BKK-Dachverband zum Rx-Versandverbot

BKKen wollen Sicherstellungsfonds für Landapotheken

Berlin - 14.03.2017, 17:00 Uhr

Stellungnahme zum Rx-Versandverbot: Aus Sicht des BKK-Dachverbandes muss das derzeitige Apothekenhonorar komplett umgestellt werden. Grundsätzlich wollen die BKKen mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt. (Foto: DAZ.online)

Stellungnahme zum Rx-Versandverbot: Aus Sicht des BKK-Dachverbandes muss das derzeitige Apothekenhonorar komplett umgestellt werden. Grundsätzlich wollen die BKKen mehr Wettbewerb im Apothekenmarkt. (Foto: DAZ.online)


In seiner Stellungnahme zum geplanten Rx-Versandverbot kritisiert der Dachverband der Betriebskrankenkassen dieses nicht nur heftig, sondern fordert auch ein Höchstpreismodell und mehr Wettbewerb. Einen Fonds zur Sicherstellung der Landversorgung könnten Apotheker selber gegenfinanzieren, schlägt der Verband vor.

In seiner Stellungnahme zum Rx-Versandverbot, zu welchem Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) im Dezember einen Gesetzentwurf präsentiert hatte, kritisiert der Dachverband der Betriebskrankenkassen (BKK) dieses heftig. „Bisherige Erfahrungen mit dem Versandhandel zeigen, dass vor allem chronisch Kranke, die dauerhaft und regelmäßig ihre Arzneimittel brauchen, Versandapotheken gern und oft nutzen“, erklärt der Verband.

Denn BKK-Versicherten Versicherten möchte der BKK-Dachverband diese Option erhalten – „insbesondere in ländlichen Regionen mit geringerer Apothekendichte“, heißt es. „Lobbyisten der Apothekerschaft“ würden argumentieren, ausländische Versandapotheken gefährden die Sicherstellung einer wohnortnahen Versorgung – insbesondere Apotheken auf dem Land und damit die dortige Versorgung seien in Gefahr, schreibt der BKK-Dachverband.

BKKen haben höheren Versand-Anteil

Doch nach Einschätzung der BKKs führe schon der geringe Anteil der Arzneimittelausgaben für Versandapotheken von nur 0,95 Prozent in der gesetzlichen Krankenversicherung das Argument „ad absurdum“, Versandapotheken würden die Arzneimittelversorgung gefährden. Dabei ist bei ihnen der Anteil etwas höher: Da Betriebskrankenkassen bereits seit rund zehn Jahren ihren chronisch kranken Versicherten den Versandhandel anbieten, beliefen sich bei den BKK 1,73 Prozent der Arzneimittelausgaben auf Online-Apotheken, erklärt der Verband.

Schon zuvor hatte der Dachverband die Wichtigkeit von Versandapotheken betont. Die Anforderungen an eine fachlich qualifizierte Beratung sei für alle Vertriebswege gleich hoch, hieß es in einer Stellungnahme – „egal ob Apotheker vor Ort oder Pharmakologe an der Info-Hotline des Versandhändlers“. 

Wettbewerb und neues Honorarmodell statt Versandverbot

Als Ausweg aus den ungleichen Wettbewerbsbedingungen, die der EuGH durch Rx-Boni für EU-Versandapotheken geschaffen hat, schlägt der Dachverband nun die Einführung eines Höchstpreismodells vor. Außerdem solle die Apothekenhonorierung umgestellt werden. „Grundsätzlich sollten sich alle Apotheken mehr über einen Qualitäts-, Leistungs- und Servicewettbewerb voneinander differenzieren, als über den Preis eines Arzneimittels“, heißt es in der Stellungnahme. „Perspektivisch sollte daher nicht mehr die Zahl der abgegebenen Packungen für die Vergütung von Apotheken ausschlaggebend sein.“

Ähnlich hatte sich bereits zuvor der Chef des BKK-Dachverbands Franz Knieps gegenüber DAZ.online positioniert. „Das geforderte Verbot des Rx-Versandhandels halte ich für einen schlechten Scherz“, erklärte Knieps – „wenn die Apotheker bei jeder Sache immer sagen, dass die Welt untergeht, dann ist das beim dritten Mal unglaubwürdig“.

BKK: Rx-Boni gehören den Versicherten

Gleichzeitig hatte der BKK-Chef gefordert, dass Rx-Boni bei gesetzlich Versicherten auch den Kassen zustünden – eine Forderung, die der Verband in seiner Stellungnahme nun wiederholt. „Arzneimittel werden von den Krankenkassen und damit von allen Versicherten solidarisch finanziert“, betont er. „Versicherte, die zuzahlungsbefreit sind, sollen keinen Bonus erhalten dürfen.“ So werde sichergestellt, dass Versicherte nicht vom Bezug verschreibungspflichtiger Arzneimittel über die Solidargemeinschaft der gesetzlichen Krankenversicherung finanziell profitieren.

