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Schmidt bei Lobby-Veranstaltung
Medikationmanagement statt Preisbindung und Versandhandel
Fünf Minuten lang hatte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt am gestrigen Mittwoch bei einer Veranstaltung des Berliner Tagesspiegels, um die drei wichtigsten Forderungen der Apotheker vorzustellen. Nicht dabei: das Rx-Versandhandelsverbot. Dafür unterstrich Schmidt, wie wichtig es sei, dass die Apotheker an einem umfassenden Medikationsmanagement beteiligt werden.
ABDA-Präsident Friedemann Schmidt nahm am gestrigen Mittwochabend an einer sehr speziellen Veranstaltung der Berliner Tageszeitung „Der Tagesspiegel“ teil. Den ganzen Tag über hatten Vertreter verschiedenster Lobby-Vereinigungen die Gelegenheit, einem ausgewählten Publikum aus hochrangigen Politikern, Journalisten und anderen Lobbyisten ihre wichtigsten Forderungen in einem fünfminütigen Briefing vorzustellen.
Das Besondere an dem Format: Die Kurzvorträge waren thematisch sortiert und konkurrierten miteinander. Schmidts Rede war beispielsweise Teil der Gruppe „Gesundheit“, zu der unter anderem auch Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, gehörte. Jeder Redner hatte fünf Minuten lang Zeit, drei Kernforderungen seiner Interessengruppe vorzustellen. Anschließend war das Publikum aufgefordert, die Realisierungschancen der Forderungen auf einer Skala von 1 bis 5 per Televoting zu bewerten. In der Gruppe „Gesundheit“ gab es insgesamt fünf Interessenvertreter, die mit ihren Vorträgen gegeneinander antraten.
Schmidt sprach über Freiberuflichkeit und Medikationsmanagement
In seiner ersten These unterstrich Schmidt die Bedeutung der Freiberuflichkeit für das Gesundheitswesen. Die Freiberuflichkeit sei ein Garant dafür, dass die Arzneimittelversorgung in Deutschland so „gut, innovativ, niedrigschwellig und vergleichsweise wirtschaftlich“ sei. Es folgte die einzige Andeutung des ABDA-Präsidenten auf die derzeitige politische Lage nach dem EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung: Schmidt erklärte, man müsse die Freiberuflichkeit insbesondere gegenüber Angriffen aus der EU verteidigen. Explizit erwähnte Schmidt die Themen Versandhandel und Preisbindung allerdings nicht.
Vielmehr ging er zu seiner Kernforderung über, die sich um
das Medikationsmanagement drehte. Die These lautete: „Arzneimitteltherapiesicherheit
verbessern: Gemeinsames Medikationsmanagement durch Arzt und Apotheker.“
Schmidt beteuerte, dass es unerlässlich sei, ein umfassendes
Medikationsmanagement einzurichten und die Apotheker stärker und aktiver am
Medikationsplan zu beteiligen. Zur Erinnerung: Seit dem 1. Oktober 2016 haben
Patienten Anspruch auf einen papiernen Medikationsplan, wenn sie drei oder mehr
Arzneimittel über einen längeren Zeitraum gleichzeitig einnehmen. Entlohnt
werden dafür nur die Ärzte, die Apotheker dürfen auch nur auf Wunsch des Patienten
OTC-Arzneimittel ergänzen. Ein Medikationsmanagement mit pharmazeutischer Beratung ist derzeit noch nicht auf Kassenleistung möglich.
SPD-Politiker für engere Einbindung der Apotheker beim Medikationsplan
Eng verknüpft mit dieser Forderung stellte Schmidt seine letzte These vor. Denn eine solche Mehrleistung der Apotheker im Rahmen eines eventuellen Medikationsmanagements müsse honoriert werden, forderte der ABDA-Präsident. Die Apotheker bräuchten Planungssicherheit und eine „systematische Vergütungsreform mit verlässlichen und leistungsgerechten Regeln für Apotheken“.
Mit seiner Forderung nach der Einführung eines Medikationsmanagements landete Schmidt übrigens auf Platz drei der fünfköpfigen Gesundheitsgruppe. Schmidt erhielt für diese Forderung eine durchschnittliche Punktzahl von etwa 3,3. Am meisten Unterstützung konnte Christian Schneider, Geschäftsführer des deutschen Komitees für Unicef, verbuchen. Schneider hatte unter anderem gefordert, dass Kinderrechte ins Grundgesetz aufgenommen werden. In etwa so gut wie Schmidt schloss Montgomery ab, der dafür plädierte, das duale Krankenversicherungssystem zu erhalten und eine Bürgerversicherung zu verhindern.
Pharma-Vertreter greift Gesundheitspolitiker an
Eine etwas schlechtere Punktzahl erhielt Dr. Martin Zentraf, der für den Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie (BPI) an der Diskussion teilnahm. Der BPI-Vorsitzende kritisierte, dass die Gesundheitspolitiker bei der „Pharma-Politik“ die Kostenreduktion in den Vordergrund stelle. Es sei kein Wunder, dass sich unter dem derzeitigen Kostendruck Unternehmen dazu entschieden, den deutschen Markt zu verlassen. Zentgraf stellte daher die Forderung auf, dass sich die Gesundheitspolitik stärker am Versorgungsbedarf der Menschen orientieren solle.
In der anschließenden Diskussionsrunde erhielt allerdings
insbesondere Schmidt Zustimmung aus den Reihen der Politik. Edgar Franke (SPD),
Vorsitzender des Gesundheitsausschusses im Bundestag, gestand ein, dass der
Gesetzgeber nun prüfen müsse, ob Apotheker in den Medikationsplan stärker
einbezogen und auch honoriert werden müssten. Franke wies darauf hin, dass
viele Patienten gar nicht zum Arzt gingen, sondern sich von Apothekern beraten
ließen und erst einmal eine Selbstmedikation erhielten. Solche Fälle könnten
derzeit nicht durch einen Medikationsplan abgedeckt werden. Auch eine Politik-externe Gesundheitsexpertin
stimmte der Forderung der Apotheker zu. Dr. Gabriele Meyer, Mitglied im
Sachverständigenrat für Gesundheit, sagte, dass die Apotheker am „innovativen
Instrument“ Medikationsplan unbedingt beteiligt werden müssten. Wichtig sei ihr
auch, dass ein umfassendes Medikationsmanagement etabliert werde, an dem die
Apotheker teilnehmen.
Update: Die Arzneimittel-Expertin der Grünen-Bundestagsfraktion, Kordula Schulz-Asche, reagierte auf Twitter umgehend auf den Bericht von DAZ.online:
2 Kommentare
nichts mehr umsonst
von Karl Friedrich Müller am 24.11.2016 um 15:33 Uhr
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Genial
von Wolfgang Müller am 24.11.2016 um 14:15 Uhr
» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten
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