Frühere Fachinformation

Falsche Dosierungsangaben bei Viread 204mg

Stuttgart - 16.03.2017, 13:30 Uhr

Die Fachinformation von Viread ist aktualisiert. Auch in der Software der Apotheken findet sich die richtige Angabe. (Foto: jb / DAZ.online) 

Die Fachinformation von Viread ist aktualisiert. Auch in der Software der Apotheken findet sich die richtige Angabe. (Foto: jb / DAZ.online) 


Die Fachinformationen des HIV-Therapeutikums Viread 204 mg enthielt etwa zweieinhalb Jahre eine falsche Dosierungsangabe. Das teilt der Hersteller jetzt in einem Rote-Hand-Brief mit. Demnach waren die Angaben zum Körpergewicht für das bei Kindern eingesetzte Arzneimittel nicht richtig. 

Vom 18. September 2014 bis 7. März 2017 fand sich in der Fachinformation von Viread® 204 mg ein Fehler bei der Dosierungsangabe. Das Arzneimittel mit dem Wirkstoff Tenofovir disoproxil wird in Kombination mit anderen antiretroviralen Arzneimitteln zur Behandlung HIV-1-infizierter pädiatrischer Patienten im Alter von sechs bis einschließlich 11 Jahren eingesetzt. Bis vor Kurzem fand sich in der Fachinformation folgende, falsche Angabe: 

  • Viread® 204 mg für Patienten mit einem Körpergewicht von 22 kg bis < 28 kg
  • Viread® 123 mg bzw. Viread® 163 mg für Patienten mit einem Körpergewicht von 17 kg bis < 22 kg bzw. 28 kg bis < 35 kg

Das hat der Hersteller Gilead jetzt in einem Rote-Hand-Brief mitgeteilt. Richtig ist:

  • Viread® 204 mg für Patienten mit einem Körpergewicht von 28 kg bis < 35 kg
  • Viread® 123 mg bzw. Viread® 163 mg für Patienten mit einem Körpergewicht von 17 kg bis < 22 kg bzw. 22 kg bis < 28 kg

Packunsgbeilage war richtig

Allerdings sollen nur die Angaben in der Fachinformation falsch gewesen sein. Die Packungsbeilage von Viread® 204 mg Filmtabletten war von diesem Fehler nicht betroffen. Ein Chargenrückruf oder Rückruf ist daher nicht vorgesehen. Nichtsdestotrotz könnten diese falschen Angaben bei Patienten mit höherem Körpergewicht zu Unterdosierungen führen.Das erhöht die Gefahr der Resistenzbildung. Bei Patienten mit geringerem Körpergewicht hingegen besteht die Gefahr einer Überdosierung und somit eine höheres Risiko für unerwünschte Wirkungen. Daher, so die Empfehlung, sollte bei mit Viread® behandelten Kindern im Alter von 6 bis einschließlich 11 Jahren unbedingt überprüft werden, ob die aktuelle Dosierung richtig ist. Besteht Verdacht auf eine Fehldosierung, muss die Medikation angepasst werden. 

Die anderen Wirkstärken von Viread® – also das Granulat, die Filmtabletten mit den weiteren pädiatrischen Dosierungen von 123 mg und 163 mg sowie die Filmtabletten mit der Standarddosis von 245 mg – scheinen von dem Problem nicht betroffen zu sein. 

Tenofovir

Tenofovir gehört zur Gruppe der nukleotidischen Reverse-Transkriptase-Inhibitoren (NtRTI) und ist gegen HIV-1 und Hepatitis B wirksam. Eingesetzt wird es in Form des Tenofovirdisoproxilfumarats. Das Prodrug Tenofovirdisoproxil wird nach Resorption zum Nukleotid-Analogon Tenofovir, das strukturell dem Adenosinmonophosphat ähnelt, umgewandelt. Es hat einen dualen Wirkmechanismus: Nach Phosphorylierung zum Tenofovirdiphosphat blockiert es für die Virusreplikation essentielle Enzyme, die reverse Transkriptase beim HI-Virus, die DNA-Polymerase beim Hepatitis-B-Virus. Zudem wird es statt des natürlichen Substrats in die DNA eingebaut und führt zum Kettenabbruch. Tenofovir wird gemeinsam mit anderen Wirkstoffen zur im Rahmen einer antiretroviralen Kombinationstherapie zu Behandlung einer HIV-Infektion und zur PrEP (derzeit noch Off-Label) sowie zur Hepatitis-B-Behandlung eingesetzt.
Handelsnamen: Viread® (in Kombination mit anderen Substanzen: Atripla®, Eviplera®, Stribild®, Truvada®)

Apotheker sollen Verdachtsfälle melden

Die aktualisierte Fachinformation von Viread® 204 mg Filmtabletten (Stand September 2016) ist für Apotheken online unter www.fachinfo.de zugänglich. Login ist mit DocCheck-Passwort möglich. Auch in der Roten Liste® sowie in der ABDA-Datenbank sind die richtigen Daten einsehbar.

Die Arzneimittelkommission der deutschen Apotheker (AMK), die die Informationen über den Roten-Hand-Brief ebenfalls veröffentlicht hat weist in diesem Zusammenhang nochmals darauf hin, Verdachtsfälle unerwünschter Wirkungen oder von Fehldosierungen im Zusammenhang mit der Anwendung von Viread® per Berichtsbogen an die AMK zu melden.


Julia Borsch, Apothekerin, Chefredakteurin DAZ
jborsch@daz.online


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