Apothekenketten und Versandhandel

Junge Liberale wollen keinen „Welpenschutz“ für Apotheker

Berlin - 01.12.2016, 13:05 Uhr

Die Jungen Liberalen widersprechen den Aussagen einiger FDP-Landesverbände und fordern eine weitgehende Liberalisierung des Apothekenmarktes. (Foto: dpa)

Die Jungen Liberalen widersprechen den Aussagen einiger FDP-Landesverbände und fordern eine weitgehende Liberalisierung des Apothekenmarktes. (Foto: dpa)


Zumindest was die Einstellung zum Apothekenmarkt betrifft, ist die FDP ein Jahr vor der Bundestagswahl eine gespaltene Partei. Neueste Episode im Meinungs-Wirrwarr: Die Jungen Liberalen fordern weitgehende Deregulierungen. Sie attackieren Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe dafür, dass er den Rx-Versandhandel verbieten will und fordern Apothekenketten.

Der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner und seine Stellvertreterin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordern Marktöffnungen und Bewegung im Lager der Pharmazeuten. Liberale in den Bundesländern hingegen wollen die Apotheker nach dem EuGH-Urteil vor unfairem Wettbewerb schützen. Den neuesten Beitrag zur Meinungsfindung bei den Liberalen steuern nun die Jungen Liberalen, die Nachwuchsschmiede der FDP, bei. Phil Hackemann, stellvertretender Bundesvorsitzender der „JuLis“, sagte gegenüber DAZ.online: „Als offizielle Jugendorganisation der FDP machen wir uns bei unserer Mutterpartei für eine Liberalisierung des Apothekenmarktes stark.“

Hackemann verwies auf eine Mitteilung der JuLis, in der die Jungliberalen das EuGH-Urteil kommentieren. Darin heißt es: „Die Jungen Liberalen sprechen sich in der Debatte um den Erhalt eines Verbandhandels von rezeptpflichtigen Medikamenten gegen die Einführung eines Versandverbots aus.“ Der JuLi-Bundesvorsitzende, Konstantin Kuhle, wird darin weiter zitiert: „Das gerade getroffene Urteil des Europäischen Gerichtshofs muss als Chance für den Medikamentenmarkt in Deutschland begriffen werden. Marktwirtschaftlicher Wettbewerb bietet für den Verbraucher stets die Chance auf mehr Auswahl und sinkende Preise. Diese Gelegenheit darf politisch nicht einfach wegreguliert werden. In Zeiten der Digitalisierung ist jeder Welpenschutz für Apotheker fehl am Platz.“

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Gerade in strukturschwachen Regionen sei der Versandhandel „elementarer“ Bestandteil der Versorgung. Die Jungliberalen sind verärgert über die Initiative von Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU), den Rx-Versandhandel zu verbieten. „Gesundheitsminister Gröhe macht mit seinem geplanten Verbot eine Klientelpolitik für Apotheker, die den Medikamentenmarkt auf dem Stand des letzten Jahrhunderts konservieren würde. Kein Bürger hat etwas davon, wenn er jedes Mal zur nächsten Filiale rennen muss, statt den technischen Fortschritt nutzen zu können, um seine medizinische Versorgung bequem und einfach zu Hause zu erledigen. Von einem Verbot profitiert allein die Apothekerlobby.“

Beschlüsse auf dem Bundeskongress für Liberalisierung

Diese Meinung ist keinesfalls eine Einzelmeinung bei den Jungliberalen. Ende Oktober trafen sich die JuLis zum Bundeskongress in Hirschhaid und verabschiedeten einen Beschluss, der sich für die Erhaltung des Rx-Versandhandels ausspricht. Man befürworte das EuGH-Urteil zur Abschaffung der Preisbindung, heißt es in dem Beschluss. Aber die Forderungen der JuLis gehen noch weiter: „Langfristig müssen wir in diesem Bereich ganz klar auch über weitere Freigaben wie die Abschaffung eines Fremd- und Mehrbesitzverbotes sprechen“, erklärte Kuhle.

Und auch zu dieser Position gibt es einen Beschluss vom Bundeskongress, der deutlicher nicht sein könnte. „Das Verbot des Fremd- und Mehrfachbesitzes von Apotheken widerspricht nach Meinung der Jungen Liberalen dem Gemeinschaftsrecht der Europäischen Union und ist weder mit liberalen Grundsätzen, noch mit dem Wettbewerbsgedanken vereinbar. Eine kostengünstigere Arzneimittelversorgung durch den verstärkten Wettbewerb soll den Verbrauchern und den Krankenkassen Geld sparen, was Ziel liberaler Politik sein sollte.“

