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Expopharm-Eröffnung
Import-Arzneimittel kommen nicht vom Mond
Die Expopharm ist eröffnet. Traditionell richteten Vertreter der Marktpartner ihre Grußworte an die Apotheker. Im Mittelpunkt stand dabei das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz – und das gemeinsame Interesse, das Problem der Lieferengpässe in den Griff zu bekommen.
Erwartungsgemäß sparten die Vertreter der Pharma-Verbände nicht an Kritik am Entwurf für das Arzneimittel-Versorgungsstärkungsgesetz (AM-VSG). Nach dem Pharmadialog waren die Hoffnungen groß – doch die Umsetzung enttäuschte. Vor allem die Verlängerung des Preismoratoriums bis 2022 ist für die Hersteller ein nicht nachvollziehbares Ärgernis. Schon seit 2010 sind die Preise auf dem Niveau von 2009 eingefroren.
Jörg Wieczorek, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbandes der Arzneimittelhersteller e.V. (BAH), beklagte, dass der Gesetzentwurf weder zu Anreizen für die Weiterentwicklung bekannter Wirkstoffe noch zur Vertraulichkeit des Erstattungsbetrages eine zufriedenstellende Regelung biete. Doch er sieht auch Positives – und zwar für die Apotheker. Schließlich hätten diese „über die Jahre einen tollen Job gemacht“. Deshalb sei es nur folgerichtig, wenn der Gesetzgeber nun die Anhebung der Apothekerhonorare plant. Das begrüße und unterstütze der BAH ohne jede Einschränkung – im Übrigen als einziger Verband im Pharma-Umfeld, wie er betonte.
Professor Dr. Michael Popp, stellvertretender Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands der Pharmazeutischen Industrie e.V. (BPI) relativierte die zuvor aus den Verbänden geäußerte Kritik und stellte klar, dass auch der BPI die Apothekervergütung nicht infrage stellen wolle. Vielmehr begrüße er die geplanten Honorarerhöhungen ausdrücklich. Kritisch sei allein, dass es Mehrausgaben lediglich zugunsten einer Leistungserbringergruppe – der Apotheker – gebe. Dem stehe auf der anderen Seite das Preismoratorium zulasten der Hersteller gegenüber.
Lösungsansätze gegen Lieferengpässe
Han Steutel, Vorstandsvorsitzender des Verbands forschender Arzneimittelhersteller (vfa), legte seinen Fokus auf die vertraulichen Erstattungsbeträge. Auch die Apotheker müssten ein Interesse daran haben, dass die zwischen Herstellern und Kassen ausgehandelten Preise künftig nicht mehr öffentlich gelistet sind. Nach dem die betreffenden Arzneimittel das AMNOG-Verfahren durchlaufen haben, zeige sich nämlich, dass sie in Deutschland oft günstiger sind als in den europäischen Nachbarländern. Und das könne jeder sehen – auch die Parallelexporteure. Sie kauften die Arzneimittel dann auf und exportierten sie ins Ausland samt der für das deutsche Gesundheitssystem gedachten Rabatte. „Das ist für uns Hersteller ein Problem – das ist für Sie ein Problem – das ist natürlich ein Problem für die Patienten“, so Steutel.
Auch Dr. Thomas Trümper, Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands des pharmazeutischen Großhandels (Phagro) sprach diese Exporte an. Doch aus seiner Sicht muss sich der Gesetzgeber über diese – im Übrigen legalen – Konsequenzen nicht wundern. Freier Warenverkehr du nationale Marktabschottung funktionierten nicht gemeinsam. Parallel- und Reimporte gehörten zum System. Trümper: „Die nach Deutschland importierten Arzneimittel kommen nicht vom Mond. Und vice versa sieht es genauso aus“. Er versprach mehr Transparenz. Künftig wolle man dokumentieren, wie die Warenströme laufen. Der Phagro-Chef betonte zudem, dass Kontingentierungen nicht in den freien Markt gehörten, sondern reine Willkür seien.
Wolfgang Späth, Vorsitzender von Pro Generika, sprach das Problem der Lieferengpässe aus Sicht der Generikahersteller an. Und da sieht er durchaus positive Ansätze im AM-VSG. Zum Beispiel, dass durch die Vorgabe einer 6-Monatsfrist zwischen Zuschlägen bei Rabattverträgen und In-Kraft-Treten derselben den Unternehmen genügend Zeit für Produktion und Aufbau von Lagerbeständen einräumen will. Laut Späth ist es „das erste Mal, dass in der gesamten Debatte über Engpässe an deren Ursachen angesetzt wird“. Bislang drehten sich die Forderungen vor allem um die Informationen über Engpässe und weitere Meldepflichten. Weitere Informationen müssten zwar verfügbar sein, sagte Späth – doch die Engpässe würden mit ihnen nicht beseitigt. Einen Wunsch hat er noch für das AM-VSG: Die Mehrfachvergabe bei Rabattverträgen will er hier verankert sehen. Eine Forderung, für die er auch die Unterstützung der Apotheker erhält. Dass mehrere Rabattpartner sinnvoll sind, sage jeder, erklärte Späth. Doch betrachte man die Umsetzung durch die Kassen, sehe es ganz anders aus.
Shoppingerlebnisse gehören in Kaufhäuser, nicht in Apotheken
BAH-Vorstandschef Wieczorek sprach überdies einen weiteren apothekenspezifischen Punkt an. Vorausgeschickt, dass sich der BAH stets für die Stärkung der Apotheken und die Erhaltung der Apothekenpflicht bei rezeptfreien Arzneimitteln ausgesprochen habe, sieht er den Umgang mit OTC in Apotheken mit Sorge. Er habe den Eindruck, „dass viele Apotheker heilberuflich denken, aber kaufmännisch handeln“. Vor Augen hat er dabei immer öfter und immer intensiver durchgeführten Preisaktionen und „Schüttenschlachten“ in den Offizinen der Apotheken, die mehr und mehr Drogerien ähneln. „Was wir gar nicht brauchen in der Apotheke, ist ein digitaler Bilderwald bis hin zur Sichtwahl“. Wieczorek: „Shopping-Erlebnisse sollte man den Kunden von Supermärkten oder Kaufhäusern überlassen“. Stattdessen müsse der Patient im Fokus stehen – und sein Anspruch auf eine qualitativ hochwertige, fachlich kompetente Beratung. Darin liege die Kernkompetenz der Apotheker, ihr Alleinstellungsmerkmal. „Mit diesem Pfund sollten Sie viel mehr wuchern“. Das klappe am besten mit Arzneimitteln, deren Anwendung einer Erklärung bedarf. Jeder Arzneimittel-Switch stärke in diesem Sinne die Beratungskompetenz. Wieczoreks Appell: „Denken Sie kaufmännisch und handeln Sie heilberuflich! Der Patient wird es Ihnen danken!“
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