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Serie: Die Besonderen — Heinrich Rothdauscher
Dr. Heinrich Rothdauscher: Apotheker & Abenteurer im 19. Jahrhundert
Die Jahre in Manila: Mit Weißzeug und Klistiers gegen das Tropenklima
Am 14. September 1873 sticht der Abenteurer, 22 Jahre jung, mit dem Dampfer „Meï-Kong“ von Marseille aus in See. Vierzig Tage und 6600 Seemeilen später betritt Rothdauscher zum ersten Mal Manila.
Der erste große Bericht über die Fremde dreht sich um... das Wetter.
Wie jeder tropenreisende Europäer hat Rothdauscher mit dem Klima zu kämpfen. Drei Dutzend weiße Anzüge, „Weißzeug“, lässt er wenige Tage nach seiner Ankunft anfertigen: In Sartorius Apotheke in Manila ist jeden Nachmittag um vier Uhr „Bade- und Umkleidezeit, das verknüllte Weißzeug und die feuchte Unterwäsche musste durch frische Wäsche und scharf gebügelte weiße Hose und Jacke ersetzt werden, in der Apotheke hatte man sich in den Abend-[...]Stunden besonders proper zu präsentieren.“
Auch andere der Hitze geschuldeten Gepflogenheiten verwirrten Rothdauscher zunächst: „Sehr viele Leute gebrauchten ein Klistier mit frischem Wasser bei großer Hitze, es erfrischt den Körper viel mehr als vieles Wassertrinken.“
Vigan und Cebú: Kampf gegen Getier in der Provinz
Obwohl Rothdauscher unter den Europäern in Manila schnell Freunde findet und das rege gesellschaftliche Leben genießt, verlässt er die philippinische Hauptstadt im Sommer 1876.
Nach dem Erlangen des „Titulo“, der zum Führen einer Apotheke bemächtigt, zieht er in das provinzielle Vigan, wo er eine Filialapotheke der Firma Sartorius leitet. Später, nach Auslaufen des Vertrages mit Sartorius, übernimmt er eine Apotheke in Cebú auf der gleichnamigen Insel.
In der Provinz prägt allerlei Getier Rothdauschers Alltag. „Wenn ich am Mikroskop saß und zoologische Präparate machte, erkletterten die Ameisen, die nie müde zu sein schienen, den Tisch und schleppten mir die Präparate weg.“ Für ein Präparat hat er sogar beinahe das Leben gelassen – allerdings nicht an die Ameisen. Die Einheimischen brachten Rothdauscher eine sechs Meter lange Python, auf dass er Arznei aus ihr mache. Die Klinge schon am Schlangenhals, entwindet sich das Tier und stülpt die Kiefer über Rothdauschers Kopf. Doch flink dekapitiert der Apotheker die Schlange, die hernach kopflos im Hof herumkriecht. Forscher durch und durch, lässt sich Rothdauscher „in die Mitte des Platzes einen Tisch stellen mit der Lampe, setzte mich daran mit Lektüre und wollte beobachten, wie lange die Bewegungen des Kadavers anhielten.
Ich trank mein Glas Bier, rauchte meine Pfeife und las und wartete geduldig.“ Nach sechs Stunden wird er des Wartens müde. Die Galle der am nächsten Morgen endlich reglosen Schlange führt Rothdauscher seiner „materia medica“ zu, aus dem Darm entnimmt er Parasiten, die er in Weingeist einlegt (und die er später der Zoologischen Staatssammlung München vermacht) und aus dem Leib schneidet er sich zwei dicke Schnitzel, die er mit englischer Soße verzehrt – und die nicht schmecken.
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