Versandapotheken zum EuGH-Verfahren

Vorbereitungen auf die Rx-Boni-Ära

Berlin - 16.08.2016, 12:00 Uhr

Boni anbieten, auf Klage reagieren: BVDVA-Chef Christian Buse kündigt an, dass deutsche Versandapotheken im Falle einer Pro-Boni-Entscheidung des EuGH Rx-Boni anbieten und auf eventuelle Klagen reagieren würden. (Foto: P. Külger/DAZ.online)

Boni anbieten, auf Klage reagieren: BVDVA-Chef Christian Buse kündigt an, dass deutsche Versandapotheken im Falle einer Pro-Boni-Entscheidung des EuGH Rx-Boni anbieten und auf eventuelle Klagen reagieren würden. (Foto: P. Külger/DAZ.online)


Versender würden nur auf Klagen reagieren

DAZ.online: Mehrfach haben Sie betont, dass Sie auf die Freigabe der Rx-Boni vorbereitet seien. Was genau meinen Sie damit? Welche Vorbereitungen haben Sie getroffen?

Buse: Als professionell aufgestellte Arzneimittelversender sind unsere Mitglieder natürlich ebenfalls in der Lage, auf sich verändernde Marktanforderungen entsprechend zu reagieren. Unsere Mitgliedsapotheken kennen das Rx-Geschäft – insofern ist das Vorbereitung genug. Sicher werden die Prozesse dahingehend weiter optimiert. Ziel ist immer ein gut versorgter und zufriedener Kunde – das haben die Versandapotheken bereits bewiesen und werden das auch bei veränderten Rahmenbedingungen tun.

DAZ.online: Was bedeutet das genau? Wird sich der BVDVA als Verband juristisch einmischen? Oder werden einzelne Versandapotheken einfach nach vorne preschen und Boni anbieten?

Buse: Der BVDVA wird mit Sicherheit nicht klagen. Hier geht es ja nicht darum, dass ein Verband gegen oder für etwas klagt. Im Übrigen würde ein Mitgliedsunternehmen maximal auf eine Klage reagieren, diese aber nicht selbst anstreben. Diese Situation wäre gegeben, wenn deutsche Arzneimittelversender auf gleiches Recht für alle – dann zu Recht – bestehen und von dritter Seite verklagt würden. Dass der Verband in einem solchen Falle einem beklagten Mitglied beratend zur Seite steht, gehört zum solidarischen Verständnis einer Verbandsorganisation.

DAZ.online: Welche Anbieter im Markt werden im Falle einer Freigabe der Rx-Boni als Gewinner vom Feld gehen? Nur Versandapotheken? Oder auch Vor-Ort-Apotheken? Bestimmte Versandapotheken?

Buse: Warum sollten von Marktveränderungen nur bestimmte Gruppierungen profitieren? Am Ende ist es doch so, dass diejenigen, die mit innovativen und kundenorientierten Konzepten erfolgreich sind, diesen Erfolg auch bei Veränderungen halten und ausbauen. Man sollte immer erst die Chancen einer Veränderung sehen und ihr nicht immer gleich mit einer Risikokultur begegnen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Kaufmännischer Heilberufler oder Heilberuflicher Kaufmann?

von Wolfgang Müller am 16.08.2016 um 17:05 Uhr

Schwer zu ertragen, das smarte und professionelle Interview des klugen und gut vorbereiteten jungen Versand-Apotheker-Kollegen. Wird man neidisch. Einerseits strategisch orientierte Kaufleute, die außerdem bestimmt AUCH gute Pharmazeuten sind. Andererseits "Wir" heulenden und jammernden 20.000 Präsenz-Apotheken, mit "Unserer" Interessenvertretung à la "Den Apotheker als Kaufmann braucht keiner!"

