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Hilfstaxe
Kassen kritisieren Apotheker-Angebot als „Seifenblase“
Der GKV-Spitzenverband lehnt das Angebot des Deutschen Apothekerverbandes zur Zytostatika-Versorgung ab. Die Apotheker hatten den Kassen angeboten, auf einen Teil ihrer Honorierung zu verzichten. Den Kassen reicht das Angebot nicht. Sie reden von einer geplatzten Seifenblase.
Seit Monaten liegen die Kassen auf der einen Seite und
Apotheker sowie Ärzte auf der anderen Seite im Clinch wegen der
Zytostatika-Ausschreibungen der AOK. Die Ortskrankenkassen hatten im Sommer
erneut Zuschläge in mehreren Regionen vergeben und die Versorgung somit
exklusiv an einzelne Apotheken gekoppelt. Pharmazeuten und Mediziner beschweren
sich darüber, dass lang etablierte Kommunikationsstrukturen durch die Verträge
gebrochen würden. In mehreren Medienberichten hieß es außerdem, dass auch die
Qualität der Versorgung gelitten habe. Zuletzt hatten mehrere große Kassen,
zunächst die DAK, dann aber auch die Techniker Krankenkasse und die Barmer GEK, die Zytostatika-Versorgung
ebenfalls ausgeschrieben – sogar bundesweit.
Um den Streit beizulegen, hatten die Apotheker vor einigen Wochen ein Angebot entworfen. Sie würden die Vergütungsvereinbarungen in der Hilfstaxe so ändern wollen, dass sie bis zu 150 Millionen Euro weniger für die Zubereitungen bekommen. Ihre Hoffnung: Durch den Verzicht der Pharmazeuten lohnen sich die Ausschreibungen nicht mehr. Nach Informationen von DAZ.online hatte der GKV-Spitzenverband aber nachverhandeln wollen, weil ihnen die Höhe des angebotenen Nachlasses nicht reichte. Der DAV verzichtete aber auf ein erneutes Treffen.
In einer Pressemitteilung bestätigt der GKV-Spitzenverband nun, dass die Kassen das Angebot der Apotheker nicht annehmen werden. „Das Angebot zerplatzte bei genauem Hinschauen wie Seifenblasen. Es fixiert ein vom Wettbewerb abgekoppeltes Preisniveau. Außerdem kamen statt der von der Apothekerschaft in Aussicht gestellten Einsparungen von 150 Millionen Euro pro Jahr für die gesetzliche Krankenversicherung beim Nachrechnen nur 109 Millionen Euro heraus“, erklärte Johann-Magnus von Stackelberg. Der Vize-Chef des Kassenverbandes kündigte an, dass man an den exklusiven Ausschreiben festhalten wolle. Die GKV wolle entsprechend dem gesetzlichen Auftrag die bisherigen Wettbewerbskräfte im Sinne der Beitragszahler weiterhin nutzen, sagte von Stackelberg.
Kassen sind für Veränderungen offen
Doch in den vergangenen Wochen war der Druck auf das Ausschreibungsmodell gewachsen. Mehrere Verbände, darunter der DAV, der Verband Zytostatika-herstellender Apotheker (VZA) und der Berufsverband niedergelassener Onkologen, hatten in einem Bündnis die komplette Abschaffung der Ausschreibungen gefordert. Auch in der Politik regt sich Widerstand: CDU-Arzneimittelexperte Michael Hennrich plädiert dafür, die Verträge mit Apothekern durch Rabattverträge mit den Herstellern zu ersetzen. Auch die gesundheitspolitische Sprecherin der SPD, Hilde Mattheis, erklärte gegenüber DAZ.online, dass sie für Änderungen offen sei. Am 19. Oktober lädt der Gesundheitsausschuss des Bundestags zu einer Experten-Anhörung zum Thema.
Überraschenderweise zeigt sich der GKV-Spitzenverband in seiner Pressemitteilung ebenfalls offen gegenüber Veränderungen. Von Stackelberg erklärte: „Ausschreibungen halten wir im Bereich der Zubereitungen nach wie vor für sinnvoll, sind aber gerne bereit, über Änderungen am Vertrag zu verhandeln, solange es echte Verhandlungen auf verlässlicher Datenbasis sind.“ Dass die Verhandlungen zur Hilfstaxe nun aber geplatzt sind, liegt aus Sicht der Kassen ausschließlich an den Apothekern. Der DAV habe eine einseitig unterzeichnete Ergänzungsvereinbarung zur Hilfstaxe eingereicht und sei zu weiteren Verhandlungen nicht bereit gewesen, moniert der Kassenverband. Der DAV habe lediglich ein „Erörterungsgespräch“ angeboten.
Die Mitgliederversammlung des DAV hatte sich im September darauf geeinigt, bei der Hilfstaxe nachzugeben. Der GKV-Spitzenverband beschreibt, wie das Angebot der Apotheker genau aussah: „Inhaltlich sah das DAV-Angebot von Mitte September eine Abkehr von prozentualen Abschlägen auf aktuelle Listenpreise vor. Stattdessen sollte es prozentuale Abschläge auf feste Milligramm-Preise für insgesamt elf unterschiedliche Zytostatika geben, die angeblich Einsparungen von 150 Millionen Euro pro Jahr für die GKV umfassen. Tatsächlich sind damit jedoch nur Einsparungen von 109 Millionen Euro pro Jahr (zzgl. Umsatzsteuer) möglich, wie sich aus aktuellen Daten ergibt.“
Außerdem seien feste Milligramm-Preise für die GKV nachteilig, weil Preissenkungen, die sich im Laufe der Zeit aus dem Wettbewerb der Anbieter ergeben, dann nicht mehr zum Tragen kämen. Deswegen kommt der Kassenverband zu dem Schluss: „Aus Sicht des GKV-Spitzenverbandes müsste man nun über weitere Einsparoptionen verhandeln.“ Für weitere Verhandlungen stehe man zur Verfügung.
1 Kommentar
Nach "fest" kommt "ab" ......
von Gunnar Müller, Detmold am 06.10.2016 um 19:05 Uhr
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