Rezeptsammlung im Supermarkt

Pick-up-Stellen sind kein Selbstläufer

Berlin - 17.11.2016, 17:15 Uhr

Pick-up-Stellen von Apotheken und ihre Abgrenzung zu Rezeptsammelstellen sind unter Juristen umstritten. (Foto: Sebra / Fotolia)

Pick-up-Stellen von Apotheken und ihre Abgrenzung zu Rezeptsammelstellen sind unter Juristen umstritten. (Foto: Sebra / Fotolia)


Verwaltungsgericht bestätigt Aufsicht

Ein knappes Jahr später, Ende September 2016, kam es nun zu einem Urteil des Verwaltungsgerichts (VG) Gelsenkirchen. Denn gegen die Aufsichtsbehörde und deren Ordnungsverfügung ging die Apothekerin selbst juristisch vor. Zumindest in erster Instanz blieb ihr der Erfolg jedoch verwehrt. Das VG bestätigte die Verfügung. Die klagende Apothekerin sei nicht in ihren Rechten verletzt, weil die Aufsichtsbehörde ihre Rezeptsammlung untersagt und den Abbau der Vorrichtung angeordnet habe. Die Verwaltungsrichter sind wie ihre Kollegen von den Zivilgerichten der Auffassung, es liege ein Verstoß gegen § 24 ApBetrO vor. Weder habe sie die Erlaubnis, eine Rezeptsammelstelle zu betreiben, noch hätte sie Anspruch, eine solche erteilt zu bekommen: Es handele sich nicht um einen abgelegenen Ort, außerdem sammele sie in einem Gewerbebetrieb. Schon äußerlich sei die Einrichtung auf die Rezeptsammlung ausgerichtet. Die Apothekerin könne sich nicht darauf berufen, dass ihr das Sammeln der Rezepte erlaubt sei, weil sie eine Versandhandelserlaubnis besitze.

Zwar sei nach dem Bundesverwaltungsgericht § 24 ApBetrO dann nicht einschlägig, wenn es um die Entgegennahme von Arzneimittelbestellungen im Versandhandel gehe. Die hier strittige Rezeptsammelstelle werde aber gerade nicht im Versandhandel betrieben. Anders als für die Kollegen in Hamm kam es für die Gelsenkirchener Richter auch darauf an, ob die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in seinem dm-Urteil nach der Änderung der Apothekenbetriebsordnung noch gelten. Wollte man eine Ausnahme von § 24 ApBetrO für Rezeptsammelstellen im Versandhandel annehmen, so setze dies jedenfalls voraus, dass die fragliche Sammelstelle einem tatsächlich praktizierten Vertriebsweg des Versandhandels zuzuordnen ist, das von dem Versorgungssystem der Präsenzapotheke abzugrenzen ist. Allein, dass eine Versandhandelserlaubnis vorliegt, sei dabei nicht maßgeblich.

Abgrenzung Versand- und Präsenzapotheke

Im vorliegenden Fall haben die Richter keine Zweifel: Was die Herner Apothekerin macht, ist ihrer Präsenzapotheke zuzuordnen. Sie zählen auf, was für eine Versandapotheke typisch wäre: Etwa, dass sich Kunde und Apotheker nicht persönlich begegnen und der Kundenkreis nicht eingeschränkt ist, insbesondere nicht örtlich. Der klagenden Apothekerin gehe es jedoch in erster Linie darum, sich in einem örtlich eingegrenzten Bereich zu erweitern. Untypisch für den Versand sei zudem das persönliche Einsammeln der Rezepte durch die Apotheke. Die später angebotene Versandoption macht auf die Richter den Eindruck, dass diese nur geschaffen wurde, um den Eindruck eines Versandhandels zu erwecken. So wie sie ausgestaltet ist, sei sie keine wirklich Alternative für die Kunden. Zum Beispiel seien die Versandkosten für Pakete über einem Kilo derart hoch, dass eine Inanspruchnahme fernliegend sei. Auch dass es keine Werbung für den Bezug rezeptfreier Arzneimittel gibt, spricht für die Richter gegen einen typischen Versandhandel. Zwar könnten Kunden OTC bestellen – aber reichlich kompliziert: Sie müssten dafür die Bestellnummer oder PZN angeben, die ihnen wohl kaum bekannt sein dürften.

Bundesverwaltungsgerichtsurteil führt nicht weiter

Die von der Klägerin angeführte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gebe für eine andere Wertung nichts her, heißt es abschließend im Urteil. Denn dieses habe seinerzeit lediglich festgestellt, dass der Begriff des Versandhandels keine individuelle Warenzustellung an die Anschrift des Empfängers voraussetzt. Die hier entscheidende Frage der Abgrenzung der Vertriebswege des Versandhandels und der Präsenzapotheke habe sich dem Bundesverwaltungsgericht hingegen nicht gestellt. Die Aussage, dass der Betrieb einer „Pick-up-Stelle“ für die Annahme von Versandhandel nicht schädlich ist, besage nicht, dass jede „Pick-up-Stelle“ im Versandhandel betrieben werde. Überdies sei die strittige Rezeptsammelstelle keine Stelle fürs „Pick-up“ (Abholen) – hier könnten nur Rezepte eingeworfen werden, aber keine Waren abgeholt werden.

Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 27. September 2016, Az.: 19 K 5025/15



Kirsten Sucker-Sket (ks), Redakteurin Hauptstadtbüro
ksucker@daz.online


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