Mehr zum Thema Metamizol
lesen Sie in der aktuellen DAZ 2016, Nr. 30 in dem Beitrag „Metamizol – eines der sichersten Analgetika? Steigende Verordnungszahlen bereiten Unbehagen – eine aktuelle wissenschaftliche Einschätzung"
Novaminsulfon Lichtenstein Tabletten sind in zwei Packungsgrößen nicht lieferbar. Das meldete der Hersteller, die Sanofi-Tochter Zentiva, am Montag. Versicherte zahlreicher Kassen, deren Rabattpartner die Firma ist, sollen daher Präparate anderer Firmen erhalten. Leichter gesagt als getan. Denn auch andere haben Lieferschwierigkeiten.
Barmer GEK, DAK Gesundheit, KKH, AOK und viele BKKen – alle diese Kassen, die gemeinsam etwa 60 Millionen Versicherte haben, haben einen Rabattvertrag über die Metamizol-Tabletten der Firma Zentiva „Novaminsulfon Lichtenstein“ abgeschlossen. Wie der Hersteller am Montag per Fax an die Apotheken mitteilt, sollen zwei Packungsgrößen, N2 und N3, nicht lieferbar sein. Produktionsengpässe sind der Grund, heißt es. Abhängig von den individuellen Apothekenbeständen könne es sein, dass vorübergehend ein austauschfähiges Alternativpräparat abgegeben werden müsse, schreibt die Sanofi-Tochter weiter. Die Nicht-Lieferfähigkeitsbescheinigungen versendet die Firma gleich mit.
Ein austauschfähiges Alternativpräparat? Kein Problem, sollte man meinen. Unzählige Hersteller haben Arzneimittel mit diesem Wirkstoff auf dem Markt – unter verschiedenen Bezeichnungen: Metamizol, Novaminsulfon, Berlosin® und Novalgin®. Doch fast alle haben Lieferschwierigkeiten.
Derzeit sind beispielsweise in der Packungsgröße N3 bei einer Reihe von Großhändlern nur Berlosin® von Berlin-Chemie und Sanofis-Original Novalgin® zu haben. Zentiva benennt auf Nachfrage keinen konkreten Liefertermin. In der Nicht-Lieferfähigkeitsbescheinigung heißt es, dass die N2 und N3 im Direktbezug über Zentiva bis 20. August 2016 nicht lieferbar sind. Man arbeite daran, möglichst schnell wieder lieferfähig zu werden, heißt es seitens der Firma. Das Hexal- Präparat soll in KW 40 wieder verfügbar sein.
Berlin-Chemie erklärt gegenüber DAZ.online, die Großhändler ausreichend beliefert zu haben, um den eigenen Rabattvertrag bedienen zu können. Der Hersteller ist Rabattpartner der größten deutschen Krankenkasse, der Techniker Krankenkasse. Die gestiegene Nachfrage merke man aber auf jeden Fall. Den Ausfall von Zentiva, die derzeit für 80 Prozent der GKV-Versicherten Rabattpartner sind, könne man aber nicht kompensieren.
Metamizol ist das am häufigsten zulasten der GKV verordnete nicht-opioide Schmerzmittel. Es erlebt seit einigen Jahren eine Renaissance. 1922 unter dem Handelsnamen Novalgin® in den Markt eingeführt, geriet es dann in 60er-Jahren etwas in Verruf – unter dem Pyrazolon-Derivat traten Blutbildungsstörungen auf. 1987 wurde die Substanz dann schließlich verschreibungspflichtig. In vielen anderen Ländern, vor allem im angelsächsischen Raum, wird es hingegen gar nicht (mehr) eingesetzt.
In Deutschland steigt das Verordnungsvolumen seit Jahren an. Laut Arzneiverordnungsreport waren es 2014 174,5 Millionen Tagesdosen (DDD), im Vergleich zum Vorjahr ein Plus von 12,2 Prozent. Den größten Anteil daran hatte Novaminsulfon Lichtenstein mit 137,3 Millionen DDD. Dieses Präparat konnte sogar einen Zuwachs von 27,2 Prozent gegenüber 2013 verzeichnen.
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Dieser Engpass stellt die Apotheken derzeit vor echte Probleme. Es gibt kaum Ausweichmöglichkeiten. Präparatewechsel stiften aufgrund der unterschiedlichen Bezeichnungen, unter denen die Präparate vermarktet werden, bei vielen Patienten Verwirrung. Es gibt immer wieder Fälle, in denen sich nicht vermitteln lässt, dass Metamizol und Novaminsulfon identisch sind. Bei Novalgin® fallen zudem je nach Packungsgröße zwischen 3,91 Euro und 7,48 Euro Mehrkosten an. Der Originalanbieter hat allerdings nicht alle Packungsgrößen im Sortiment, es gibt keine N2. Eine weitere Schwierigkeit ist, dass aufgrund der geltenden Austauschregeln für die retaxsichere Abgabe von Novalgin® eine namentliche Verordnung notwendig ist.
Die Verfügbarkeit der kleineren Packungen scheint zwar derzeit noch etwas besser zu sein, aber auch dort gibt es offensichtlich Probleme (siehe Foto).
Und selbst, wenn es sie gibt: Stückeln bis zur verordneten Stückzahl ist nicht erlaubt, wenn diese in einen definierten N-Bereich fällt. Auch würden bei Abgabe mehrerer Packungen (zum Beispiel wenn Normgrößen verordnet werden) höhere Zuzahlungen anfallen. Die Patienten wären dann auch finanziell die Leidtragenden.
Bleibt theoretisch die Umstellung auf die Tropfen. Aufgrund des aufwendigeren Handlings ist auch dies nicht für jeden Patienten vermittelbar. Außerdem gibt es, Berichten vom Kollegen zufolge, auch bei der flüssigen Darreichungsform schon vereinzelt Probleme.
2 Kommentare
Zuzahlungen...
von Christian Becker am 10.08.2016 um 7:42 Uhr
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Novaminsulfon
von Alexander Zeitler am 09.08.2016 um 18:39 Uhr
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