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Kein Methadon im Gefängnis
Menschenrechte von Ex-Häftling in Bayern verletzt
Erst kürzlich sind Gefangene in Würzburg für Methadon in den Hungerstreik getreten, nun hat Straßburg in einem ähnlichen Fall entschieden: Die Menschenrechte eines Gefangenen in Bayern wurden verletzt, da Behörden seine Gesundheitsversorgung nicht ausreichend sichergestellt haben. Der Fall könnte dazu führen, dass deutsche Gefängnisse bei der Drogensubstitution umdenken müssen.
Als rund 40 Gefangene der Justizvollzugsanstalt (JVA) Würzburg im Juli in Hungerstreik gegangen sind, haben sie wohl nicht angenommen, dass der Menschengerichtshof in Straßburg so eindeutig in einem ähnlichen Fall entscheiden würde. Sie protestierten für ein Recht auf eine Substitution mit Methadon, die in ihrem Gefängnis nicht möglich war, da ein ausreichend qualifizierter Arzt fehlte. In Straßburg haben die bayerischen Justizbehörden laut des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vorgetragen, dass eine Substitutionstherapie weder medizinisch notwendig noch für die Rehabilitation des Gefangenen angemessen ist. Laut den Behörden sei der Hauptgrund für eine Ersatztherapie, Armut und Straffälligkeit zu verhindern – für beides hätte es in dem Gefängnis in Kaisheim keine Gefahr gegeben.
Dies sah der Menschengerichtshof anders, wie er am Donnerstag in seiner Entscheidung bekannt gab (Az. 62303/13). Es sprächen wichtige Gründe dafür, dass eine Substitutionstherapie aus medizinischen Gründen notwendig war – wie sie auch vielerorts in deutschen Gefängnissen durchgeführt wird. Die Richter stellten in ihrem Urteil fest, dass ein Verstoß gegen Artikel 3 der Menschenrechtskonvention vorliegt, nach dem niemand „Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung“ unterworfen werden darf. Die Richter beurteilten zwar nicht, ob der Betroffene tatsächlich Methadon benötigte – sondern nur, ob sein Gesundheitszustand von den Behörden angemessen beurteilt wurde. Er war durch alle Instanzen bis zum Bundesverfassungsgericht gezogen, das seinen Antrag im April 2013 ohne Angabe von Gründen abgewiesen hatte (Az. 2 BvR 2263/12).
Lange Odyssee
Der 1955 geborene Mann wurde schon mit 17 Jahren heroinabhängig. Zwei Jahre später erkrankte er an Hepatitis C, mit 32 Jahren wurde HIV festgestellt. Der Mann war als schwerbehindert anerkannt. Von 1991 bis 2008 erhielt er eine Substitutionstherapie. Auch durch fünf stationäre Rehabilitationstherapien habe der Betroffene – vergeblich – versucht, seine Drogensucht zu behandeln, wie das Gericht schreibt. Ab 2005 reduzierte der Mann die Methadon-Dosis und nahm zusätzlich wieder Heroin, drei Jahre später wurde er wegen des Verdachts auf Drogenhandel festgenommen und später zu insgesamt sechs Jahren Haft verurteilt.
Nach einem wiederum erfolglosen Aufenthalt im Jahr 2009 in einer Suchtklinik in Günzburg zum „kalten Entzug“, wurde der Mann nach heimlichem Methadon-Konsum im darauffolgenden Jahr wieder ins Gefängnis in Kaisheim gebracht. Aufgrund einer Polyneuropathie und Schmerzen in den Füßen, im Nacken und der Wirbelsäule, lag er laut Menschengerichtshof an vielen Tagen überwiegend im Bett und wurde nur mit Schmerzmitteln behandelt. Auch in Bezug auf die mit dem Drogenkonsum verbundene Schmerzsymptomatik empfahl ein Arzt, dass ein Spezialist die Aussichten einer Methadon-Substitution prüfen solle.
Ein vom Betroffenen herangezogener Arzt empfahl dies unter Bezug auf Empfehlungen der Bundesärztekammer, da auch ein Entzug nur nach sehr kurzer Opiodabhängigkeit versucht werden solle. Auch hätte nach Ansicht des Arztes geprüft werden sollen, ob die Hepatitis C des Gefangenen weiter behandelt werden musste.
1 Kommentar
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von Frank ebert am 01.09.2016 um 17:26 Uhr
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