Richtiger Anreiz?

Wenn Firmen Gesundheit belohnen

Stuttgart - 27.12.2016, 10:25 Uhr

Das Bonus-Projekt, das Daimler beschlossen hat, ist einzigartig. Viele andere großen Unternehmen setzten auf Prävention. (Foto: drubig-photo / Fotolia)

Das Bonus-Projekt, das Daimler beschlossen hat, ist einzigartig. Viele andere großen Unternehmen setzten auf Prävention. (Foto: drubig-photo / Fotolia)


Kürzungen bei Sonderzahlung explizit erlaubt

Rechtlich ist Daimler auf der sicheren Seite: Das Entgeltfortzahlungsgesetz stehe dem nicht im Wege, sagt Hans-Hermann Aldenhoff, Leiter der deutschen Büros der internationalen Kanzlei Simmons & Simmons. Im Gegenteil: Dort ist eine Kürzung von Sonderzahlungen wegen Krankheit explizit erlaubt. Aufpassen müssen Arbeitgeber laut Aldenhoff nur, wenn ältere oder behinderte Mitarbeiter diskriminiert werden. Sie könnten unter Umständen einen Schadenersatzanspruch geltend machen. In Daimlers Betriebsvereinbarung ist nach dpa-Informationen aber eine Härtefallregelung vorgesehen.

Gesundheits-Experten sehen das Thema gespalten: „Ein positiver Aspekt könnte sein, dass die Eigenverantwortung gestärkt wird“, sagt etwa Elke Ahlers von der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. „Allerdings ist fraglich, ob finanzielle Anreize da das richtige Modell sind.“ Besser wäre die individuelle Ansprache des Mitarbeiters darüber, wie sich seine jeweilige Arbeits- und Gesundheitssituation verbessern lasse. „Sonst besteht auch die Gefahr, dass Krankheiten verschleppt werden.“ Das wiederum würde dem Präventionsgedanken des Arbeitsschutzgesetzes widersprechen.

Auch bei der Techniker Krankenkasse warnt man: „Wenn die Bonifizierung einer niedrigen Fehltagezahl aber dazu führt, dass Mitarbeiter krank zur Arbeit gehen, profitieren weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer.“ Dabei könne es durchaus sinnvoll sein, gesundheitsbewusstes Verhalten zu honorieren. „Zum Beispiel, indem man ein Fitnessangebot im Betrieb installiert, die Mitgliedschaft im Fitnessstudio bezuschusst, einen Nichtraucherkurs anbietet oder das gesunde Kantinenessen bezuschusst.“ Präsentismus hingegen koste mehr als der Produktivitätsverlust durch Fehltage und könne erst recht zu Arbeitsunfähigkeit führen.

Zahlen belegen, dass der Krankenstand in Deutschland stetig steigt. Laut DAK Gesundheit war der Krankenstand im ersten Halbjahr 2016 mit 4,4 Prozent so hoch wie seit rund 20 Jahren nicht. Mehr als jeder dritte Berufstätige (37 Prozent) wurde demnach mindestens einmal krankgeschrieben. Im Schnitt fehlten die Beschäftigten 12,3 Tage.



dpa / DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Betriebsrat

von Anonym am 26.01.2017 um 11:58 Uhr

Hallo liebe Redaktion,
Sie sind eine der wenigen Zeitungen, die über das Gesundheitskonzept von Daimler positiv berichtet. Insbesondere kritisch war soweit der Beitrag von Betriebsrat Blog hier: http://blog.betriebsrat.de/gesundheitsschutz/anwesenheitsbonus-bei-daimler-nur-fuer-gesunde-mitarbeiter-anreiz-oder-symbolik/ . Wie in vielen deutschen und schweizerischen Medien, empören sich die Autoren wegen dem eingeführten Anwesenheitsbonus und nannten ihn „Bestrafung für Kranke“. Natürlich, €200 im Jahr können keinen so richtig überzeugen, im Fall einer richtigen Krankheit doch ins Büro zu schleppen. Doch sind die Boni oft auch eine Statussache und die Mitarbeiter, die es nicht geschafft haben, könnten sich abgegrenzt und als nicht anerkannt fühlen.
VG

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