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Berlin hat gewählt. Herausgekommen ist ein bunter Mix an Parteien, wobei sich ehemals große Parteien immer weiter an ehemals kleine Parteien annähern. Weil SPD und CDU beide herbe Verluste hinnehmen müssen, ist die Große Koalition abgewählt. Sehr wahrscheinlich ist nun eine Koalition aus SPD, Linken und Grünen.
Nachdem am gestrigen Sonntagabend die ersten Prognosen bekannt wurden, war die Stimmung in der Parteizentrale der Berliner SPD noch positiv: Zwar hatte man mit etwas über 23 Prozent der Wählerstimmen fast 5 Prozentpunkte eingebüßt, doch weil auch die CDU abgerutscht ist, sahen die Sozialdemokraten sich schon als Sieger der Wahl. Das blieben sie auch. Weil die größten Wahlkreise erst am späten Abend ausgezählt wurden, veränderte sich das Wahlergebnis allerdings noch erheblich – zuungunsten der Partei von Bürgermeister Michael Müller (SPD).
Als dann gegen Mitternacht fast alle Stimmen ausgezählt waren, war die Stimmung hingegen nicht mehr so gut. Die Sozialdemokraten verloren noch einmal weitere 2 Prozentpunkte und schlossen bei 21,6 Prozent ab, das sind fast sieben Prozentpunkte weniger als noch 2011 – obwohl die Wahlbeteiligung in der Hauptstadt um fast 15 Prozent angestiegen war (2011: 51 Prozent, 2016: 66 Prozent).
Aber auch für die CDU sieht es nicht viel besser aus: Die Partei von Innensenator Frank Henkel hatte im Wahlkampf fast monothematisch auf das Thema „Sicherheit“ gesetzt. Die Wähler hat das anscheinend nicht überzeugt. Die CDU konnte nur 17,6 Prozent der Wählerstimmen hinter sich vereinen, 2011 waren es noch mehr als 23 Prozent.
Wie schon in den Landtagswahlen zuvor hatte die Alternative für Deutschland (AfD) allen Grund zum Feiern. Aus dem Stand erreichte die Partei 14,2 Prozent. Im Gegensatz zu SPD und CDU wurden die Werte der AfD während des Wahlabends immer besser: Die Prognosen hatten die Rechtspopulisten gegen 18 Uhr noch zwischen 11 und 12 Prozent gesehen. Insbesondere im Osten der Stadt konnte die AfD die Wähler überzeugen. In fünf Wahlkreisen gewann die Partei sogar das Rennen um die Direktmandate für das Berliner Abgeordnetenhaus. In sieben Bezirken kann die AfD nun einen Stadtrat stellen.
CDU will keine Extra-Honorare für Apotheker
Als einzige der etablierten Parteien konnten die Linken dazugewinnen und stehen nach Auszählung der Stimmen bei 15,6 Prozent (+ 3,9 Prozent). Die Grünen verloren rund 2 Prozentpunkte und landeten bei 15,2 Prozent. Gerade in den innerstädtischen Szenebezirken konnten die Grünen die meisten Wähler für sich gewinnen. Einen ebenfalls annähernd monothematischen Wahlkampf führte die FDP, die 2011 unter der 5-Prozent-Hürde gelandet war. Die Liberalen setzen sich stark dafür ein, den Flughafen Tegel selbst nach Eröffnung des neuen Hauptstadtflughafens zu erhalten. Bei den Wählern kam das gut an: Die FDP zieht mit knapp 7 Prozent der Wählerstimmen wieder in den Landtag ein.
Das Resultat ist ein sehr buntes Bild einer fast nivellierten Parteienlandschaft. Fast alle gewählten politischen Kräfte schicken ähnlich starke Fraktionen ins Abgeordnetenhaus. Auch deswegen ist ein Zweier-Bündnis nicht mehr möglich. Wahlsieger Müller muss sich also zwei Koalitionspartner suchen – denkbar und wahrscheinlich ist derzeit eine Koalition mit Linken und Grünen.
Im Vorfeld der Wahl hatte sich DAZ.online bei einigen Parteien nach deren Meinungen zum Apothekenmarkt umgehört. Auffällig war unter anderem, dass die CDU sich beim Thema „pharmazeutische Dienstleistungen“ gegen Extra-Honorare für Apotheker aussprach. Die Beratung sei eine Pflicht der Apotheker, die man nicht gesondert vergüten müsse, hieß es. Allerdings befürchten die Christdemokraten mit den Apothekern gemeinsam, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) ausländischen Versandapotheken Rx-Boni erlauben könnte.
Interessant war auch die Meinung der Grünen zur Niederlassungsfreiheit. In manchen Berliner Straßen reihten sich mehrere Apotheken aneinander, konstatierte die Ökopartei. „Ob dies für eine gute Arzneimittelversorgung nötig ist, darüber lässt sich sicherlich diskutieren“, fragen sich die Grünen. Gleichzeitig müsse man aber auch darüber nachdenken, unterversorgte Stadtgebiete gesondert zu fördern.
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