Über ein neues Apotheken-Vergütungsmodell könnten neue Anreize zur Arzneimittelversorgung gegeben werden, erklärt der BKK-Dachverband – sowie auch zur Wahl des Standortes von Apotheken. „Derzeit siedeln sich Apotheken vor allem dort an, wo sie am meisten Rezepte erwarten können“, heißt es. Gleichzeitig macht der Verband einen Vorschlag, wie zukünftig die flächendeckende Versorgung sichergestellt werden kann: Es wäre „die Errichtung eines durch die Apotheken selbst finanzierten Sicherstellungsfonds denkbar“, erklärt der BKK-Dachverband.



Hinnerk Feldwisch-Drentrup, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


Diesen Artikel teilen:


Das könnte Sie auch interessieren

Ersatzkassen, AOK-Bundesverband und BKK-Dachverband gegen Rx-Versandverbot

Krankenkassen auf Konfrontationskurs

BKK-Chef fordert „kreativen Wettbewerb“ mit Versendern

Knieps pro Rx-Versand

BKK-Dachverband zum geplanten Rx-Versandverbot

„Ein Beispiel für den Erfolg ständischer Lobbypolitik“

ALBVVG-Stellungnahmeverfahren

BKK-Bundesverband pocht auf Nullretax

Light-Apotheken, Apothekenbusse, Honorar-Absenkung

BKK-Verband: Apotheker erhalten 530 Millionen Euro aus der Gießkanne

Die letzte Woche

Mein liebes Tagebuch

8 Kommentare

Ach....

von gabriela aures am 15.03.2017 um 13:16 Uhr

...wer hat denn da in Honecker's Schubladen gekruscht ?


"Es wäre „die Errichtung eines durch die Apotheken selbst finanzierten Sicherstellungsfonds denkbar“, erklärt der BKK-Dachverband."

Ich finde, es reicht auch eine VeKK (Volkseigene KrankenKasse), bei der der Verwalter ein kleines Verwalter-Gehalt bekommt.
Diese Glaspaläste und horrenden Vorstandsgehälter bis in die 3. Garde runter sind sowas von unsolidarisch.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Irreführung

von Reinhard Rodiger am 15.03.2017 um 11:23 Uhr

Gerade Herr Knieps, müsste wissen, wie gross die Bedeutung der Kopplung von Versand und Krankenkasse ist. Sie weist auf Grössenordnungen über 20 %.(USA).Derzeit haben wir Rx.Versandzuwachsratenim hohen zweistelligen Bereich.Er müsste auch wissen, dass 99,9 % durch die inhärente Dynamik ausgehungert werden.Genauso sollte er berücksichtigen, dass bei der heutigen Rx-Versandfreigabe ein Alternativsystem der Honorierung Jahre dauert, in denen die normative Kraft des Faktischen ihre Arbeit bereits getan hat.Allein deshalb muss jetzt eingegriffen werden.
Es ist daran zu erinnern, dass er immer mit ungleich langen Spiessen gearbeitet hat.Unvergessen bleibt die auf vergleichbarer Verdrängung der Fakten beruhende Behauptung, der Grosshandel würde seine Ertragsminderung nicht abwälzen.

Es ist systematische Irreführung, den zerstörerischen Einfluss dieser Entwicklung sowohl über "so wenig ist nicht gefährlich"
als auch über Regelungen, die zu spät greifen, wissentlich zu verniedlichen.

Nicht zuletzt,welcher Sinn bleibt übrig, wenn die wichtigsten Aufgaben respektive Kunden abgezogen werden?


» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Wettbewerb? Bitte nur bei den anderen.

von Heiko Walther am 15.03.2017 um 9:29 Uhr

Die Kassen rufen nach Wettbewerb bei den Apotheken. Möchten sich selbst aber vor genau diesem schützen. Eine Höchstpreisverordnung schützt natürlich die kleinen Kassen vor höheren Preisen.Ausserdem haben wir Rabattverträge weil genau diese Verordnung nicht kam. Sollte sich dies ändern ist der Deal aufgehoben. Ergo keine Rabattverträge mehr. Schlechte Kunden sollten im Wettbewerb auch mehr zahlen. Wenn ich einen Wartungsvertrag abschliesse wird es im Ernstfall auch billiger. Bitte wie wird man Pharmakologe?? Diese Berufsbezeichnung ist mir schon bei Wikipedia in Bezug auf Gerd Glaeske aufgefallen. Glaeske ist von Beruf Apotheker (nicht mehr und nicht weniger). Ich freue mich auf einen Wettbewerb mit den kleinen BKKen. Das kann richtig teuer werden.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

richtig süß,

von Karl Friedrich Müller am 14.03.2017 um 18:29 Uhr

die Sorgen um die Landapotheke und die Bevölkerung. Eher eine Psychose bei den KK Bossen so langsam.
Auf dem Land die Strukturen zerstören, keine Schulen, keine Kindergärten, keine Läden, keine Ärzte und keine Apotheken.
Was passiert: Die Leute ziehen weg.
Der Versand ist ein wesentlicher Faktor für die Zerstörung. Und die fehlenden Arbeitsplätze.
Die Apotheken bemühen sich jedenfalls, dass auf dem letzten Kaff jeder ! seine Medikamente zeitnah ! bekommt.
Nicht der Versand.
noch ein Dummschwätzer. nicht zum Aushalten

