Baden-Württemberg

DocMorris eröffnet Video-Abgabeautomaten in Hüffenhardt

Berlin - 20.04.2017, 15:45 Uhr

Für Kunden eröffnet: DocMorris hat im baden-württembergischen Hüffenhardt eine Video-Apotheke eröffnet. (Foto: Kraichgau Stimme)

Für Kunden eröffnet: DocMorris hat im baden-württembergischen Hüffenhardt eine Video-Apotheke eröffnet. (Foto: Kraichgau Stimme)


Nun ist es also soweit: Die niederländische Versandapotheke DocMorris hat im baden-württembergischen Hüffenhardt einen Video-Abgabeautomaten eröffnet. Zuletzt war der Eröffnungstermin immer wieder verschoben worden. Laut einem Bericht der „Rhein-Neckar-Zeitung“ sollen am gestrigen Mittwoch die ersten Kunden den Automaten genutzt haben.

Das Projekt von DocMorris war in den vergangenen Monaten sehr kontrovers diskutiert worden. Insbesondere die Apothekerkammer Baden-Württemberg, aber auch das Regierungspräsidium Karlsruhe hatten Bedenken hinsichtlich der juristischen Machbarkeit des Projektes. Nun ist der Abgabeautomat aber für die Kunden eröffnet. Gegenüber DAZ.online erklärte ein DocMorris-Sprecher, dass der Automat dauerhaft 8.000 Arzneimittelpackungen im Vorrat habe, hinzu kämen etwa 500 gekühlte Arzneimittel.

Die Öffnungszeiten der Video-Abgabestation sind überschaubar: In der Woche öffnet der Automat in Hüffenhardt um 9 Uhr, um dann zu einer Mittagspause um 12.30 Uhr wieder zu schließen. Am Nachmittag eröffnet die DocMorris-Station dann noch einmal um 15 Uhr die Pforten, um dann um 18 Uhr zu schließen. Am Samstag hat die Video-Station zwischen 9 und 12 Uhr geöffnet.

Der DocMorris-Sprecher betonte, dass man grundsätzlich alle Rabattverträge beliefern könne. Wenn mal eine Firma nicht sofort erhältlich sein sollte, erhalte der Kunde einen Abholschein, mit dem er sich das Medikament zu einem späteren Zeitpunkt abholen kann. Der Sprecher sagte, dass der Automat den Anspruch habe, alle zur Akutversorgung nötigen Arzneimittel beliefern zu können. Allerdings gebe es beispielsweise nicht zehn verschiedene Hersteller für Schmerzmittel, sondern nur zwei.

Beratung per Video-Konferenz

Zum Ablauf der Beratung am Automaten erklärte der Unternehmenssprecher, dass der Kunde beim ersten Kontakt zunächst eine Datenschutzerklärung unterschreiben müsse. Anschließend beginne der Beratungs- und Abgabeprozess mit der Eingabe des Rezeptes in den Automaten. Der Kunde wird dann per Video-Schaltung mit einem DocMorris-Apotheker verbunden. Der Apotheker werde die Bestellung beziehungsweise das Rezept pharmazeutisch überprüfen und anschließend das Medikament im Automaten freigeben.

Ursprünglich sollte der Abgabeautomat schon im Sommer 2016 in Betrieb gehen. Aufgrund von Verzögerungen beim Umbau der alten Apotheke in Hüffenhardt peilte DocMorris dann aber Ende 2016 als Eröffnungstermin an. Auch dieser Termin musste dann aber hinausgezögert werden.

Zur Erklärung: Vor einiger Zeit hatte die Apotheke im Ort geschlossen. Nach monatelangen Suchaktionen war es dem Bürgermeister der Stadt nicht gelungen, einen Nachfolger für die Apotheke zu finden. Die niederländische Versandapotheke hatte dann das Konzept der Video-Apotheke vorgestellt. In der Gemeinde scheint das Konzept sehr gut anzukommen. Der Gemeinderat hat die Errichtung des Abgabeautomaten mehrfach thematisiert und nicht widersprochen.

