EuGH-Urteil

Gröhe spricht mit EU-Kommissar über das Rx-Versandverbot

Berlin - 20.01.2017, 07:00 Uhr

Rx-Versandverbot fest im Blick: EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis will am heutigen Freitag mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe darüber sprechen, ob das Rx-Versandverbot euoparechtlich machbar wäre. (Foto: dpa)

Rx-Versandverbot fest im Blick: EU-Kommissar Vytenis Andriukaitis will am heutigen Freitag mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe darüber sprechen, ob das Rx-Versandverbot euoparechtlich machbar wäre. (Foto: dpa)


Sollten sich Union und SPD auf das Rx-Versandverbot verständigen, beginnt ein monatelanger Abstimmungsprozess in der EU. Kritiker meinen, dass das Verbot europarechtlich nicht haltbar wäre. Der EU-Kommissar für Gesundheit, Vytenis Andriukaitis, besuchte am gestrigen Donnerstag den Bundestags-Gesundheitsausschuss und zeigte sich für alle Lösungen offen. Am heutigen Freitag spricht Andriukaitis mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe über den Versandhandel.

Die EU-Kommission nimmt auf EU-Ebene die Aufgaben der Exekutive wahr und entspricht auf nationalstaatlicher Ebene dem Organ einer (Bundes-)Regierung. So wie die Bundesregierung in Deutschland besteht die EU-Kommission aus mehreren „Ministern“, wobei diese in der Kommission „Kommissare“ heißen. Jeder der 28 Mitgliedstaaten darf einen Kommissar nach Brüssel entsenden und jeder EU-Kommissar bekommt ein Themenfeld zugewiesen. Der Litaue Vytenis Andriukaitis ist derzeit für das Thema Gesundheit zuständig.

Andriukaitis ist Chirurg und hat in seinem Heimatland bereits eine beachtliche politische Karriere hinter sich. Anfang der Neunzigerjahre wirkte er bei der Unabhängigkeit Litauens mit und war zwischen 1992 und 2014 Mitglied des litauischen Parlamentes. Andriukaitis ist Mitglied der sozialdemokratischen Partei Litauens. Zwischen 2012 und 2014 war der Litaue Gesundheitsminister seines Landes. Seit 2014 ist er in der EU-Kommission zuständig für das Thema Gesundheit.

Als Vertreter der EU-Kommission ist er unter anderem für die Kommunikation zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission in Sachen Gesundheitspolitik zuständig. Am gestrigen Donnerstag hatte der Gesundheitsausschuss des Bundestages die Gelegenheit, den Kommissar zu seiner Meinung zum EuGH-Urteil zur Rx-Preisbindung zu befragen. Dem Vernehmen nach gingen viele Abgeordnete mit keinem großen Erkenntnisgewinn aus der Sitzung heraus. Auf die Frage, ob ein Rx-Versandverbot europarechtlich haltbar wäre, soll er ausweichend geantwortet haben.

EU-Kommissar hält Überlegungen für legitim

Er sagte, wenn Internet-Verkäufe von Medikamenten zu Problemen in einem EU-Land führten, sei es legitim, sich zu überlegen, wie das Problem zu lösen ist. Bei vielen Fragen soll der Litaue auf ein weiteres wichtiges Gespräch verwiesen haben: Der Kommissar kündigte an, er wolle am heutigen Freitag mit Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) über die Problematik sprechen. Andriukaitis betonte, der Zugang zu Medikamenten sei sehr komplex und eine große Herausforderung in den EU-Staaten.

Gröhe dürfte die Gelegenheit nutzen, den EU-Kommissar auf seinen Referentenentwurf hinzuweisen. Der Minister hatte vor Weihnachten einen Vorschlag vorgelegt, der als Reaktion auf das EuGH-Urteil das Verbot des Rx-Versandhandels vorsieht. Offiziell weiß die EU noch nichts von diesem Plan: Denn in einem Schreiben der Bundesregierung an die EU-Kommission hatte unter anderem Gröhe bislang nur erwähnt, dass man derzeit noch mögliche Lösungen prüfe – das Rx-Versandverbot wurde aber noch nicht mitgeteilt.

Andriukaitis Meinung zu diesem Thema ist nicht unwesentlich. Denn sollten sich Union und SPD auf das Rx-Versandverbot einigen, startet ein sogenanntes EU-Notifizierungsverfahren. Die Bundesregierung müsste das Verbot im Rahmen dieses Verfahrens allen EU-Staaten und der EU-Kommission zur Prüfung vorlegen. Sowohl die Mitgliedstaaten als auch die Kommission könnten dann Bedenken anmelden.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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