Antrag auf Haftstrafe

Steuerbetrugsvorwürfe gegen Versandapotheker gehen zum BGH

Chemnitz - 13.03.2017, 12:00 Uhr

Der Apotheker bezahlte knapp zwei Millionen Euro zu wenig Umsatzsteuer – trotz Freispruch wirft ihm die Staatsanwaltschaft weiter Betrug vor. (Foto: Wolfilser / Fotolia)

Der Apotheker bezahlte knapp zwei Millionen Euro zu wenig Umsatzsteuer – trotz Freispruch wirft ihm die Staatsanwaltschaft weiter Betrug vor. (Foto: Wolfilser / Fotolia)


Ein niederländischer Versandapotheker soll nach Ansicht der Staatsanwaltschaft drei Jahre in Haft – da er knapp 2 Millionen Euro Umsatzsteuer hinterzogen haben soll. Das Landgericht Chemnitz hatte ihn freigesprochen, da mehrere Steuerberater den Apotheker beraten hatten und er sich im Irrtum befunden habe. Nun muss der Bundesgerichtshof entscheiden.

Bei dem auch in Deutschland tätigen Apotheker Eugene E. vermutet die Staatsanwaltschaft Chemnitz Steuerbetrug in Millionenhöhe – und will vor den Bundesgerichtshof ziehen. Erst Anfang März hatte das Landgericht den Versandapotheker freigesprochen: Er war wegen acht Fällen der Steuerhinterziehung in den Jahren 2005 bis 2007 angeklagt worden – insgesamt ging es um knapp zwei Millionen Euro, wie eine Gerichtssprecherin gegenüber DAZ.online bestätigt.

E. hatte über seine niederländische Versandapotheke postPills in Deutschland Kunden angelockt – beispielsweise mit Aufwandsentschädigungen von bis zu 25 Euro, wenn sie an einer Anwendungsbeobachtung teilnehmen. Hier galt es, einen Fragebeogen zur Lebensqualität auszufüllen, teilweise läuft das Angebot derzeit noch. Der Apotheker war dabei international sehr aktiv: „Der Angeklagte hatte drei Filialapotheken in Deutschland, eine holländische Versandapotheke – um die es im Verfahren ging – und mehrere ausländische Apotheken unter anderem in der Schweiz und Frankreich“, erklärt die Gerichtssprecherin.

Der Steuerschaden entstand, da E. offenbar deutlich geringere Umsatzsteuersätze in den Niederlanden abführte – als die höheren in Deutschland, wie es nötig gewesen wäre. Die Steuern sind laut der Pressesprecherin inzwischen nachgezahlt. 

Wusste der Apotheker, wo er zahlen musste?

Fraglich ist, ob der Versandapotheker wusste, wo er die Umsatzsteuer abführen muss. Nach der Entscheidung, die schriftlich noch nicht vorliegt, wusste er weder, dass er die Umsatzsteuer in Deutschland leisten musste, wie die Sprecherin erläutert. „Er hat sich im Irrtum befunden, weil er durch mehrere Steuerberater beraten war – daher konnte man nicht sagen, dass er das hätte wissen müssen“, erklärt die Gerichtssprecherin.

Doch die Staatsanwaltschaft zeigt sich von der Argumentation des Gerichts nicht überzeugt: Gegen den Freispruch legte sie vergangene Woche Revision ein und beantragte drei Jahre Haft für E. Inwiefern gegen die Steuerberater vorgegangen werde, kann die Pressesprecherin nicht beantworten – es handele sich im Wesentlichen um ausländische Steuerberater. „Es war nur ein deutscher Steuerberater beteiligt“, erklärt die Sprecherin gegenüber DAZ.online. „Erkenntnisse zu einer Verfolgung der Steuerberater liegen beim Landgericht nicht vor.“

Sollte es im Zuge der Revision zu einer Verurteilung kommen, könnten E. auch berufsrechtliche Konsequenzen drohen – bis hin zum Entzug der Approbation. Dies prüft die zuständige Apothekerkammer, falls eine rechtskräftige Verurteilung durch den Bundesgerichtshof erfolgt. 



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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1 Kommentar

Wissen oder Nichtwissen....

von Michael Weigand am 13.03.2017 um 12:27 Uhr

...also in Fachzeitschriften wie der DAZ wird dieses Thema doch schon seit Beginn des Versandhandels diskutiert. Da sich hinzustellen und zu behaupten, dass man das nicht wusste, ist doch schon ein starkes Stück. Aber im Verhältnis zu manch anderen ist ja postpills ein kleines Licht. Die Kleinen hängt man, die ....lässt man laufen....und die SPD findet das weiterhin SUPER....Steuerhinterzieher wie der oben Genannte als Bereicherung (?) unseres Gesundheitssystems....

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