weitere Digitalisierung des
Gesundheitswesens werden könne. Sicherlich ist die neue, digitale Serverlösung
als Kommunikationsebene für beide Heilberufler einzigartig und könnte für
andere AMTS-Projekte als Vorbild dienen. Aber was hilft diese Lösung, wenn
gerade die Hausärzte keine Kompetenzen an Apotheker abgeben wollen? Thüringens
KV-Chefin Annette Rommel appellierte auch deswegen noch einmal an ihre
Kollegen: „Unsere Therapiehoheit bleibt erhalten. Wir brauchen aber für das
Modell einen bestimmten Arzt-Typen. Der Typ ‚Ich bin Arzt, lasst mich hier
durch!‘ wird sicherlich kein Interesse an ARMIN haben.“
- Die Erwartungen an das Projekt. Die Erwartungen an ARMIN sind enorm hoch. Die AOK Plus hat mehr als 3 Millionen Euro in die Errichtung der technischen Infrastruktur investiert und muss die Apotheker und Ärzte vergüten. Natürlich will die Kasse möglichst bald finanzielle Vorteile sehen. Die Apotheker wollen mit Hilfe von ARMIN zeigen, dass sie Medikationsmanagement können, dass auch die Zusammenarbeit mit dem Arzt klappt und sich somit für weitere Projekte mit Zusatzhonoraren bewerben. Nicht zuletzt hat der Gesetzgeber alle Beteiligten beauftragt, das Projekt zu evaluieren und den Patientennutzen herauszustellen. ARMIN kann also für alle Beteiligten eine große Chance sein. Läuft etwas schief, weil sich beispielsweise nicht genügend interessierte Patienten finden, werden aber insbesondere die Apotheker eine herbe Niederlage einstecken müssen.
3 Kommentare
Aufmarsch der Reichsbedenkenträger bei ARMIN
von Uwe Bauer am 29.06.2016 um 7:32 Uhr
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AW: Aufmarsch der Reichsbedenkenträger bei
von Pillendreher am 01.10.2019 um 10:15 Uhr
Will die ABDA "Arminsklaven"?
von Heiko Barz am 28.06.2016 um 20:12 Uhr
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