Also: Wie könnten sich normale Präsenz-Apotheken < 3 Mio. Umsatz im Jahr mithilfe IHRER VERBÄNDE überhaupt eine nennenswerte Chance im Wettbewerb mit den Versandapotheken und sonstigen Groß-Konglomeraten erhalten? Gilt sowieso schon jetzt, aber ERST RECHT, wenn die Rx-Preise vom EuGH freigegeben würden?

- Zuallererst: Kosten und Komplexität runter. Keinen sinnleeren, unprofessionellen Quatsch mehr machen, der vor Allem diese Kleineren trifft. Wie z. B. wertvolle Mitarbeiter mit nicht annähernd kostendeckenden "Gemeinwohl"-Rezepturen beschäftigen. Zzgl. absurden WE-Identitätsprüfungen dafür. Generell: Schluss mit allem komplizierten, Zeit und damit Geld stehlenden Kram, der aus reiner Pharmazeutischer Eitelkeit in den ApoBetrO der letzten 50 Jahre Revisions-relevant allerbeflissenst aufgehäuft wurde. Organisatorische SANIERUNG eben.

- Zweiter wichtigster Punkt: Alle berufspolitischen und Kooperations-Segel der Apotheker-Verbände, Genossenschaften usw. müssten in Richtung "Allerniedrigste Einkaufspreise für Rx-Arzneimittel, erreichbar auch für kleine und mittlere Betriebe" gesetzt werden. Eben für EKs des Rx-Massengeschäfts aller Präsenz-Apotheken bei GH und Direktlieferanten, zumindest nahe denen, wie sie auch der Versand als "Big Player" bei Preisfreigabe haben würde.

- Dritter wichtigster Punkt, zugegebenermaßen schon etwas eher Geschmackssache: Filialisierung für "Die Kleinen" nicht weiter erschweren. Das bereitet sonst Versand und Groß-Ketten erst Recht den Boden. Ich habe da gerade wieder einen dollen Artikel bei der Konkurrenz über Mindest-Wochenarbeitszeiten für Filiallleiter gelesen ...... etwas de facto volkswirtschaftlich kontraproduktiveres, betriebswirtschaftlich-organisatorisch befremdlicheres und "Frauen-in-Führungspositionen"-feindlicheres gab es schon länger nicht mehr.

Die Verbände müssen mindestens die ersten beiden Punkte auf Priorität 1 und 2 setzen. Und gerade auch beim "Gabriel-Honorar-und-Preisgestaltungs-Projekt" erfolgreich einbringen. Sonst würden vor Allem bei Rx-Preisfreigabe durch den EuGH nicht 11.000 - 14.000 (was blöd genug ist), sondern nur 7.000 - 9.000 Präsenzapotheken übrigbleiben.

Heul- und Jammerrunden über den "Bösen Versand" bringen demgegenüber gar nichts. Und vor Allem: Ganz sicher wird "Die flächendeckende Präsenzapotheke" nicht durch "Extra honorierte AMTS-Leistungen, die NUR die Präsenz-Apotheke bieten kann!" überleben. In Wirklichkeit ist ja auch beim Thema "Medikationsmanagement" usw. der Versandhandel schon aggressiv aufgestellt. Aggressiv im Sinne von: "AMTS" kostenlos bzw. "gegen eine geringe Schutzgebühr" nicht-kostendeckend anzubieten. Als kleine, sympathische Marketing-Dreingabe zu den Rx-Boni.

Also, Freunde des weißen Sports, Preisfrage: Was wird denn nun beim "Deutschen Apothekertag 2016" wohl das mit "Allerhöchster Priorität" behandelte Thema werden? Sind "Wir" insgesamt stark und klug genug, nicht weiter schwach und dumm zu sein, wenn es ums schiere kaufmännische Überleben der bewährten Strukturen geht? Ohne die "Wir" uns "Gute Pharmazie" mit "Anspruchsvoller AMTS-Arbeit" gleich mal direkt für die Meisten von uns abschminken können? Vor Allem für "Die Jungen"?