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Bkk

von Friedrich Prinz am 14.03.2017 um 18:07 Uhr

"Es wäre die Errichtung eines durch die Apotheken selbst finanzierten Sicherstellungsfonds denkbar“, erklärt der BKK-Dachverband." --Also soll ich meinen Untergang auch noch selbst finanzieren ? Ich glaube mich tritt ein Pferd! Wann fordern wir das Abschaffen der BKKen - braucht eigentlich auch keiner mehr.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

BKK

von Frank Zacharias am 14.03.2017 um 17:44 Uhr

Was sollte von Herrn Knieps auch kommen. Er hat ja seinerzeit mit Ulla Schmidt die ganze Sache begonnen.

„Bisherige Erfahrungen mit dem Versandhandel zeigen, dass vor allem chronisch Kranke, die dauerhaft und regelmäßig ihre Arzneimittel brauchen, Versandapotheken gern und oft nutzen“, erklärt der Verband.

Dann weiter:

"Doch nach Einschätzung der BKKs führe schon der geringe Anteil der Arzneimittelausgaben für Versandapotheken von nur 0,95 Prozent in der gesetzlichen Krankenversicherung das Argument „ad absurdum“,

Na was denn nun, viel oder wenig? Das ist ja Argumentation a`la DocMorris.

Zitat: „Das geforderte Verbot des Rx-Versandhandels halte ich für einen schlechten Scherz“, erklärte Knieps – „wenn die Apotheker bei jeder Sache immer sagen, dass die Welt untergeht, dann ist das beim dritten Mal unglaubwürdig“.

Wenn ich jedesmal die Wahrheit sage, wieso werde ich dann unglaubwürdig? Wenn der Mathelehrer in der Grundschule fragt: Was ist 1+ 1? dann ist doch die richtige antwort auch immer 2. Und nicht heute 2 und morgen 3 usw. Wer sich die Wirtschaftsdaten objektiv anschaut, der erkennt das Problem.

Die Kassen sollen offen sagen, dass ihnen das derzeitige System der wohnortnahen, flächendeckenden und qualifizierten Arzneimittelversorgung durch inhabergeführte Apotheken ein dorn im Auge ist. Aber dann sollen sie auch offen sagen, was denn die Alternative darstellt - mitt allen Konsequenzen. und nicht wie sonst immer 80% verschweigen, zufällig immer die unangenehmen Wahrheiten.

» Auf diesen Kommentar antworten | 0 Antworten

Ok

von Peter Lahr am 14.03.2017 um 17:16 Uhr

Also mit diesem Wording ist klar, dass man uns gerne diskreditiert, alleine durch "geschickte" Wortwahl:

„egal ob Apotheker vor Ort oder Pharmakologe an der Info-Hotline des Versandhändlers“.

Apotheker: "Wie?Schubladenzieher muss man studieren?"
Pharmakologe "Klar hat der studiert und ist Fachmann, alleine wie das schon klingt, den frage ich lieber als den Arzt oder Apotheker, Versender haben qualifizierteres Personal!"

Und zum tausendsten Male für ganz einfach gestrickte Geister: Der Versand hat NOCH einen Anteil von 1%, weil er bisher nur auf Basis von Qualität und Geschwindigkeit mit uns konkurrieren konnte. Wenn die Rabattschlacht erst richtig beginnt können daraus ganz schnell ganz viel mehr Prozent werden. Wie kann man sich nur so dumm stellen und das auch noch schriftlich von sich geben....

» Auf diesen Kommentar antworten | 1 Antwort

AW: Nein

von Florian Becker am 15.03.2017 um 14:30 Uhr

Leider ist das eben KEIN dumm stellen dieser Blender.
Es ist ein bewusstes Verkürzen, Verschweigen und Verdrehen, im Bewusstsein, dass die meisten (SPD) Parlamentarier nicht so tief in der Materie drin sind, um diese miesen Tricks zu durchschauen.
Redet man aber mal selbst mit SPD-Abgeordneten und erläutert die Hintergründe, erntet man häufig ungläubiges Staunen..

Das Kommentieren ist aktuell nicht möglich.