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Offener Brief
Protest gegen Homöopathie-Vorträge an Uni München
Homöopathie an einer Exzellenzuni? Für Kritiker ist dies ein Unding – sie protestieren gegen öffentliche Vorträge von Homöopathen am Klinikum der Uni München. Für die Süddeutsche Zeitung hat die Uni „versagt“, auch der Bayerische Rundfunk greift das Thema auf.
Eine neu aufgelegte Ringvorlesung „Homöopathie – Von der Theorie zur Praxis“ an der Uniklinik der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) stößt auf erhebliche Kritik. In 14 Vorträgen geht es um homöopathische Behandlungen von Schnupfen oder Husten, aber auch um die Behandlung von Prostata-Karzinomen, Bipolaren Affektiven Störungen oder allgemein Krebspatienten – „mit Q-Potenzen“. Die Vortragsreihe wird in Kooperation mit dem Landesverband Bayern des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte angeboten.
„Diese unkritische Behandlung der Homöopathie hat an einer wissenschaftlichen Fakultät nichts zu suchen“, erklärten Kritiker wie der Alternativmedizin-Forscher Edzard Ernst oder die Homöopathie-Aussteigerin Natalie Grams in einem offenen Brief des „Informationsnetzwerks Homöopathie“ und der Skeptiker-Bewegung an die LMU. Es sei mit „dem Auftrag zu Forschung und Lehre unvereinbar“, einer von der überwältigenden Mehrheit der weltweiten Forschungsgemeinde als spezifisch arzneilich unwirksam eingestuften Methode eine oberflächlich-werbende Darstellung zu geben.
Homöopathie muss im Kontext vermittelt werden
„Wir halten es für verfehlt, durch eine solche Veranstaltung der homöopathischen Methode zu akademischem Ansehen zu verhelfen, nachdem dies eigentlich längst als obsolet angesehen werden müsste“, erklären die Unterzeichner des Briefes. „Denn wir sind durchaus der Ansicht, dass richtig verstandene Lehre auch in Bezug auf die Homöopathie an einer Universität Platz finden könnte, ja sogar müsste.“
Doch die Lehre Samuel Hahnemanns müsse im medizinhistorischen Kontext vermittelt werden, fordern sie. Ihre „Widersprüchlichkeiten und Unverträglichkeiten mit naturgesetzlichen Gegebenheiten“ sollten erörtert und der fehlende Wirkungsnachweis diskutiert werden. „Das wäre im Hinblick darauf zu begrüßen, dass angehende Mediziner dann auch auf diesem Gebiet mit solidem Wissen und nicht mit einem Bündel von nicht hinterfragten Vorurteilen ins Berufsleben starten“, schreiben die Kritiker.
Keine Wirksamkeit belegt, doch große Hoffnungen
Was sagt die Uni? „Die Homöopathie ist eine komplementärmedizinische Behandlungsmethode, die auf dem Prinzip ‚similia similibus curentur‘ beruht“, schreibt die Pressestelle auf Nachfrage in einer Stellungnahme. „Sie wird kritisch diskutiert, da bis heute keine naturwissenschaftliche Begründung einer über einen Placebo-Effekt hinausgehende Wirksamkeit belegbar ist.“ Eine Veranstaltung zur Homöopathie anzubieten, bedeute entsprechend nicht, dass die Homöopathie in den gleichen Rang wie die evidenzbasierte Medizin erhoben wird. „Viele Patienten verbinden mit komplementärmedizinischen Therapien große Hoffnungen, erklärt die Pressestelle. „Die klinische Medizin kann sich daher auch nicht auf eine rein naturwissenschaftliche Perspektive begrenzen.“
LMU-Klinik setzt Homöopathie nur als Ergänzung ein
Komplementärmedizinische Themen seien im Medizinstudium verankert – „und damit prüfungsrelevant für das Staatsexamen“ – zudem müssen die Absolventen im klinischen Alltag diskussionsfähig sein auch hinsichtlich umstrittener Heilverfahren. „Wenn am Klinikum der LMU komplementärmedizinische Behandlungsmethoden zum Einsatz kommen, werden sie immer nur in Ergänzung evidenzbasierter Methoden angewendet – niemals an deren Stelle“, betont die Pressestelle.
Ziel eines Pilotprojektes „Integrative Pädiatrie“ am Dr. von Haunerschen Kinderspital sei es, die wissenschaftstheoretischen Grundlagen zu erörtern und klinische Studien zu initiieren. „Dies entspricht unserem akademischen Auftrag, die Phänomene der Natur und der Medizin einer kritischen Betrachtung zu unterziehen“, erklärt die Uniklinik – obwohl kritische Themen im Programm der Ringvorlesung nicht auftauchen.
SZ: Uni hat „versagt“
Das Protestschreiben wurde von öffentlichkeitswirksamen Medien breit aufgenommen. „Homöopathie: Wissenschaftliche Seriosität maximal verdünnt“, titelte ein Kommentar der „Süddeutschen Zeitung“. „Was die Universität nicht sein darf, ist eine Werbeplattform für die Anbieter eines ebenso skurrilen wie lukrativen Verfahrens, das mit Wissenschaft nichts zu tun hat“, schreibt ein Medizinredakteur der Zeitung. „Durch die Aufnahme in den akademischen Zyklus einer Ringvorlesung nobilitiert die Universität eine Behandlungsrichtung, die bisher jeden seriösen Nutzennachweis schuldig geblieben ist, aber von der Politik aus populistischen Gründen als ‚besondere Therapierichtung‘ geschützt wird.“
So dürften Homöopathen kranke Menschen behandeln, „ohne dass mit wissenschaftlicher Sorgfalt bewiesen sein muss, dass die Behandlung eine spezifische Wirkung hat“, erklärt er. Spätestens wenn tatsächlich hilfreiche Verfahren unterbleiben oder zu spät eingeleitet werden, würde die Homöopathie gefährlich.
Für den Laien dränge sich der Eindruck auf, es müsse „etwas dran sein“, wenn eine Uni derartige Vorträge anbietet. „Jede bessere Volkshochschule versucht inzwischen, ihre Programme mit empirisch fundierten Inhalten zu füllen“, schreibt die Zeitung. „Die Universität hat da versagt.“
Das Bayerische Fernsehen nimmt sich am heutigen Mittwochabend um 21:00 Uhr im Politikmagazin „Kontrovers“ des Themas an. „Wird damit eine Pseudomedizin durch eine Spitzenuni wissenschaftlich geadelt?“, heißt es in der Programmankündigung.
6 Kommentare
Süße Sachzwänge
von Dr. Hans-Werner Bertelsen am 22.11.2016 um 16:51 Uhr
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Ich kann ...
von Stefan Haydn am 18.11.2016 um 12:17 Uhr
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AW: Ramen, ich sage Euch
von Mr. MIR am 18.11.2016 um 15:52 Uhr
Quackery like it's 1799
von Student am 17.11.2016 um 19:30 Uhr
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Ramen
von Mr. MIR am 16.11.2016 um 18:23 Uhr
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"Stellungnahme" der LMU-Pressestelle
von Udo Endruscheit am 16.11.2016 um 11:04 Uhr
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