Widerspruch von Politik, Behörden und Apothekern

In Baden-Württemberg ist das Regierungspräsidium Karlsruhe dafür zuständig, Apotheken eine Betriebserlaubnis zu erteilen. Monatelang hatte DocMorris der Behörde allerdings nicht mitgeteilt, was in Hüffenhardt geplant ist. Gegenüber DAZ.online teilte eine Sprecherin der Behörde nun mit: „Wir haben von DocMorris bisher eine Anzeige auf Lagerung von Medikamenten erhalten – mehr nicht. Wir werden uns in den kommenden Tagen einen Eindruck vor Ort verschaffen, um das zu beurteilen und gegebenenfalls weitere Maßnahmen zu ergreifen. Wenn nicht nur gelagert, sondern auch abgeben wird, müssten wir das erneut prüfen, ob das den Vorschriften entspricht. Gegen eine Lagerung ist jedenfalls nichts einzuwenden. Ein Abgabeterminal müsste aber auf jeden Fall angezeigt werden und geprüft werden, ob es genehmigungspflichtig ist. Da liegt uns aber nichts vor.“

In der Politik hat das DocMorris-Vorhaben auch nicht nur Freunde: Insbesondere der baden-württembergische Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) erklärte mehrfach, dass er gegen die automatisierte Abgabe von Arzneimitteln sei. Sein Kollege Thomas Strobl (CDU), der im Ministerium für Inneres und Digitalisierung sitzt, äußerte sich in Medienberichten zuletzt allerdings offen gegenüber dem Abgabe-Automaten.

Kammer erwartet Einspruch der Behörde

Die Landesapothekerkammer reagierte verstört auf die Eröffnung des Abgabe-Automaten. Geschäftsführer Kasten Dierks sagte gegenüber DAZ.online, dass die Abgabestelle nicht rechtskonform sei. Sie verstoße gegen das Arzneimittelgesetz und die Apothekenbetriebsordnung. Man erwarte nun, dass das Regierungspräsidium tätig werde und eingreife.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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11 Kommentare

Arzneimittelautomaten vrs. Apothekenbetriebsordnung

von Heiko Barz am 21.04.2017 um 12:20 Uhr

DOMO bohrt solange die Bretter, bis ein Loch gefräst ist.
Zur Erinnerung, wir konnten das vom damaligen Justiz und Gesundheitsminister des Saarlandes J. Hecken gesetzwidrig genehmigte DOMO Experiment in Saarbrücken gerade noch stoppen.
Diese berufliche Fehlleistung, die jeden anderen ins Harz 4 Lager vertrieben hätte, gipfelt darin, dass dieser Herr heute als gut dotierter Vorsitzender des GBA weiter sein Unwesen treiben kann.
Diese offensichtliche Ungerechtigkeit kann nur unter höchster politischer Protektion in dieser Bananenrepublik stattfinden.
Armes Vaterland, wo marschierst du hin??

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Abgabeautomat Doc>Morris

von Apotheker Dieter Kaiser am 21.04.2017 um 9:03 Uhr

Die Arzneimittelsicherheit ist bei diesem Projekt zumindest mit Fragezeichen zu versehen. Es ist die Ausnutzung eines Versorgungsengpasses. Auch eine Apotheke braucht einen Mindestumsatz, sonst droht die Schließung.

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zum Wohle aller

von Andrea am 20.04.2017 um 22:10 Uhr

zum Wohle aller halten wir Gesetzte und Verordnungen ein.
zum Wohle aller haben wir ein unabhängiges, nicht korrumpierbares Beamtentum.
zum Wohle aller setzt das Beamtentum die Einhaltung von Gesetzen und Verordnungen auch gegen mächtige Monopolyzocker durch.
zum Wohle aller kann das sonst so akribische Beamtentum hier nicht wegschauen.
zm Wohle aller ist ein nun ein Hintern in der Hose gefragt.

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Mal positiv sehen

von Jochen Ebel am 20.04.2017 um 19:50 Uhr

Das muss man auch mal positiv sehen. Wenn DOCMORRIS mit der Nummer durchkommt und die Aufsichtsbehörde nicht unverzüglich diese eindeutig illegale Arzneimittelabgabe vorgeht besteht auch für den Präsenzapothekeninhaber keine Verpflichtung mehr für die Einhaltung von gesetzlichen Vorgaben. Das eröffnet natürlich bislang ungeahnte Möglichkeiten des Vertriebs. Denken Sie mal drüber nach.

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Automat

von Frank Ebert am 20.04.2017 um 18:52 Uhr

Irrenhaus Deutschland. Deutschland muss aufpassen , das aus einem Rechtsstaat kein Rechtstaat wird. Auf dem Weg zur Bananenrepublik sind wir jedenfalls schon.

