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Beschluss des Ärztetags
Ärzte wollen Heilpraktiker entmachten
Heilpraktiker sind außerhalb geltender Standards und anerkannter Wirksamkeitsmechanismen tätig, stellte der Deutsche Ärztetag am Donnerstag fest. Die Delegierten fordern Gesetzesänderungen, um Patienten vor Gefahren durch Heilpraktiker zu schützen. Insbesondere alle invasiven Therapien sollte dem Berufsstand verboten werden, fordern die Ärzte – wie auch die Behandlung von Krebserkrankungen.
Nachdem Anfang der Woche der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, ein Homöopathie-Verbot für Krankenkassen gefordert hatte, legt nun der Deutsche Ärztetag in Bezug auf das Heilpraktikerwesen nach. „Der 120. Deutsche Ärztetag 2017 stellt fest, dass Heilpraktiker keinen Gesundheitsfachberuf ausüben“, heißt es in einem von den Delegierten verabschiedeten Antrag.
Die laut dem 1939 verabschiedeten Heilpraktikergesetz vorgeschriebene „Gefahrenabwehrüberprüfung“ beinhalte „keine positive Feststellung einer theoretisch und oder praktisch erworbenen Qualifikation“, kritisiert der Ärztetag, sondern lediglich „die negative Feststellung, dass von der betreffenden Person keine Gefahr für die Volksgesundheit ausgehen soll“. „Das Heilpraktikerwesen steht somit außerhalb der sonst im Gesundheitswesen geltenden Anforderungen an klar definierte fachliche Qualifikationen auf der Basis fundierter Standards und an eine hohe Qualität und Sicherheit in der Patientenversorgung.“
Heilpraktiker arbeiteten außerhalb geltender Standards
Die Berufsgruppe lässt sich nach Einschätzung des Ärztetages auch überhaupt nicht in ein hochqualitatives Gesundheitswesen integrieren. „Denn es ist gerade das zentrale Merkmal des Heilpraktikerwesens, außerhalb geltender Standards und allgemein anerkannter Wirksamkeitsmechnismen tätig werden zu dürfen“, heißt es in dem Beschluss. Vorschläge, das Heilpraktikerwesen durch eine staatlich anerkannte Ausbildung oder gar durch akademische Qualifikationen zu reformieren, wiesen in die falsche Richtung, betont der Ärztetag. „Grundlage jeder staatlich anerkannten Ausbildung müssten klare, fachlich begründete Standards sein“, erklären die Delegierten. „Die ‚Freiheit‘ von solchen Standards ist aber gerade konstitutiv für das Heilpraktikerwesen.“
Weil im Heilpraktikerwesen nach Einschätzung des Ärztetags jegliche Standards fehlen, gebe es auch keine Grundlage für Qualitätskontrollen durch die Gesundheitsbehörden. „Qualitätskontrollen setzen einen allgemein anerkannten Qualitätsmaßstab voraus, der im Heilpraktikerwesen fehlt“, heißt es im Beschluss des Ärztetags, der unter anderem vom Ärztefunktionär und stellvertretenden Vorsitzenden des Bundestags-Gesundheitsausschusses Rudolf Henke (CDU) eingebracht worden war.
Ärzte wollen Heilpraktikern invasive Maßnahmen verbieten
„Im Interesse der Patientensicherheit“ bedarf es nach Einschätzung der Ärzte einer grundlegenden Reform des Heilpraktikergesetzes, „vor allem den Umfang der Tätigkeitserlaubnis“ betreffend. Nachdem mehrere Patienten eines Heilpraktikers in Brüggen-Bracht im vergangenen Sommer nach einer experimentellen Krebstherapie gestorben waren, hatten zwar Politiker aller Bundestagsfraktionen Reformen gefordert – doch gab es bislang kaum Gesetzesänderungen.