Weiterhin fordern die Nachwuchs-FDP’ler ihre Bundes- und Landesebene auf, sich nicht mehr öffentlich gegen die Liberalisierung des Apothekenmarktes auszusprechen. Damit sich Apotheker im Markt auch in Zukunft „behaupten“ können, schlagen die Jungliberalen vor: „Um den inländischen Apothekern bessere Wettbewerbsbedingungen zu ermöglichen sprechen sich die Jungen Liberalen für bessere Rahmenbedingungen für inländische Apotheken aus, beispielsweise was die Themen Steuern, Bürokratieabbau und Einkauf von Medikamenten im Binnenmarkt angeht.“

Haben Sie im Meinungs-Wirrwarr der FDP den Überblick verloren? Wer welche Position zum Wettbewerb im Apothekenmarkt wann eingenommen hat, lesen Sie hier.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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9 Kommentare

Hackman von den ÜbLis veröffentlicht Political-Libness 4.0 über Sony-News.

von Christian Timme am 03.12.2016 um 6:13 Uhr

Veröffentlichungen die über den Sony-Controller laufen haben es in sich. Die Druckpunkt.Dosierung ist neben dem Articul.Modul schon immer ein großer Schwachpunkt gewesen. Für Pol-Content wird immer noch der unausgereifte Algorithmus In der Version 0000.2 verwendet. Kein Wunder bei dem Nachwuchs.

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Eigentlich zum lachen

von Peter Lahr am 02.12.2016 um 10:59 Uhr

Man könnte meinen, dass die JuLis alles Rhodes Stipendiaten waren ;) Gott schmeiss Hirn vom Himmel und für die JuLis mit einer extra Portion (Prise reicht da nicht) Ethik gewürzt.

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Denken findet im Kopf statt, leider ohne Garatieanspruch.

von Christian Timme am 02.12.2016 um 9:43 Uhr

... Kein Bürger hat etwas davon, wenn er jedes Mal zur nächsten Filiale rennen muss, statt den technischen Fortschritt nutzen zu können, um seine medizinische Versorgung bequem und einfach zu Hause zu erledigen. Doch, denn er bewegt sich, ist an der frischen Luft, trifft Nachbarn, hält ein Schwätzchen und wird in der Apotheke sogar noch beraten. Eine echte Alternative zu Glotze, auf Postboten oder DHL warten, oder PS4.

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Welpenschutz

von Jochen Ebel am 02.12.2016 um 8:21 Uhr

Mit dem wirtschaftlichen sachverstand ist es bei den JuLis leider nicht weit her. Märkte funktionieren nur mit fairen Wettbewerbsregeln für alle Beteiligten. Anscheinend ist im FDP Vorstand niemand in der Lage, den hippen Youngstern, die selber noch nicht viel vorzuweisen haben, mal eine Nachhilfestunde zugegeben. Das erinnert mich doch sehr an die Jusos, die auch immer gerne die Speerspitze der Revolution sein wollen.

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AW: Markt

von Holger Hennig am 02.12.2016 um 10:01 Uhr

Sehe ich anders, der Markt für Rx ist weit davon entfernt, ein vollkommener Markt im Sinne der Volkswirtschaftlichen Definition zu sein. Erstens spielen persönliche Präferenzen sowohl auf Anbieter- wie auf Nachfragerseite eine erhebliche Rolle. Zweitens ist der Markt für den Nachfrager weitestgehend intransparent, weil der Patient im Regelfall keine Ahnung von dem Arzneimittel hat, welches er verschrieben bekommt. Drittens ist die Vergleichbarkeit/Homogenität der Güter selbst für Fachleute ausgesprochen schwierig zu beurteilen - die Kritik an Gerd Glaeskes Einlassungen macht das ja immer wieder deutlich. Und viertens folgt weder der verschreibende Arzt noch der Patient dem Prinzip der Gewinnmaximierung, sondern lediglich der Apotheker.

Es wäre meiner Meinung nach also geradezu fatal, wenn man den "Markt" der Rx-Arzneimittel nach ganz normalen Marktregel, wie sie vermutlich vielen liberalen Welpen durchaus präsent sind, bespielen würde. Ich bringe hier immer wieder das Beispiel der Mutter, die nächtens an der Tür der dienstbereiten Apotheke läutet und unbedingt jetzt sofort das Antibiotikum für das brüllende Otitis-media-Kind zuhause braucht. In einem wirklichen Markt würde die genauso "ausgenommen wie ne Weihnachtsgans" wie das der Schlüsseldienst mit Ihnen macht, wenn Sie sich nachts aussperren. Und genau weil wir DAS bei Arzneimitteln eben NICHT wollen, haben wir uns politisch GEGEN normale Marktregulationsmechanismen in der Versorgung mit verschreibungspflichtigen Arzneimitteln entschieden.

