AOK und Barmer GEK

Kassen wollen Rx-Boni einsammeln und auf Höchstpreise umstellen

Berlin - 23.11.2016, 12:30 Uhr

Wem gehört's? Nach dem EuGH-Urteil zur Preisbindung melden sich nun die Krankenkassen zu Wort, die die Rx-Boni einstreichen wollen. (Foto: dpa)

Wem gehört's? Nach dem EuGH-Urteil zur Preisbindung melden sich nun die Krankenkassen zu Wort, die die Rx-Boni einstreichen wollen. (Foto: dpa)


Wie sollen die Boni zu den Kassen kommen?

Unklar ist, wie die Weiterleitung der Boni an die Kassen technisch geschehen soll. Die AOK hat allerdings schon einen ziemlichen genauen Plan: „Die Kassen könnten Verträge mit den Versandapotheken machen, ähnlich wie das mit den Krankenhausapotheken heute schon möglich ist. Hierzu könnte man die Arzneimittelpreisverordnung für die Versandapotheken (wie von deren Bundesverband selbst vorgeschlagen) auf einen Höchstpreis umstellen. Dann fließen ausgehandelte Rabatte direkt von der Versandapotheke zu den Kassen“, erläutert der AOK-Sprecher.

Die Barmer verhält sich in dieser Frage weitaus zurückhaltender. Es sei noch offen, wie die Boni zu den Kassen kommen könnten. In jedem Fall bevorzugt die Barmer GEK „ein einfaches und unbürokratisches Verfahren“. Und weiter: „Denkbar wäre zum Beispiel, dass die Krankenkassen den Apotheken den Abrechnungspreis abzüglich des Rx-Bonus erstatten.“ Offensichtlich ist man sich bei der Barmer aber noch gar nicht so sicher, ob die Kassen auch aus juristischer Sicht überhaupt einen Anspruch auf Rabatte haben. Der Barmer-Sprecher erklärt: „Ob die Kassen einen rechtlichen Anspruch auf die Boni haben, muss noch abschließend juristisch beurteilt werden.“

Auch der AOK-Bundesverband gesteht ein, dass der Gesetzgeber aktiv werden muss, wenn die Kassen an die Rabatte kommen sollen:  „Krankenkassen haben bisher weder eine vertragliche noch eine gesetzliche Grundlage, den Anspruch auf Boni geltend zu machen (und damit auch klageweise durchzusetzen). Es müssten also die Rechtsnormen (AMPreisV, SGB V) geändert werden, um den Kassen einen Anspruch auf Boni zu gewähren.“



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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7 Kommentare

Gleichbehandlung ?

von Pierre Roer am 24.11.2016 um 10:48 Uhr

Jetzt also noch eine separate Arzneimittelpreisverordnung nur für ausländische Versender, die diese zusätzlich massiv begünstigt ? Gleichbehandlung ? Hallo ? Wie offen will die Politik ihre dreckige Korruption noch treiben?

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Hat schon mal

von Stefan Haydn am 24.11.2016 um 9:35 Uhr

jemand darüber nachgedacht Strafanzeige wegen Veruntreuung von Versichertengeldern zu stellen?

Die Versender sind dem Liefervertrag beigetreten um liefern zu können. Hier ist das Rabatt-Verbot festgelegt.
Halten sich die Versender nicht daran, erlischt der Zahlungsanspruch. Sollten die Kassen also brav weiter bezahlen, schädigen sie ihre Versicherten durch unnötige Ausgabe von Beitragsgeldern.

Das ist ein klarer Tatbestand von Veruntreuung.

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Rabattanspruch fraglich?

von Reinhard Rodiger am 23.11.2016 um 23:21 Uhr

.“ Offensichtlich ist man sich bei der Barmer aber noch gar nicht so sicher, ob die Kassen auch aus juristischer Sicht überhaupt einen Anspruch auf Rabatte haben. "

Wenn die Kassen tatsächlich keinen Anspruch auf DIESE Rabatte haben sollten, gilt das auch für die Zwangsrabatte von denen, die gar keine bekommen?

