Milliarden-Entlastung

Martin Schulz will Zusatzbeiträge splitten

Berlin - 02.05.2017, 11:25 Uhr

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach sich auch auf einer Mai-Kundgebung für die paritätische Belastung aus. (Foto: dpa)

SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz sprach sich auch auf einer Mai-Kundgebung für die paritätische Belastung aus. (Foto: dpa)


Um Unternehmen zu entlasten, werden Zusatzbeiträge zur Gesetzlichen Krankenversicherung derzeit nur von Arbeitnehmern bezahlt. Die SPD möchte schon lange etwas daran ändern. Nun will SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz die Entlastung in Höhe von 5 Milliarden Euro ins Wahlprogramm schreiben.

Zuletzt war von Merkel-Herausforderer Martin Schulz nicht viel zu hören. In Kiel muss die SPD am 7. Mai um den lange sicher geglaubten Wahlsieg zittern. Jetzt will Schulz bei seinem Kernthema soziale Gerechtigkeit Boden gut machen – und bei einem Wahlsieg die Wirtschaft bei der gesetzlichen Krankenversicherung stärker zur Kasse bitten. Die Versicherten sollen um fünf Milliarden Euro entlastet werden. „Ich will, dass die Arbeitgeber sich an den Kosten der Zusatzbeiträge bei den Krankenkassen zur Hälfte beteiligen“, sagte der SPD-Vorsitzende am Sonntag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin.

Nach Berechnungen der Sozialdemokraten würde dieser Schritt die Last der mehr als 50 Millionen Beitragszahler auf einen Schlag um insgesamt fünf Milliarden Euro mildern: „Für einen Durchschnittsverdiener macht das rund 200 Euro pro Jahr aus“, sagte Schulz. Sein Vorschlag ist Teil des SPD-Wahlprogramms, das auf einem Parteitag Ende Juni in Dortmund beschlossen werden soll.

„Eine Frage der Gerechtigkeit“

Auch nach Ansicht von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) sollen die Arbeitgeber wieder die Hälfte der Krankenkassenbeiträge übernehmen. „Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, denn sonst zahlen die Arbeitnehmer allein den medizinischen Fortschritt“, sagte Nahles der „Bild am Sonntag“. Nahles plädierte dafür, eine Rückkehr zur Parität bei Krankenkassenbeiträgen zur zentralen Wahlkampfforderung der SPD zu machen.

Mitte 2005 war unter der damaligen rot-grünen Regierung von Gerhard Schröder (SPD) die Regelung in Kraft getreten, dass die Arbeitnehmer 0,9 Prozentpunkte mehr bezahlen müssen als die Arbeitgeber. Der Beitragssatz war damals noch variabel. Doch die ungleiche Belastung ist der SPD schon länger ein Dorn im Auge: So setzten sich SPD-geführte Bundesländer im vergangenen Jahr dafür ein, zur Parität zurückzugehen.

Anders als die Union, die Steuersenkungen von 15 Milliarden Euro und die schrittweise Abschaffung des Soli-Steuerzuschlags verspricht, will Schulz die Bürger nach der Wahl vorrangig bei Sozialabgaben und Kitagebühren entlasten. Das würden gerade Familien sofort im Geldbeutel spüren, meint Schulz. 

Kritik an Schulz-Vorschlag aus Bayern

Der gesetzlich festgelegte Kassenbeitrag liegt bei 14,6 Prozent des monatlichen Bruttoeinkommens. Davon zahlen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jeweils die Hälfte. Da der Anteil der Arbeitgeber aber bei 7,3 Prozent eingefroren ist, müssen die Versicherten zusätzliche Kosten der Kassen über Zusatzbeiträge alleine tragen. Diese variieren von Kasse zu Kasse und liegen derzeit im Schnitt bei knapp 1,1 Prozent.

Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) kritisierte den SPD-Vorstoß, eine Rückkehr zur Parität bei den Krankenkassenbeiträgen zur zentralen Wahlkampfforderung der SPD zu machen. Steigende Lohnnebenkosten seien eine Gefahr für die Beschäftigung und damit auch für die Kassenfinanzierung. Huml forderte erneut, Finanzierungslücken wie etwa beim Kostenbeitrag des Bundes für Arbeitslosengeld-II-Empfänger nicht lediglich kurzfristig durch einen Griff in die Reserven des Gesundheitsfonds zu beheben.

Schulz sagte: „Wir alle wollen den medizinischen Fortschritt. Aber es kann nicht sein, dass die Mehrkosten für neue Behandlungsmethoden und Medikamente über die Zusatzbeiträge von den Arbeitnehmern alleine getragen werden“, sagte er.

Verliert Deutschland seine Konkurrenzfähigkeit?

Die Arbeitgeber dürften die SPD-Pläne alles andere als erfreuen. Seit Jahren verteidigen sie ihren bei 7,3 Prozent eingefrorenen Beitragssatz. Damit würde die Konkurrenzfähigkeit des Standorts Deutschlands gesichert, hieß es.

Dass Schulz auch die Reformen der 2003 vom damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder angestoßenen Agenda 2010 teilweise korrigieren und künftig länger Arbeitslosengeld (bei zeitgleicher Weiterqualifizierung) zahlen will, schmeckt der Wirtschaft ebenfalls gar nicht. Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer warnte zuletzt vehement vor einer möglichen rot-rot-grünen Regierung mit einem Kanzler Schulz.

Der 61 Jahre alte frühere EU-Parlamentspräsident steht nach seinem Umfragen-Höhenflug infolge seiner Nominierung zum Kanzlerkandidaten Ende Januar nun verstärkt unter Druck. In jüngsten Erhebungen liegt die SPD zwischen sechs und acht Prozentpunkte hinter der CDU von Angela Merkel. Bei der Landtagswahl im Saarland Ende März hängte die CDU die SPD überraschend deutlich ab.



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2 Kommentare

Ist Deutschland ein ( kein ) Land für Schwätzer?

von Heiko Barz am 03.05.2017 um 13:03 Uhr

Unsere bundesrepublikanische Gesundheitspolitik ist wie ein schlechtgemachtes Stück aus dem Komödienstadl mehr Niveau hat diese Ebene nicht mehr.
Waren noch vor kurzem die Namen einiger sich wichtig nehmender Randpolitiker im Fokus der Arzneimittelfragen, so sind heuer neue Protagonisten aufgetaucht und wieder aus der Versenkung auferstanden wie der scheinbar eloquente Lindner und tatsächlich auch wieder "Maddin" mit seiner alten Neidkeule der paritätischen Krankenversicherung. Wem er das wohl zu verdanken hat?
Lindner und Consorten waren schon immer dem Großkapital verpflichtet. Das ist nichts Neues und drückt keinen Wähler auf die FDP Schiene ( fdp wird ja neuerdings klein geschrieben, das spricht für Ihre Zukunft )
Nur diese Art der Politik wird schon länger von der nach sozialer Gerechtigkeit hechelnden, scheinheiligen SPD vertreten. Also braucht man die - fdp - für die Wahlen in Schleswig Holstein, in NRW und zur Bundestagswahl gar nicht mehr.
Gleicher Schwachsinn muß nicht auch gedoppelt werden!
- [ ] Wenn auf der politischen Ebene schon laufend unkontrollierte Dummheit Platz greift und mehrere Parteien überflüssig sind, so können wir in aller Ruhe auf diese fdp verzichten.

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nur Gerede

von Karl Friedrich Müller am 02.05.2017 um 12:14 Uhr

weil er dazu eine Mehrheit braucht, die er nicht mal in der eigenen Partei hat.
Insofern kann man seine ganzen Sprüche in die Tonne klopfen.

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