Kommentar zur Kampfkandidatur 

Widerstand unterschätzt, Probleme kleingeredet

Berlin - 08.09.2016, 17:30 Uhr


Schmidt: Start mit großen Visionen - und dann?

Nun hat Friedemann Schmidt diese Strategiefehler sicherlich nicht allein zu verantworten. Es wäre auch zu kurz gedacht, Schmidts Wiederwahl ausschließlich an den politischen Erfolgen der vergangenen vier Jahre festzumachen. Außerdem ist es grundsätzlich so, dass sich politische Unzufriedenheit immer zuerst an Personen festmacht. Läuft etwas schief, braucht der Mensch einen Sündenbock.

Viele Apotheker – übrigens auch an den Spitzen der Mitgliedsorganisationen – sind mit dem ABDA-Präsidenten aber unabhängig vom politisch Erreichten unzufrieden. Woran liegt das? In erster Linie daran, dass Schmidt eben mit einer großen Vision angetreten ist, von der sich bislang wenig erfüllt hat. Doch die Unruhe hat einen tieferen, emotionaleren Grund. Viele Apotheker in den Mitgliedsorganisationen bemängeln Schmidts Umgang mit Kritikern aus den eigenen Reihen. Proteste gegen die ABDA hat er zu oft nicht wirklich ernst genommen.

Das jüngste Beispiel war das Aufbegehren der Apothekerkammer Brandenburg, die der ABDA aufgrund ihrer Unzufriedenheit kurzerhand die Beiträge kürzte. Die Kammer um Präsident Jens Dobbert fühlte sich schlecht vertreten, nicht wirklich ernst genommen und vermisste die Erfolge der Lobby-Organisation ABDA. Schmidt versprach, sich selbst um die Sache zu kümmern und die Brandenburger besänftigen zu wollen. Bis heute ist unklar, was aus der Sache geworden ist. Wurde der Protest einfach totgeschwiegen?

Ein anderes Beispiel kommt aus der Kammer Nordrhein, die beim diesjährigen Apothekertag keine Anträge stellen will, weil sie nicht das Gefühlt hat, in der ABDA damit etwas bewirken zu können. Für Unruhe insbesondere bei den Apothekerkammern sorgte zuletzt auch ein Antrag des Geschäftsführenden Vorstandes der ABDA, der es den Kammern praktisch untersagen wollte, mit Krankenkassen zu verhandeln. All das sind Warnsignale. Warnsignale aus einer föderal aufgebauten Standesvertretung, in der die einzelnen Mitglieder nicht mehr an einem Strang ziehen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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8 Kommentare

Nichterkennen

von Reinhard Rodiger am 08.09.2016 um 23:42 Uhr

Kompensatorischer Höhentrieb ersetzt eben keine valide Basis. Wer die Achtung für die heutige Alltagsleistung nicht vermitteln kann oder will, darf sich nicht wundern.
Da muss vom Kopf auf die Füsse gestellt werden. Da ist jetzt Hoffnung.

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von gabriela aures am 08.09.2016 um 20:26 Uhr

Ich würde nicht sagen "Widerstand unterschätzt" sondern vielmehr "vom eigenen Glanz verblendet".

Im Übrigen wurde das PP 2030 nach monatelangem Kreißen ja beim DAT 2014 verabschiedet - was das Podium zu Tränen gerührt hat.
Also satte SECHZEHN Jahre Vorlaufzeit, von denen 2 bereits ohne nennenswerte Ergebnisse verstrichen sind. Außer man wertet es als Erfolg, daß Medikationsanalyse und - management als kostenloses Angebot jetzt bereits im Berufsbild verkündet werden.

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Politik muss ihre Handlungsweisen erklären

von Andreas P. Schenkel am 08.09.2016 um 19:03 Uhr

Friedemann Schmidt und die ABDA haben ein sehr ähnliches Problem wie die Bundesregierung: Die Führungsspitze erklärt ihre Politik fast gar nicht. Und wenn etwas verlautbart wird, hinterlässt es im besten Fall noch ein Gefühl der Verwirrung im Sinne von "Was wollte man uns jetzt damit sagen?". Und manchmal schmeckt auch ein fahler Anschein der Enttäuschung durch nach so mancher uninspirierender Äußerung, bis hin zu entsetzem Erstaunen: Die einen sagen "Wir schaffen das", wider besseren Wissens, die anderen reden von "Buden" und "Larmoyanz" und bieten in ihrer Schlösschen-"Bude" ein Programm zwischen Komödie und Tragödie. Allerdings oft pantomimisch oder in der Art eines Stummfilms, leider ohne Klavierbegleitung. Führung geht anders!

In beiden Organisationen wurden Visionen angetäuscht und allsbald planmäßig in Bürokratie-Sprech erstickt, alles vertagt auf 2030. Wer in der Apothekerei Visionen hat, der soll nicht zum Arzt gehen, um sie zum Verschwinden zu bringen, aber der muss die Ärzteschaft in die visionären Betrachtungen einbeziehen, denn jene sind die Schlüsselfigur der medizinischen Versorgung im Gesundheitswesen.

Zumindest was die ABDA betrifft, ist es gut, dass eine Alternative heraufdämmert. Unruhige Zeiten, laute Stürme gar, benötigen Standfestigkeit und Beweglichkeit zugleich, Übersicht und eine laute Stimme, Fähigkeit zur Analyse der Situation und klare, deutliche Kommunikation. So bekommt ein Kapitän sein Schiff und die Mannschaft durch schwere See. Ahoi, Käpt'n Siemsen, ich hoffe, Sie werden bald unser neuer Admiral!

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Chapeau!

von Gunnar Müller, Detmold am 08.09.2016 um 18:39 Uhr

Allein die Kandidatur hat doch schon etwas Leben in die Sache gebracht......

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Die Hoffnung...

von Thorsten Dunckel am 08.09.2016 um 18:37 Uhr

... stirbt bekanntlich zuletzt!

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Frischer Wind?

von Ulrich Ströh am 08.09.2016 um 18:12 Uhr

Norddeutsche Gelassenheit mit entsprechender Staturstandfestigkeit sind sicherlich von Vorteil beim Kollegen Siemsen.
Damit kann er auch seine alte Idee der Nordkammer wieder beleben,also bundesweit 4 statt 17 Kammern.
Und er kann dafür sorgen,daß Apotheker politisch wahrnehmbarer werden.
Kommt jetzt frischer Wind auf?

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AW: Welcher Wind?

von Reinhard Rodiger am 08.09.2016 um 21:54 Uhr

Besteht die Chance, dass die richtigen Fragen gestellt werden?

AW: Es besteht....

von gabriela aures am 08.09.2016 um 22:25 Uhr

...zumindest die Chance, daß dieser unsagbare Kusch(el)kurs ein Ende hat. Sonnenkönig war gestern .

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