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BundestagsAnhörung
Forschung ohne Nutzen für Demenzpatienten weiter umstritten
Inwiefern dürfen Forscher Studien an Patienten mit schweren geistigen Beeinträchtigungen machen, wenn diese den Probanden selber nicht direkt nutzen? Die Bundesregierung will dies unter Auflagen erlauben. Doch unter Experten ist dieser Schritt stark umstritten.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe sowie Bundesforschungsministerin Johanna Wanka (beide CDU) wollen nach Ansicht vieler Kritiker ein Tabu brechen: Nach Plänen der Bundesregierung soll zukünftig Forschung an Erwachsenen auch dann erlaubt sein, wenn sie ihnen selber nicht hilft – und die Probanden selber aufgrund geistiger Beeinträchtigungen nicht einwilligungsfähig sind. Bislang war es im Bundestag fraktionsübergreifender Konsens, dass beispielsweise Demenzpatienten nur dann in Studien eingebunden werden dürfen, wenn Aussichten bestehen, dass sie von der Teilnahme profitieren können. Patientenschützer, Kirchen und viele Politiker kritisierten die Pläne scharf.
Ursprünglich wollte die Bundesregierung die umstrittene Änderung im Rahmen des Vierten AMG-Änderungsgesetzes offenbar einführen, ohne die Pläne groß zu diskutieren: So gab das Bundesgesundheitsministerium (BMG) in der Gesetzesbegründung keine inhaltlichen Gründe für die geplante Kehrtwende an. Nach vielen Protesten wurde die Verabschiedung des Gesetzes, das auch das Verbot von DrEd-Rezepten umfasst, mehrfach verschoben – und auf Druck der Opposition fand vergangene Woche eine Expertenanhörung im Bundestag zu den drei vorliegenden Änderungsanträgen statt.
Probanden müssen aufgeklärt werden
Neben der Frage, inwiefern Versuchspersonen durch fremdnützige Forschungsprojekte instrumentalisiert werden, wurde auch ein anderer, für medizinische Studien am Menschen zentraler Aspekt im Ausschuss heiß diskutiert: Können die Versuchsteilnehmer ausreichend über die Studien aufgeklärt werden? Nach den Plänen der Bundesregierung müssen sie im einwilligungsfähigen Zustand vorab eingewilligt haben, bei Eintritt einer Demenz oder einer anderen geistigen Behinderung an Studien teilnehmen zu wollen. Ein Änderungsantrag sieht eine verpflichtende Aufklärung durch Ärzte vor, doch ist im Voraus normalerweise nicht klar, welche Aspekte zukünftig untersucht werden sollen – und wie stark die Belastung für die Probanden ist.
So ist nach Ansicht von Andreas Lob-Hüdepohl vom Berliner Institut für christliche Ethik und Politik eine vorausgehende Einwilligung ohne Kenntnis wichtiger Details „aus sachlichen Gründen unmöglich“, wie er bei der Ausschusssitzung sagte. Es sei „ethisch geboten“, das aktuell herrschende Schutzniveau nicht aufzugeben, „um nicht-einwilligungsfähige Erwachsene ausreichend vor einer Instrumentalisierung zu schützen“.
Auch der Gerontopsychiater Johannes Pantel von der Goethe-Universität in Frankfurt am Main sprach von einer „schwer kalkulierbaren Wissens- und Informationslücke“, die zu einem riskanten Graubereich führen könne. Seiner Meinung nach sind die Pläne ohnehin verzichtbar, während laut einigen anderen Stellungnahmen die aktuelle Gesetzeslage klinische Studien an Demenzkranken erschwert oder verhindert. „Diese Aussage kann ich überhaupt nicht nachvollziehen“, erklärte Pantel, der selber ähnliche Forschungsvorhaben durchgeführt hat. Alle Studien, die zu einem wesentlichen Fortschritt führen, können seiner Einschätzung nach auch nach der heutigen Gesetzeslage durchgeführt werden. Ähnlich sah es bereits vor Monaten der Verband der forschenden Arzneimittelhersteller (vfa).
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