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Krankenhäuser gegen Zyto-Verträge
Klinikapotheken wollen Zytos selbst herstellen
Die Liste der Gegner von exklusiven Zyto-Ausschreibungen wird länger. Nachdem die Onkologen und Hämatologen auf „chaotische Zustände“ in den Praxen hingewiesen haben, beschweren sich nun die Krankenhäuser. Die Klinikapotheken wollen nicht von Apotheken oder Herstellerbetrieben beliefert werden.
Der AOK-Bundesverband muss sich immer mehr Kritik für seine exklusiven Zyto-Ausschreibungen gefallen lassen. Der Bundesverband hatte im Juli stellvertretend für mehrere Ortskrankenkassen im ganzen Bundesgebiet exklusive Lose zur Versorgung mit Zytostatika vergeben. In vielen Regionen beziehen die niedergelassenen Ärzte für ihre AOK-versicherten Patienten die Medikamente daher nun von einer anderen Apotheke.
Doch viele der Ärzte sind mit den Auswirkungen der Ausschreibungen überhaupt nicht zufrieden. Erik Engel, Vorstandsmitglied im Bundesverband der Niedergelassenen Hämatologen und Onkologen (BNHO), sagte am Wochenende gegenüber der Welt am Sonntag, dass in den belieferten Praxen teils chaotische Zustände herrschten, weil die Apotheken die Ärzte offenbar fehlerhaft belieferten. In den ersten beiden Augustwochen sei es in 60 untersuchten Arztpraxen zu mehr als 30 als gravierend oder sehr gravierend eingestuften Vorfällen gekommen. So seien fehlende Chemotherapien, nicht lieferbare Begleitmedikationen, unbefüllte Infusionsbestecke, unbeschriftete Spritzen, falsche Packungsgrößen sowie unvollständige oder verspätete Lieferungen gemeldet worden.
Nun fordert auch die Deutsche Krankenhausgesellschaft eine Abkehr von den Zyto-Verträgen. Unter der Überschrift „Schluss mit Rabatt und billig bei den Krebsarzneimitteln“ versendete die DKG heute eine Pressemitteilung dazu. Die Kliniken machen sich insbesondere über die Versorgung ambulanter Patienten in Kliniken Sorgen. Die Versorgung dieser Patienten dürfe nicht „ausgehebelt“ werden, heißt es in der Mitteilung. Die DKG fordert, dass die Zytostatika weiterhin von den Kliniken selbst hergestellt werden können.
Kliniken wollen keine Lieferungen aus Herstellerbetrieben
„Da wo Krankenhausapotheken ihren Beitrag zur Versorgung leisten können, müssen sie dies auch tun können. Das sind wir den Patientinnen und Patienten schuldig, die eine optimale Versorgung gerade im onkologischen Bereich benötigen. Dazu ist es ein notwendiger erster Schritt, das Instrument der Ausschreibungen bei Zytostatika zu streichen. Zusätzlich muss die Krankenhausapotheke zu einem festen, regelhaften Vertragspartner für die Krankenkassen werden – und das zu wirtschaftlich akzeptablen Rahmenbedingungen“, fordert DKG-Hauptgeschäftsführer Georg Baum.
Im Interview mit DAZ.online hatte Sabine Richard, Versorgungschefin im AOK-Bundesverband, die Verträge zuletzt verteidigt. Laut Richard habe sich die Versorgung in den Regionen sogar teilweise verbessert, weil die bezuschlagten Apotheken teilweise näher an die Arztpraxen herangerückt seien.
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Die Krankenhäuser stören sich insbesondere an der Versorgung durch größere Herstellerbetriebe. Diese führe vielfach zu Qualitätseinbußen, „da aufgrund langer Transportzeiten und -wege die patientenindividuell zubereiteten Zytostatika nicht mehr kurzfristig und in der gewohnten Qualität zur Verfügung stehen könnten“. Patienten, die sich ambulant im Krankenhaus behandeln lassen, leiden aus Sicht der DKG darunter, dass nicht mehr die Klinikapotheken herstellen dürfen. „Dies untergräbt alle Anstrengungen der Kliniken, ihren Patienten durch die Vorhaltung einer eigenen Krankenhausapotheke eine hochwertige und qualitätsgesicherte Versorgung mit Arzneimitteln zu garantieren.“
DKG-Chef Baum warnt zudem vor „Abhängigkeiten von Einzelunternehmen“ die ja schon von den Rabattverträgen bekannt seien. So könne sich die Problematik der Lieferengpässe weiter verschärfen. „Statt Rabatt und billig sollte gesetzlich klar geregelt werden, dass an der Zuständigkeit der Krankenhausapotheke bei allen ambulant am Krankenhaus verabreichten Arzneimitteln kein Weg vorbeigehen darf “, so Baum.
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