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Warum?

von Karl Friedrich Müller am 23.11.2016 um 18:13 Uhr

DocMorris hat den Liefervertrag unterschrieben mit Boniverbot. Sie haben das Recht erstritten, Boni zu geben (gilt das wirklich auch für Deutschland?)
= DocMorris verletzt den Liefervertrag = DocMorris darf nicht mehr liefern, bzw. Die KK die Rechnungen von DocMorris nicht mehr bezahlen.
Alles klar? Es gibt keinen Grund für Änderungen.
by the way: Eine deutsche Apotheke hätte sofort schwerste Sanktionen seitens der KK zu befürchten, ausländische Versandapos nicht? Wo bleibt die Gleichbehandlung?
Dürfen dann die KK deutsche Apotheken überhaupt noch retaxieren, wenn das nicht bei ALLEN passiert?

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AW: Warum

von Heiko Barz am 24.11.2016 um 11:21 Uhr

"Am Gelde hängt, zum Gelde drängt doch alles"
Kollege Müller, wir wissen doch zu gut, dass jede denkbare Moral an der Potenz des Geldes scheitert.
Sie haben natürlich Recht, wenn Sie gleich scharfe Waffen mit gleicher Länge zum Wetbewerb verlangen, aber in diesem Falle können wir doch jede Fairnis von unseren mittlerweile von Vertragspartnern zu Hehlern Gewandelten in keinem Zeitpunkt mehr erwarten.
Sowie sich nur der Schatten einer Abzockungsmöglichkeit am Horizont zeigt, wird ungeachtet gesetzlicher Rahmen zugeschlagen.
Wo bleibt eigentlich Lauterbach als Vertreter der Legislative, um die KKassen an ihre vertraglich rechtlichen Pflichten zu erinnern? Wie war das noch mit dem Schwarzen unter dem Fingernagel?
Uns bleibt nur die Hoffnung, dass dieses absolut unmoralische Wirtschaftsverständnis an der ungezügelten Gier der einzelnen Protagonisten möglichst bald zerschellt.
Mit freundlichen Grüßen, Heiko Barz

????

von Peter Lahr am 23.11.2016 um 14:12 Uhr

Hmm,
heute hat eine Krankenkasse bei einem nicht zuzahlungsbefreiten Patienten zusätzliche Kosten zum Einkaufspreis des Medikaments die ihr durch die Handelsstufe Apotheke entstehen bei einen durchschnittlichen Packungspreis von 40€ brutto von ca. 3,58€ netto
(8,51€-1,48€+3%auf den EK-4,20€ Zuzahlung netto)
oder 4,26€ brutto.

Die AOK möchte dem Patienten die Zuzahlung nicht erlassen aber die Boni netto von diesem Betrag sparen: 3,58-1,68=1,89€ verbleibende netto Kosten für die Handelsstufe Apotheke die die AOK dann noch zu zahlen hätte. Patient zahlt weiterhin 5€ Zuzahlung, müsste also zur Bestellung beim Versand gezwungen werden.

Die Barmer möchte den Patienten erstmal die 2€ zugestehen aber gleichzeitig den zu zahlenden Betrag abzüglich der vollen Zuzahlung, so verstehe ich das und es wäre auch die einzig logische Einsparmöglichkeit, an den Versender nochmals um die Boni Höhe kürzen. Anders würde die Kassen nämlich sonst nichts sparen. Denn es ist egal, wie man die Zuzahlung aufteilt. Ob nun der Versender dem Patienten 2€ schenkt oder sonstwer, die Zuzahlung in voller Höhe würde die Kasse bei der Berechnung des zu überweisenden Betrags sowieso geltend machen, die o.g. Kosten für die Handelsstufe Apotheke blieben gleich.

Beim AOK Modell hätte der Versender kein Argument für die Patienten mehr, bei der Barmer müsste er um Patient UND Krankenkasse sparen zu lassen die Boni zweimal vergeben oder aufteilen. Damit wären wir aber bei nur einem Euro Ersparnis für den Patienten für eine Packung RX zum Durchschnittspreis, der Anreiz für den Patienten halbiert und die Ersparnis für die Barmer nur halb so hoch wie für die AOK oder der Boniwert würde sich für den Versender auf 4€ verdoppeln.

Das Gemetzel kann losgehen würde ich sagen.



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RX Boni

von Lars Peter Wall am 23.11.2016 um 13:05 Uhr

Jetzt drehen die Kassen völlig durch!
Also wollen sie Selektivverträge mit Zwangsweiterleitung der Versicherten, da diese dann ja wieder keinen Anreiz hätten im Versand zu bestellen?
Interpretiere ich das richtig!
Bei Wohlgefallen erhält der chronisch Kranke dann eine Kaffeemaschine oder einen Reiki-Kurs?
Was für ein Unsinn!

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