Selbstmedikation

Finger weg vom Herpes

Stuttgart - 16.08.2016, 13:30 Uhr

Alles richtig gemacht: Um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, sollen Herpescremes aus der Apotheke mit einem Wattestäbchen aufgetragen werden. (Foto: unclepodger / Fotolia)

Alles richtig gemacht: Um die Ausbreitung des Virus zu verhindern, sollen Herpescremes aus der Apotheke mit einem Wattestäbchen aufgetragen werden. (Foto: unclepodger / Fotolia)


Lippenherpes kann in den meisten Fällen mit rezeptfreien Salben aus der Apotheke behandelt werden. Die sollte man allerdings nicht mit den Fingern auftragen, sondern mit einem Wattestäbchen. Das beugt der Ausbreitung des Virus vor. Lippenherpes bei Säuglingen und Kleinkindern gehört in die Hände eines Arztes.

Infektionen mit dem Herpes-simplex-1 (HSV-1), dem Hauptverursacher des Lippenherpes, sind weit verbreitet. Laut Robert Koch-Institut sind etwa 85 Prozent der Erwachsenen in Deutschland mit dem Virus infiziert. Eine HSV-Infektion ist nicht heilbar. Nach einer (oft symptomlosen) Erstinfektion persistiert das Virus lebenslang im Organismus. Durch Fieber, Sonnenbrand, eine Schwächung des Immunsystems, Stress, Ekelempfinden oder Hormonschwankungen kann das Virus jederzeit reaktiviert werden, bei HSV-1 passiert das meist in Form von Lippenherpes. Etwa bei 40 Prozent der Virusträger tritt einmal im Leben eine Reaktivierung auf, etwa 10 bis 20 Prozent vor allem jüngere Erwachsene sind immer wieder Herpes-geplagt. 

HSV-1 und HSV-2

Es gibt zwei Typen des Herpes simplex-Virus, Typ 1 und Typ 2. Hinter den meisten Fällen von Herpes im Gesichts- und Lippenbereich (Herpes labialis) steckt HSV-1. HSV-2 ist für die Mehrzahl der Fälle von Genitalherpes (am Penis, an der Scheide, im Analbereich) verantwortlich. 

Die Infektion mit HSV-1 erfolgt meist schon im Kindesalter, entweder von der Mutter oder beim Kontakt mit anderen Kindern. Da der genitale Herpes in erster Linie bei sexuellen Kontakten übertragen wird, infizieren sich die Betroffenen im Durchschnitt später. HSV-2-Infektionen sind weniger verbreitet als HSV-1-Infektionen, in Industrieländern im Durchschnitt etwa 20 Prozent der Bevölkerung. 

Cremes aus der Apotheke sind Mittel der Wahl

Therapie der Wahl bei Lippenherpes sind topische Virustatika, nur in schweren Fällen wird systemisch behandelt. Ohne Rezept sind die Wirkstoffe Aciclovir (Zovirax® und Generika) oder Penciclovir (Pencivir®) erhältlich. Penciclovir scheint in der Bläschenphase ein wenig wirksamer zu sein. Aber grundsätzlich können beide auch noch in der späteren Phase des Herpes angewendet werden. Lokale Virustatika sind aber umso effektiver, je früher sie eingenommen werden. Daher sollte man gleich bei ersten Anzeichen wie einem Kribbeln beginnen. Die Anwendung kann bis zu fünfmal täglich über einen Zeitraum von etwa fünf bis sieben Tagen erfolgen.

Außerdem stehen in der Selbstmedikation Präparate mit Melissenextrakt (Lomaherpan®), Zinksulfat (Virudermin®), Docosanol (Muxan®) und Zink-Heparin-Kombinationen zur Verfügung. Melisse, Docosanol und Zink sollen das Eindringen des Virus in die Zelle unterbinden und können daher nur zu Beginn der Infektion wirken. Zink fördert später lediglich die Wundheilung durch Austrocknung der Bläschen.

Die Cremes sollten immer mithilfe eines Wattestäbchens auf das infizierte Areal aufgetragen werden. Das beugt einer Ausbreitung des Virus auf weitere Bereiche des Körpers vor.

Pflaster und Hausmittel

Eine weitere lokale Option sind Pflaster auf Hydrokolloid-Basis (z.B. Compeed®, Zoviprotect®). Es dämmt die äußerliche Verbreitung der Herpesviren ein und fördert den Heilungsprozess nach dem Prinzip der feuchten Wundheilung. Die Krankheitsdauer wird in der Regel allerdings nicht reduziert. Für Frauen besonders interessant: Das nahezu unsichtbare Pflaster lässt sich überschminken, wodurch der Herpes kaum mehr sichtbar ist. Neben diesen Arzneien, die Betroffene in der Apotheke erhalten, gibt es auch Hausmittel. Zu diesen zählen beispielsweise Heilerde und Zinkzahnpasta, die ebenfalls die Bläschen austrocknen sollen.

Das Pyrophosphatanalogon Foscarnet-Natrium (Triapten®), das ebenfalls lokal angewendet wird, ist verschreibungspflichtig.

Grenzen der Selbstmedikation

Zusätzlich zu der Therapie sollte man sich während eines Herpesausbruches oft und gründlich die Hände waschen. Um auch andere vor einer Ansteckung zu schützen, teilen Betroffene besser weder Besteck noch Handtücher mit anderen. Vom Ausbruch bis zum Abheilen können bis zu zwei Wochen vergehen.  

Besondere Vorsicht ist bei Schwangeren und Stillenden, Säuglingen sowie Kleinkindern geboten. Bei Säuglingen kann Herpes sogar lebensgefährlich sein. Diese Patienten sollten bei ersten Anzeichen einer Herpesinfektion umgehend einen Arzt aufsuchen. Dasselbe gilt für alle Betroffenen, bei denen ein Übergang der Infektion auf Kinn und Nase, eine zusätzliche Infektion der Augen oder anderer Körperteile (Herpes genitalis oder Herpes zoster), Fieber oder ein starkes Krankheitsgefühl auftreten.


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