Die Ärzte stören sich insbesondere daran, dass Heilpraktiker Infusionen legen, intramuskulär spritzen oder chirurgisch tätig sein dürfen. Doch nach Meinung des Ärztetages soll es hiermit bald vorbei sein. „Besondere Gefahren gehen von allen invasiven Maßnahmen aus“, heißt es in dem Beschluss. „Der 120. Deutsche Ärztetag 2017 fordert den Gesetzgeber deshalb auf, den Schutz von Patientinnen und Patienten bei der Ausübung von Heilkunde zu verbessern und die Rechte von Heilpraktikerinnen und Heilpraktikern so zu gestalten, dass deren Tätigkeit keine Gefährdung für Patientinnen und Patienten darstellt.“
Heilpraktiker sollen an Ärzte verweisen
Außerdem soll der Bundestag bestimmte Gebiete von der Erlaubnis ausnehmen: Dies sei in der Vergangenheit zum Beispiel für die Geburtshilfe und Geschlechtskrankheiten geschehen. „Aus heutiger Sicht muss auch die Behandlung von Krebserkrankungen von der Erlaubnis ausgenommen werden“, erklärt der Ärztetag. Und bei jeder Erkrankung mit Krankheitswert sollen Heilpraktiker ihre Kunden darauf hinweisen, wie begrenzt ihre Möglichkeiten seien, heißt es in dem Beschluss. „Bei Vorliegen einer Krankheit, die vermutlich über eine Befindlichkeitsstörung hinausgeht, ist der Patient vom Heilpraktiker darauf hinzuweisen, dass ein Arzt aufgesucht werden sollte.“
Die Todesfälle im vergangenen Jahr hätten die Öffentlichkeit darüber informiert, dass Heilpraktiker in Deutschland – bis auf wenige Ausnahmen, für die ein Arztvorbehalt besteht – umfassend zur Ausübung der Heilkunde berechtigt sind, erklärt der Ärztetag. „Nicht bekannt ist der Bevölkerung in der Regel, unter welchen Voraussetzungen Heilpraktikerinnen und Heilpraktiker zur Ausübung der gesamten Heilkunde befugt sind“, betonen die Ärzte. Stattdessen gingen die meisten Menschen ihrer Ansicht nach davon aus, dass Heilpraktiker über eine geregelte Ausbildung (Kenntnisse und Fertigkeiten) verfügen, sie eine Zulassung erhalten und über sie eine staatliche Aufsicht wacht.
Unseriöse und schädliche Angebote sollen beendet werden
„Dies alles trifft nicht zu“, erklärt der Ärztetag. Heilpraktiker würden als „kleine Ärztinnen und Ärzte“ wahrgenommen, die „komplementärmedizinisch“ tätig werden und zumeist Naturheilverfahren, Homöopathie und andere alternative diagnostische und therapeutische Verfahren im Gegensatz zur „Schulmedizin“ praktizieren.
Die moderne evidenzbasierte Medizin stelle – anders als dies vor Jahrzehnten bei Erlass des Heilpraktikergesetzes der Fall war – für viele Krebserkrankungen wirksame Behandlungsmöglichkeiten bereit, betont der Ärztetags-Beschluss. „Der Erfolg dieser Behandlungen hängt oft entscheidend von einem rechtzeitigen Behandlungsbeginn ab.“ Es könne deswegen „nicht länger zugelassen werden“, dass auf Basis einer Heilpraktikererlaubnis unseriöse Angebote zur Krebsbehandlung an Menschen „in einer gesundheitlich existentiellen Notlage“ herangetragen werden.
Solche Angebote fügen nach Einschätzung der Delegierten den von der Krebserkrankung betroffenen Menschen im günstigsten Fall teils erhebliche finanzielle Schäden zu, verzögern oder verhindern in vielen Fällen aber auch den rechtzeitigen Beginn einer erfolgreichen Behandlung. Außerdem könnten sie darüber hinaus – wie in Brüggen-Bracht geschehen – „erheblichen zusätzlichen gesundheitlichen Schaden anrichten“, kritisieren die Ärzte. „Deswegen darf die Heilpraktikererlaubnis die Behandlung von Krebserkrankungen nicht länger umfassen.“
Derzeit muss sich auch ein Apotheker und Heilpraktiker aus Bayern wegen fahrlässiger Tötung verantworten: Er hatte bei einer Mutter mit Brustkrebs per Pendel eine Entzündung diagnostiziert und sie mit teuren homöopathischen Arzneimitteln behandelt. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft hätte die Frau deutlich länger leben können, wenn sie angemessen behandelt worden wäre. Wie der „Stern“ kürzlich aufdeckte, behandelt der Heilpraktiker trotz des laufenden Gerichtsverfahrens offenbar weiterhin Krebspatienten mit seinen umstrittenen Methoden.