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RX-Versand?

von Heiko Barz am 16.08.2016 um 13:48 Uhr

Ihr Versandapotheker könnt, wenn ihr dann RX-Boni ausgebt, doch nur über die Menge der Packungen zu einem tragbaren Betriebsergebnis kommen.
Den Übelstand der Rezepturen, BTMs und anderen Belastungen wie Not und Nachtdienste rund um die Uhr den überlaßt ihr dann den dusseligen Individualapothekern.
Das nenne ich mal eine gerechte Aufteilung der pharmazeutischen Verpflichtungen.

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Argh

von Peter Lahr am 16.08.2016 um 13:42 Uhr

Wir dummen deutschen Präsenszapotheker würden uns auch nicht so über den Bonidreck aufregen wenn wir zusammen mit den Holländern die gleiche Ausgangssituation hätten.

Haben wir aber nicht. Hier möchte jemand der Rabatte in was weiss ich für einer Höhe bei RX im EK bekommt den deutschen Markt "selbstlos" aufmischen, jedoch nicht aus Robin Hood Überzeugung (so stellt er sich nur dar), sondern weil er (der Hollandversender), das unterstelle ich einfach mal, selbst mit 5€ Boni immer noch mehr verdient als wir. Ist doch eine tolle Situation: Der böse, böse, staatlich geschützte, geldgeile deutsche Apotheker will euch nichts rabattieren liebe Patienten, ich schon, sprachs und steckte sich seine 12,50€ nach Abzug des RX Bonis ein und liebäugelte gleichzeitig mit der MwSt. die zufällig mit nach Holland auf sein Konto kam (wie sehr da geliebäugelt wird ist ja zum Glück im Moment Gegenstand von Ermittlungen). Ich bin es so leid, das kann ich garnicht mehr in Worte fassen. Dass bei diesem Spiel die deutschen Versender mitmischen wollen würden kann ich auch nicht verstehen, denn vielleicht wird auch uns ein Bonus zu geben erlaubt, dass die Kassen es aber zulassen würden, dass wir auch im RX Einkauf wieder Rabatte bekommen dürften wie früher können wir hier in Deutschland vergessen. Aber wahrscheinlich werden es die Kassen sein, die im Siegesfall von DocMo diesen für ihn in einen Phyrrussieg umwandeln und zwar in dem Moment, wo sie wie bei uns und den daraus resultierendem Rabattverbot (Rabatte stehen nur der Kasse zu) im Einkauf auf den Trichter kommen: Jeglicher Rabatt gehört der Kasse, Zuzahlung ist nicht rabattfähig da wir als Kasse die Rechnung bezahlen, ergo bestehen WIR auf den Rabatt, für den Kunden ändert sich dann nur noch marginal die Zuzahlung weil sich das Brutto etwas ändert. Auch was die Hersteller machen würden sollte nun eine Versandlawine nach Deutschland rollen??? Wäre ja schon schön doof, hier das warme, sichere und verlässliche Nest des gesetzlichen, planbaren EKs so dass man den deutschen Apotheker als Rabattgeier zumindest aus den Füßen hat, und nur der dumme Rabattvertrag mit den Kassen bleibt, da aber wegen der Laufzeit auch planbar. Aber in Holland ordentlich Federn an Rabatt lassen und dann der deutschen Krankenkasse die das Präparat bezahlt nochmal per Rückerstattung wegen Rabattvertrag die Prozente zukommen zu lassen die dummerweise auf der deutschen Preisberechnung erarbeitet wurden? Wir dürfen gespannt sein.

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AW: Arghhh

von Philipp Merz am 16.08.2016 um 15:22 Uhr

Ich stimme Ihnen weitestgehend zu ! Gleiches Recht für Alle würde dann aber auch bedeuten : Rezepturen , Temp.kontrolle auf Versandweg ,NOTDIENST ....Ich bin kein Streikfreund, aber dann sollte man mal darüber nachdenken ,ob man seinen Notdienst noch verrichtet -und damit meine ich alle ....

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