Baden-Württemberg

Behörde schließt DocMorris-Abgabeautomaten

Berlin - 21.04.2017, 14:40 Uhr

Eben noch geöffnet, jetzt schon geschlossen: Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat im baden-württembergischen Hüffenhardt die sofortige Schließung des DocMorris-Abgabeautomaten angeordnet. (Foto: diz)

Eben noch geöffnet, jetzt schon geschlossen: Das Regierungspräsidium Karlsruhe hat im baden-württembergischen Hüffenhardt die sofortige Schließung des DocMorris-Abgabeautomaten angeordnet. (Foto: diz)


Das ging schnell: Nur zwei Tage nach der Eröffnung des Arzneimittel-Abgabeautomaten von DocMorris in Hüffenhardt hat das Regierungspräsidium Karlsruhe die sofortige Schließung angeordnet. Am heutigen Freitag haben sich zwei Beamte eine Übersicht im baden-württembergischen Ort verschafft und sind sich nun sicher, dass das Abgabemodell rechtswidrig ist. DocMorris musste schließen.

Der von der niederländischen Versandapotheke DocMorris erst kürzlich eröffnete Video-Abgabeautomat im baden-württembergischen Hüffenhardt ist wieder geschlossen. Das Regierungspräsidium Karlsruhe, das in der Region für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für Apotheken zuständig ist, hat am heutigen Freitag die sofortige Schließung angeordnet. Die Kernbotschaft der Behörde ist: Eine Versandhandelserlaubnis umfasst nicht die Eröffnung einer solchen Abgabestelle. Außerdem ist sich die Behörde sicher, dass Hüffenhardt gar keinen Abgabeautomaten benötigt, da im Ort zwei von Apothekern betriebene Rezeptsammelstellen vorhanden sind.

Wörtlich teilte das Regierungspräsidium mit: „Das Regierungspräsidium stützt die Entscheidung darauf, dass der Verkauf apothekenpflichtiger Arzneimittel strengen Anforderungen des Gesetzgebers unterworfen ist. Die Abgabe in Hüffenhardt erfolgt nicht in einer Apotheke und ist auch nicht von der Versandhandelserlaubnis des in den Niederlanden ansässigen Unternehmens umfasst.“ Der Versand müsse aus einer öffentlichen Apotheke heraus erfolgen, was notwendigerweise mit einer individuellen Versendung oder Auslieferung an einen Dritten oder eine Abholstation verbunden sei. „Die Abgabe aus einem vorab mit einem Arzneimittelvorrat befüllten Lagerautomaten sieht diesen Schritt gerade nicht vor.“

Apotheke oder nicht?

In den vergangenen Monaten war darüber spekuliert worden, auf welcher rechtlichen Grundlage DocMorris den Automaten in Hüffenhardt eröffnen will. Erfolgt eine Arzneimittelabgabe vor Ort, ist eigentlich die Betriebserlaubnis für eine Apotheke notwendig, die DocMorris als ausländische Kapitalgesellschaft nicht erhalten würde. DocMorris selbst war offensichtlich nicht der Meinung, dass die Abgabestelle eine Betriebserlaubnis benötigt. Das Unternehmen hatte zuletzt lediglich die Lagerung von Arzneimitteln behördlich beantragt.

Die Behörde ist allerdings klar der Meinung, dass DocMorris mit der Abgabestelle die in Deutschland geltenden Vorschriften und Anforderungen an Apotheken umgehen wollte. Wörtlich teilte das Regierungspräsidium mit:  „Die Automatenabgabe verwischt in unzulässiger Weise die Grenze zwischen dem Versandhandel und der Abgabe von Arzneimitteln in einer Präsenzapotheke. Letztere unterliegt hinsichtlich der Räumlichkeiten, der Ausstattung und des Fachpersonals hohen gesetzlichen Anforderungen, die durch das Abgabeterminal umgangen werden.“

DocMorris wird wohl klagen

DocMorris hatte zuletzt mitgeteilt, dass man die in Hüffenhardt entstandene Versorgungslücke schließen wolle. Zur Erklärung: Vor einiger Zeit hatte die einzige Apotheke im Ort geschlossen. Der Apotheker und der Bürgermeister hatten keinen Nachfolger gefunden. Als die niederländische Versandapotheke ihr Konzept präsentierte, schlugen die Hüffenhardter ein. Anschließend hatten zwei Apotheken allerdings eine Rezeptsammelstelle in Hüffenhardt etabliert. Das Regierungspräsidium ist der Meinung, dass damit die Arzneimittelversorgung gesichert ist. „Die Arzneimittelversorgung in Hüffenhardt ist weiterhin gesichert, da die Bevölkerung eine Rezeptsammelstelle von zwei in den Nachbarorten ansässigen Apotheken nutzen kann.“

DocMorris hat für die Entscheidung der Behörde kein Verständnis. Olaf Heinrich, CEO des Unternehmens, teilte am heutigen Freitag mit: „Mit dieser Entscheidung wird die von den Hüffenhardtern seit langem gewünschte Arzneimittelversorgung vor Ort untersagt.“ Sehr wahrscheinlich ist nun, dass die Niederländer gegen die Schließung gerichtlich vorgehen werden.