41 Kommentare
das ist ein witz und eine frechheit dazu!!!! ohne heilpraktiker keine heilung
von Grosch Albert am 29.06.2019 um 15:13 Uhr
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Heilpraktiker?
von Gast am 20.10.2017 um 16:20 Uhr
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Ergänzung - Entmachtung der Heilpraktiker
von mili am 20.09.2017 um 13:13 Uhr
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Entmachtung der Heilpraktiker
von mili am 20.09.2017 um 13:01 Uhr
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Ärzte vs. Heilpraktiker
von Johannes DIRXEN am 08.09.2017 um 13:13 Uhr
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Mißstand Schulmedizin
von Bernd Finkbeiner am 26.08.2017 um 15:24 Uhr
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Interessensgruppen schlagen wieder zu
von Herr Hp am 23.08.2017 um 20:02 Uhr
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AW: Interessensgruppen schlagen wieder zu
von Frank Garland am 23.08.2017 um 21:18 Uhr
Was vor 20 Jahren "quaksalberrei" war ist heute IGeL
von Michael P. Jordan am 12.06.2017 um 18:15 Uhr
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So, oder lieber so ???
von Michael P. Jordan am 12.06.2017 um 16:56 Uhr
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AW: Korrektur / Nachtrag :So, oder lieber so
von Michael P. Jordan am 12.06.2017 um 19:28 Uhr
Ärztetag möchte Heilpraktikertätigkeiten einschränken
von Christian Wilms, Präsident Fachverband Deutscher Heilpraktiker e.V. am 01.06.2017 um 13:25 Uhr
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Angst auf beiden Seiten?!?
von Gabriele Ermen am 30.05.2017 um 7:54 Uhr
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AW: Angst auf beiden Seiten, neeeeeeeeeeee GELD !!!
von Michael P. Jordan am 12.06.2017 um 19:17 Uhr
Halbgott in Weiss?
von Dr. Matthias Vogelsgesang am 29.05.2017 um 19:47 Uhr
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AW: Halbgott in Weiss
von Marina Lehmann am 30.05.2017 um 21:14 Uhr
Voreingenommenheit und eine verzerrte Wahrnehmung
von Reinhold Schoeler am 28.05.2017 um 15:35 Uhr
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AW: Voreingenommenheit und eine verzerrte
von Rumpelstilzchen am 28.05.2017 um 21:25 Uhr
wer im Glashaus sitzt...
von Renate Blum am 28.05.2017 um 12:07 Uhr
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AW: wer im Glashaus sitzt
von astro am 28.05.2017 um 14:06 Uhr
AW: Nein! Herr Astro!
von Renate Blum am 28.05.2017 um 18:32 Uhr
Sorry bin unstudiert
von Lilila am 28.05.2017 um 9:35 Uhr
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Rumpelstilzchens Menschenbild
von astro am 27.05.2017 um 10:03 Uhr
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AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von Rumpelstilzchen am 27.05.2017 um 19:34 Uhr
AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von astro am 27.05.2017 um 20:34 Uhr
AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von Rumpelstilzchen am 27.05.2017 um 23:03 Uhr
AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von Renate Blum am 28.05.2017 um 8:02 Uhr
AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von astro am 28.05.2017 um 8:14 Uhr
AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von Renate Blum am 28.05.2017 um 11:38 Uhr
AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von Rumpelstilzchen am 28.05.2017 um 14:13 Uhr
AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von astro am 28.05.2017 um 14:51 Uhr
AW: Rumpelstilzchens Menschenbild
von astro am 28.05.2017 um 15:06 Uhr
Es ist interessant ,
von Renate Blum am 27.05.2017 um 9:47 Uhr
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AW: Ich stimme den vorangegangenen Komentare zu
von Cornelia am 27.05.2017 um 12:19 Uhr
AW: Es ist interessant
von astro am 28.05.2017 um 8:24 Uhr
12000 Krankenhaustote interessieren keinen
von Florian Major am 27.05.2017 um 0:15 Uhr
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Gesetzesänderung stärkt Heilpraktiker
von K.Stumpp am 26.05.2017 um 23:02 Uhr
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Na was für eine Überraschung...
von Lieselotte am 26.05.2017 um 19:41 Uhr
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AW: Na was für eine Überraschung
von Frank Bünder am 26.05.2017 um 19:57 Uhr
AW: Fatales Menschenbild
von Rumpelstilzchen am 26.05.2017 um 20:35 Uhr
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