BfArM verliert Homöopathie-Prozess

Erneute Zulassung auch ohne Nutzen-Nachweis

Stuttgart - 02.12.2016, 12:10 Uhr

Verlängerung der Zulassung selbst ohne Belege für den Nutzen: Das BfArM musste vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Niederlage einstecken. (Foto: M. Tröger)

Verlängerung der Zulassung selbst ohne Belege für den Nutzen: Das BfArM musste vor dem Bundesverwaltungsgericht eine Niederlage einstecken. (Foto: M. Tröger)


Wirksamkeit unzureichend begründet, mögliche Placeboeffekte

Wie auch zuvor die Kollegen des Verwaltungsgerichts Köln gingen sie davon aus, dass die „therapeutische Wirksamkeit unzureichend begründet ist“ und sich aus den vorgelegten Unterlagen nicht ergebe, dass sich mit Cefamadar „therapeutische Erfolge erzielen lassen“. Die Pharmafirma hatte Anwendungsbeobachtungen vorgelegt, bei denen Probanden auch eine Diät oder Sport gemacht hatten, was laut den Richtern den Verlust ihrer Pfunde „ohne Weiteres“ erklären könnte.

Auch existierte keine Vergleichsgruppe. „Dies spricht für mögliche Placeboeffekte“, urteilten die Richter. Die Aussagekraft einer anderen Beobachtungsstudie mit nur 21 Patienten sei „erheblich eingeschränkt“, erklärten sie. „Ferner lassen die Anwendungsbeobachtungen ebenfalls nicht erkennen, dass die therapeutischen Ergebnisse auf das streitgegenständliche Arzneimittel zurückzuführen sind.“ Doch sei nicht „belegbar zu verneinen“, dass es einen Nutzen geben könnte.

Ausreichend stark verdünnt

Die dünne Beweislage hielt nun auch die Richter des Bundesverwaltungsgerichts nicht davon ab, für die weitere Zulassung zu votieren. In ihrem schriftlich noch nicht vorliegenden Urteil wiesen sie die Revision des BfArM gegen die Entscheidung des OVG Münsters zurück, nachdem die „Erschütterung der Annahme der Wirksamkeit“ noch kein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis begründe. Die Behörde habe keine „konkreten, unvertretbaren Risiken“ dargelegt, die aus der bestimmungsgemäßen Anwendung des Arzneimittels folgen, hatten schon die Richter in Münster erklärt. Cytotoxische oder Fingerhut-ähnliche Wirkungen könnten nicht angenommen werden, da nicht die Eigenschaften der verwendeten Substanz ausschlaggebend seien – sondern allein, ob vom konkreten Arzneimittel Risiken ausgingen. Doch aufgrund der laut den Richtern ausreichenden Verdünnung sei dies bei bestimmungsgemäßem Gebrauch nicht der Fall.

Auch ein anderes, von Homöopathie-Kritikern oft vorgebrachtes Argument überzeugte die Leipziger Richter nicht – dass Verbraucher die Anwendung eines wirksamen Präparates unterlassen. Dies reiche „allein für die Annahme eines Risikos und eines darauf gestützten ungünstigen Nutzen-Risiko-Verhältnisses nicht aus“, hatte schon das OVG Münster entschieden.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


3 Kommentare

Zulassung ohne Nachweis eines Nutzens

von Frank Bünder am 03.12.2016 um 13:21 Uhr

Der Kommentar von Dr. E. Berndt ist tendenziös und somit völlig irrelevant.

Nachgewiesene zehntausende Geschädigte jedes Jahr durch den teilweise schulmedizinischen Unsinn und massenhafter Fehlbehandlungen inkl. tausender durch ärztliche Fehldiognostik - und Behandlung ums Leben gekommener Patienten strafen Sie Lügen! Dies trotz besseren Wissens! Da nützt auch die durch die Presse praktizierte pro ärztlicher Schulmedizin tendenziöse Berichterstattung nichts. Die Tatsachen sprechen für sich, wer von wem wo geschädigt wird.

Frank Bünder, Heilpraktiker

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Zulassung ohne Nachweis eines Nutzens

von Dr. E. Berndt am 05.12.2016 um 16:26 Uhr

Was ist tendenziös?
Ist fachliche Aufkärung tendenziös?

Erneute Zulassung auch ohne Nutzen-Nachweis

von Dr. E. Berndt am 02.12.2016 um 13:41 Uhr

Klassische Formaljuristerei.
Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass es vor Gericht immer weniger um reale Tat- u. Sachbestände geht sondern immer mehr um Formalismen in der Urteilsfindung.
Dies, so scheint es, ist in der Medizin besonders ausgeprägt. Aber nicht nur die Homöopathie profitiert davon. Das Heilpraktikerwesen in Deutschland lebt davon.
Die Erkrankten und ihr Geldbeutel profitieren davon nicht.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.