Heinrich sagte dazu: „Wir werden nun die Begründung abwarten und uns weitere Schritte vorbehalten. Es wäre absurd, dass alternative und digitale Versorgungskonzepte zum Vorteil der Patienten, wie die Landesregierung sie selbst im Koalitionsvertrag für den ländlichen Raum fordert, verhindert werden. In der Konsequenz sind es die Menschen vor Ort, die nun ohne Lösung dastehen. Wir glauben weiterhin, dass man in Deutschland digitale Projekte zum Wohle aller umsetzen kann.“

Knapp 48 Stunden war der DocMorris-Automat geöffnet

Am vergangenen Mittwochnachmittag hatte DocMorris die Tür zur alten und inzwischen umgebauten Apotheke geöffnet. Der Automat kann Unternehmensangaben zufolge dauerhaft 8.000 Arzneimittelpackungen im Vorrat haben, hinzu kämen etwa 500 gekühlte Arzneimittel.

Die Öffnungszeiten der Video-Abgabestation waren überschaubar: In der Woche öffnete der Automat in Hüffenhardt um 9 Uhr, um dann zu einer Mittagspause um 12.30 Uhr wieder zu schließen. Am Nachmittag eröffnete die DocMorris-Station dann noch einmal um 15 Uhr die Pforten, um dann um 18 Uhr zu schließen. Am Samstag hätte die Video-Station zwischen 9 und 12 Uhr öffnen sollen.

Eine Welcome-Managerin bei der Arbeit. (Foto: diz)

Ein DocMorris-Sprecher betonte, dass man grundsätzlich alle Rabattverträge beliefern könne. Wenn mal eine Firma nicht sofort erhältlich sein sollte, erhalte der Kunde einen Abholschein, mit dem er sich das Medikament zu einem späteren Zeitpunkt abholen kann. Der Sprecher sagte, dass der Automat den Anspruch habe, alle zur Akutversorgung nötigen Arzneimittel beliefern zu können. Allerdings gebe es beispielsweise nicht zehn verschiedene Hersteller für Schmerzmittel, sondern nur zwei. Mit welchem Großhändler DocMorris zusammenarbeitete, um den Automaten zu befüllen, wollte das Unternehmen nicht mitteilen.



Benjamin Rohrer, Chefredakteur DAZ.online
brohrer@daz.online


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4 Kommentare

Es lebe das "rechte" Europa!

von Roy Bean am 22.04.2017 um 9:28 Uhr

Der polnische Freund soll es wohl wieder richten.
Oh wie schön ist Panama !

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Straftat

von Frank Zacharias am 21.04.2017 um 17:02 Uhr

„Wir glauben weiterhin, dass man in Deutschland digitale Projekte zum Wohle aller umsetzen kann“, sagte Geschäftsführer Olaf Heinrich.

Was hat die Lagerung von Medikamenten - und nichts anderes hat Domo angemeldet, mit digitalen Projekten zu tun?
Rechtsbeugung und Rechtsbruch nenne ich das. Inverkehrbringen von rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist eine Straftat und gehört angezeigt. Da es kein Einzelfall war sondern mit Vorsatz erfolgte, wurde diese Straftat gewerbsmässig begangen. Da an dieser Tat mehrere Personen beteiligt waren, ist von einer bandenmässig begangenen Straftat auszugehen.

Also Herr Maas als Bundesjustizminister und Frau Zypries als Wirtschaftsministerin, sie haben Arbeit und einiges zu erklären.

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Land geht vor Bund. Grün sticht grün, RP B-W kann Klartext ...

von Christian Timme am 21.04.2017 um 16:59 Uhr

Selten so gerne geirrt ... endlich mal Zack, Zack und nicht hier und nicht heute. Klare Kante von Beamten aus dem Musterländle ... Karlsruhe zeigt Berlin wie es geht ... Frau Merkel, merken Sie was? ...

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Automat

von Frank ebert am 21.04.2017 um 16:37 Uhr

Ein Wunder, die Rechtsbrecher haben eine Verzögerung !

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