Welpenschutz

von Dr. Arnulf Diesel am 01.12.2016 um 20:01 Uhr

Die Jugendorganisation der Partei, die sich einmal für Unternehmer stark gemacht hat, sollte lieber dafür sorgen, daß ihre Welpen sich erst äußern, wenn sie auch erwachsen sind, und sozusagen mitheulen dürfen. In welche nächste Filiale soll der Bürger laufen - noch gibt es keine Ketten. Egal was im Apothekenmarkt passiert - vermutlich wird die FDP sowieso keinen Einfluß darauf nehmen können. Was hat das EuGH-Urteil denn mit "digital" zu tun - digital können die meisten deutschen Apotheken schon lange, egal ob vor Ort oder als Versandapotheke. Und die Politik hat unsere Wettbewerbsmöglichkeiten doch bisher eher beschränkt, sonst würden wir als Geschäftsleute auch über Rx EKs verhandeln. Vielleicht dachte man ja in der Steinzeit, es würde einer gesicherten Versorgung dienen, wenn nicht alles dem freien Markt überlassen wird. Vorschlag an die FDP: Mehr Wettbewerb auch bei den Arzthonoraren, dann gehen die Mediziner als Wähler auch noch verloren. Empfehlung an die Welpen: Wenn Ihr gewonnen habt, schaltet die Playstation aus...

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AW: AmPrVO

von Holger Hennig am 02.12.2016 um 9:49 Uhr

Sie hätten scheinbar am liebsten freie EK-Verhandlungen mit den Lieferanten bei gleichzeitig fixierten Abgabepreisen durch AmPrVO - oder wie?? Seien Sie mal sicher, dass bei einer theoretischen Freigabe der EK-Preisverhandlungen gleichzeitig auch die Krankenkassen das Recht bekämen, mit Ihnen über Erstattungs(höchst)preise zu verhandeln. Und wer da am längeren Hebel gegenüber 20.000 "Budenbesitzern" säße, darüber müssen wir hoffentlich nicht streiten. Für die AmPrVO gibt es überhaupt nur eine Rechtfertigung und die geht vom PATIENTEN aus, nicht vom Apotheker oder Großhändler. Deren fixierte Spannen sind dann nur logische Konsequenz der Fixierung am Ende, genauso wie AMNOG die logische (allerdings aus meiner Sicht erstens massiv verspätete und zweitens noch deutlich insuffiziente) Konsequenz aus übermäßiger Gier der pharmazeutischen Unternehmer ist. Nur um es in dem unvollständigen "Markt" der Arzneimittelversorgung nicht zu einer Asymmetrie zu Lasten des Patienten kommen zu lassen, machen fixierte Preise Sinn.

Also bei Ihrem Verständnis von "Welpenrechten" möchte ich nicht wissen, wie Sie - sollten Sie welche haben - Ihre Kinder erzogen haben. Selbstverständlich dürfen auch Welpen ihre Meinung äußern!! Die Frage ist lediglich, wie ernst man diese Meinungsäußerungen nimmt. Dies wiederum würde ich vor allem vom Thema abhängig machen.

Liberalisierung der Arzneimittelversorgung

von Michael Hofheinz am 01.12.2016 um 20:01 Uhr

Man kann zu Daniel Bahr stehen wie man will, aber in seiner Rede am 28.9.2006 zum Antrag der GRÜNEN zur Aufhebung des Fremd-und Mehrbesitzverbotes hat er als Liberaler und Verantwortlicher deutlich festgestellt, dass eine einseitige Liberalisierung der Arzneimittelversorgung halt doch eine ungerechte Rosinenpickerei ist und deshalb schweren Herzens abzulehnen ist. (http://dipbt.bundestag.de/doc/btp/16/16054.pdf Seite 122)

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Welpen? Quiek!

von Andreas P. Schenkel am 01.12.2016 um 18:43 Uhr

Mag sein, dass die Jungen Liberalen von einer Art "Welpenschutz" profitieren, in dem Sinne, dass sie von keinem FDP-Alttier gebissen werden, wenn sie verbalen Mist gebaut haben.

Wir Apotheker, das immerhin ist am schrägen Bild des JuLi-Bundesvorsitzenden richtig, können keinen Welpenschutz beanspruchen. Wie auch, wir sind uralt, über 750 Jahre mittlerweile.

Wir wurden von Kaiser Friedrich II erschaffen. Und wer sich schon einmal mit diesem Glücksfall der monarchischen Staatsverfasstheit (wie viele Dumpfbacken erbten in der Geschichte der Menschheit doch schon den Thron!) befasst hat, der weiß, dass so ziemlich jeder Politiker dagegen wie ein abgesägter Wicht wirkt. Aber es ist heute mal wieder bei einigen Parteien schwer in Mode zu glauben, man habe die ultimative Intelligenz, um alles ganz neu und viel besser zu machen.

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