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Videoapotheke

von Dr. Albrecht Emmerich am 20.04.2017 um 18:40 Uhr

Rp.
Acid. Salicylic. 2.0
Vaselin. alb. da 20.0
m. f. ung.
Präsenzapotheke wird gerügt, wenn die
Zubereitung nicht UNVERZÜGLICH angefertigt wird. Wie lange dauert eine wohl virtuelle Herstellung in einer Videoapotheke und die tatsächliche Auslieferung an den Patienten??
Diese Ungleichbehandlung k.... mich inzwischen an.
A. Emmerich

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AW: Nicht nur ...

von gabriela aures am 20.04.2017 um 22:54 Uhr

..die unverzügliche Herstellung - nein, auch noch Plausi und nachfolgend jedesmal Herstellungsprotokoll für diese "Kindergarten-Pampe".
Haben wir alle in der Baumschule studiert, oder was ?
Gemeinwohl - ja danke auch.

DocMo stellt irgendwas in die Walachei, die Medien jubeln.
Und wir dürfen nicht mal mehr Blutzicker messen, wenn nicht Hep B impfung nebst (selbst zu zahlender) Titerbestimmung vorliegt.

Und unsere Standesvezretung hält Maulaffen feil und präsentiert harmlose Plakate auf dem Niveau von Katzenvideos.
(Im Übrigen hatte ich , jawoll, ICH, , schon vor Jahren eine ähnliche Idee angedacht und angeregt, war aber voll doof damals, weil ..was auch immer).


Apothekenbetriebsordnung,Arzneimittelgesetz etc.

von Rita Längert am 20.04.2017 um 18:40 Uhr

können wir alle dann demnächst auf den Müll schmeissen, da ja anscheinend nicht mehr gültig.
Kontrahierungszwang?Haben die denn einen Topitec in den Apparat eingebaut oder wie geht sowas?BTM?
Muss jetzt erstmal meine MCP-Vorräte checken, damit ich die Nacht überstehe.Ich könnte nur noch k....

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Gewinnen durch warten ... 2.0 für DocMo ...

von Christian Timme am 20.04.2017 um 16:56 Uhr

Während die deutschen Apotheken auf das RxVV warten besetzt DocMo bereits die "geräumten Positionen" im Apotheken-Hinterland. Die Apotheken befinden sich bereits zwischen den Fronten und die LAK-BW äußert ... immerhin. Das wird in diesen Automaten zu einer sofortigen "Betriebsstöhrung" führen und die Apotheker können wieder aufatmen ... bevor der "nächste Präsenz-Apotheker" dicht macht, kann der ja seinen eigenen "Widersacher" bestücken und als "Nebenapotheke" betreiben ... aber das kann ja DocMo viel besser ... wenn er dann auch ausschließlich mit Strom betrieben wird ... und der zuständige Pharmazierat das erste Mal vorbeischaut und bemerkt ... das er gerade seinen zukünftigen Arbeitgeber kennengelernt hat ...

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Abgabe außerhalb von Apothekenbetriebsräumen?

von Peter Bauer am 20.04.2017 um 16:21 Uhr

Die Abgabe von Medikamenten darf bei einer Vor-Ort-Apotheke nur innerhalb der in der Betriebserlaubnis zugelassenen Räumlichkeiten durch pharmazeutisches Personal stattfinden.So war es bisher immer.Gilt das jetzt nicht mehr?Und die Obrigkeit hatte Bedenken??????Geht's irgendwie überhaupt noch?Welche juristischen Bedenken,kontroverse Diskussion? Man kann sich nur noch an den Kopf langen.Wir werden von Kammern,Behörden,Kassen und Pharmazieräten getriezt und zur Rechenschaft gezogen ,weil das Klopapier auf dem Klo blau und nicht grün ist und dann kommt DOC Morris einfach daher und eröffnet eine solche Automatenapotheke,weil irgendein Beamter nur "Bedenken" hat.Ach ich vergass das Paradoxon vom Beamten und "dem Entscheidungen treffen".

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AW: Abgabe außerhalb von Apothekenbetriebsr

von Engelhardt, Mirjam am 20.04.2017 um 21:09 Uhr

....Man (Frau) ist sprachlos, was DocMorris darf und was uns dämlichen, weil gesetzestreuen, Apothekern verwehrt bleibt- ich betreibe 2 Landapotheken ohne Mittagspause und teurem Personal, dabei könnte ich die Bevölkerung mit einem Automaten, viel kostengünstiger versorgen. In Deutschland wird mit zweierlei Maß gemessen- was Präsenzspotheken nicht dürfen, darf Doc Morris! Da sieht man wie stark unsere Kammern, Standesvertreter und Pharmazieräte sind.....! Wie kann so etwas durchgehen...! Man wundert sich, das ist zum Heulen...!

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