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Medizinische Kohle bei Durchfall – sollten Apotheker das überhaupt noch empfehlen? Und Loperamid? Wann ist der Motilitätshemmer kontraindiziert? Professor Thomas Weinke stärkt beim Pharmacon in Meran Apotheker mit praktischen Tipps für eine gute und evidenzbasierte Therapie bei Reisediarrhö.
Das Portfolio der Selbstmedikation bei Diarrhö ist in der Apotheke bunt – doch das bedeutet nicht automatisch, dass alle Präparate dem Durchfallpatienten auch gleich gut helfen. Professor Thomas Weinke von der Medizinischen Klinik für Gastroenterologie und Infektiologie, Potsdam, gab beim Pharmacon einen profunden Überblick zu wirksamen Therapien bei Reisediarrhö und wovon Apotheker in der Beratung eher die Finger lassen sollten. Wohl einziger Grund zur Freude bei Reisediarrhöen: Sie sind in den vergangenen Jahren durch verbesserte hygienische Bedingungen in einigen Reiseländern rückläufig. Häufigste Erreger sind Enterotoxin-bildende E.coli-Stämme (ETEC). Daneben haben Noroviren einen Stellenwert, aber auch Clostridium difficile werde derzeit in einigen Studien herausgestellt, sagte der internistische Infektiologe.
Was macht man therapeutisch bei Reisediarrhoe?
„Klipp und klar: Entscheidende Maßnahme ist primär die orale Rehydratation“, erklärte Weinke. Mit der oralen Rehydratation verkürze sich die Krankheitsdauer zwar kaum – die Diarrhö persistiere. Allerdings verhindere man, dass der Patient in einen kritischen Zustand kommt: Dehydratation, Exsikkose und Kollaps. Daneben gibt es weitere symptomatische supportive Maßnahmen – Motilitätshemmer, Kohle, Gerbstoffe, Probiotika. Was hilft wann und wem?
Motilitätshemmer wie Loperamid sind laut Weinke bei Patienten meist nicht ganz unbeliebt, stoppen sie doch den Durchfall zuverlässig. Therapeutisch haben sie in gewissen Fällen auch eine absolute Daseinsberechtigung: Loperamid kann bei unkompliziertem Verlauf für eine kurz dauernde Therapie gegeben werden. Das empfiehlt auch die aktuelle Leitlinie aus dem Jahr 2015, sogar mit starkem Konsens – was bedeutet: Mehr als 95 Prozent der Beteiligten stimmten der Empfehlung zu. Anders sieht es bei schweren Durchfällen aus. Hier sollten Apotheker von Motilitätshemmern abraten. Was unterscheidet nun eine unkomplizierte Diarrhö von einer schweren Erkrankung? Weinke nennt hier klare Kriterien – blutige Durchfälle, Fieber und Megakolon. Lähme man in dieser Situation den Darm, könne es eher zu Komplikationen führen.
Keine medizinische Kohle mehr bei Durchfall
Und wie sieht es mit einer analgetischen und spasmolytischen Therapie aus? Der Internist gibt Paracetamol hier ein positives Votum – bei Vorliegen einer Verordnung auch dem Wirkstoff Metamizol. Von Ibuprofen und Co. hingegen rät er eindeutig ab. „Es sollten bitte keine NSAR eingesetzt werden“. Das gleiche Schicksal ereilt nahezu allen anderen Wirkstoffe der Selbstmedikation. Für die meisten Präparate ist die Datenlage eher spärlich. „Kein Tannin, Kaolin, Pektin, medizinische Kohle: es gibt keine Evidenz“, lautet das klare Fazit des Internisten. „Medizinische Kohle sollte heute nicht mehr eingesetzt werden.“
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