Rechtliche Zweifel

Gröhe prüft Reform des Gemeinsamen Bundesausschusses

Berlin - 17.02.2017, 08:30 Uhr

Zweifel an der Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gibt es schon länger. (Foto: G-BA)

Zweifel an der Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gibt es schon länger. (Foto: G-BA)


Da von Seiten des Bundesverfassungsgerichts mehrfach Zweifel an der demokratischen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses geäußert wurden, hat das Bundesgesundheitsministerium drei Gutachten hierzu in Auftrag gegeben. Ziel ist offenbar, Probleme in der nächsten Legislaturperiode zu beheben. Bekommen auch Apotheker einen Platz in der Selbstverwaltung?

Wie das Bundesgesundheitsministerium (BMG) gegenüber DAZ.online bestätigte, hat es mehrere Rechtsgutachten zur verfassungsrechtlichen Legitimation des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vergeben. „Hintergrund der Beauftragung sind in der aktuellen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts enthaltene Hinweise, die Anlass zu einer umfassenden rechtswissenschaftlichen Analyse der verschiedenen gesetzlichen Grundlagen zu den zahlreichen Regelungsaufträgen des G-BA geben“, erklärt ein Sprecher auf Nachfrage.

Ziel der drei Gutachten ist laut BMG „die Schaffung von Entscheidungsgrundlagen“ für das Ministerium „hinsichtlich eines möglichen gesetzgeberischen Änderungs- oder Konkretisierungsbedarfs an bestehenden gesetzlichen Regelungsaufträgen bzw. für die Formulierung künftiger gesetzlicher Regelungsaufträge an den G-BA“. Laut Informationen der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ sollen die Gutachten vom Jurist Winfried Kluth aus Halle, dem Sozialrechtler Thorsten Kingreen und dem Augsburger Juristen Ulrich Gassner erstellt werden. Mit einer Vorlage der Gutachten werde nicht vor Mitte dieses Jahres gerechnet, erklärte ein Sprecher – sodass sie jedoch Grundlage für einen Koalitionsvertrag der zukünftigen Regierung werden könnten.

Gibt es eine unzulässige Fremdbestimmung?

„Während das Bundessozialgericht die Verfassungsmäßigkeit des G-BA bejaht, hat sich das Bundesverfassungsgericht dazu bisher nicht abschließend geäußert“, erklärt eine kürzlich veröffentlichtes Papier des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags. Dabei kommt dem G-BA bei der Gesundheitsversorgung in Deutschland eine tragende Rolle zu – da er beispielsweise über die Erstattungsfähigkeit medizinischer Therapien entscheidet. Doch ist das Selbstverwaltungs-Gremium angesichts seiner weitreichenden Kompetenzen ausreichend demokratisch legitimiert?

Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, hatte mehrfach auf „Bedenken zu einer in der Demokratie unzulässigen Fremdbestimmung“ hingewiesen. Auch in Beschlüssen des Gerichts klangen diese bereits an – jedoch kamen die Verfassungsrichter bislang nicht an den Punkt, an dem sie die Verfassungsmäßigkeit des G-BA genauer hätten prüfen müssen. Andere Juristen kritisieren grundsätzlich, dass solchen Gremien die demokratische Legitimation zum Erlass von Leistungs- und Berufsregeln ohne Beteiligung der betroffenen Versicherten und Leistungserbringer fehlt, hatte Kirchhof darüber hinaus im DAZ-Interview erklärt.

Eine Möglichkeit sei, den G-BA organisatorisch als Bundesoberbehörde unter der fachlichen Aufsicht des BMGs zu organisieren, das dann die demokratische Verantwortung für seine Regeln trüge, sagte Kirchhof – eine andere, ihn mit allen betroffenen Berufsgruppen zu besetzen, „sodass dem Selbstverwaltungsgedanken wieder genügt würde“. Also auch mit Apothekern? „Wenn berufsrelevante Regeln erlassen werden, kann das nur durch das allgemein demokratisch legitimierte Parlament oder durch ein Gremium unter Beteiligung der betroffenen Berufsgruppe geschehen“, hatte der Verfassungsrichter seinerzeit erklärt. 


Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Oha!

von Christiane Patzelt am 17.02.2017 um 9:15 Uhr

Herr Gröhe gefällt mir von Tag zu Tag mehr!

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