Biotech-Branche

Immer mehr Biopharmazeutika in der Apotheke

Berlin - 27.06.2017, 14:55 Uhr

Die Diagnose Krebs müssen immer mehr Menschen wegstecken. Pharmaunternehmen versprechen neue Arzneimittel. (Foto: zinkevych / Fotolia)

Die Diagnose Krebs müssen immer mehr Menschen wegstecken. Pharmaunternehmen versprechen neue Arzneimittel. (Foto: zinkevych / Fotolia)


Kosten-Nutzen-Verhältnis in Ordnung?

Kritik, die neuen Krebsarzneimittel kämen häufig als Orphan Drugs auf den Markt, um den Zusatznutzen nicht belegen zu müssen, wies Mathias zurück. Gleiches gilt für die Behauptung, dass die Präparate das Leben der Patienten oft nur um wenige Wochen oder Monate verlängerten, dafür aber sehr teuer seien. Zwar würden Biopharmazeutika auch gegen sehr seltene Krebsarten entwickelt – dass sie später auch bei anderen Erkrankungen einsetzbar sind, sei nicht absehbar. Es sei vielmehr positiv, dass sich die Unternehmen auch um Anwendungsgebiete kümmern, in denen es nur wenige Patienten gibt. Zudem: Es gebe Arzneimittel, die dazu führen, dass an Krebs Erkrankte wieder arbeiten gehen können. Insofern dürfe man die Preise für die Arzneimittel nicht isoliert betrachten, sondern im gesamtgesellschaftlichen Kontext.

Kassandra-Rufe nicht gerechtfertigt

Dr. Siegfried Throm, Geschäftsführer des vfa bio, ergänzte, dass mittlerweile 80 Prozent der Kosten für Onkologika im ambulanten Bereich anfielen. So würden Krankenhauskosten gespart. Auch Throm hat für die zuletzt von der Barmer geäußerte Kritik an den Preisen kein Verständnis: Die Kasse ziehe als Vergleichsjahr für die Kostenentwicklung das Jahr 2011 heran. Damals (vom 1. August 2010 bis 31. Dezember 2013) galt ein erhöhter gesetzlicher Herstellerrabatt von 16 Prozent. Seit 2014 sind es nur noch 7 Prozent – insofern sei der Vergleich kritisch zu sehen. Zudem verwies Throm auf die Finanzreserven der Krankenkassen: „Wo ist da die Rechtfertigung für die Kassandra-Rufe der Barmer?“, fragt er. Seit Jahren sei von den Kassen zu hören, die Arzneimittelausgaben würden explodieren  – doch bislang hält sich die Entwicklung im Rahmen. Zu berücksichtigen sei zudem, dass auch bei Biologika Patentabläufe anstünden, die für günstigere Preise sorgten.

Übrigens kommt Barmer-Chef Christoph Straub selbst in einem Namensbeitrag im Biotech-Report zu Wort. Darin fordert er unter anderem die auch im Barmer-Report angesprochene späte Kosten-Nutzen-Bewertung für versorgungsrelevante Arzneimittel, zu denen er die Krebsarzneimittel zählt. Diese soll etwa nach fünf Jahren Versorgungserfahrung stattfinden. Throm hält allerdings auch davon nichts: „Schon heute durchlaufen Medikamente nach der Nutzenbewertung Preisverhandlungen, wobei die Preise in der Regel nur für zwei Jahre gelten. Bei erneuten Preisverhandlungen werden stets Änderungen im medizinischen Kenntnisstand und im Verordnungsgeschehen berücksichtigt. Damit ist der praktikable Teil von Prof. Straubs Forderung längst Realität“. Zudem gibt Throm zu bedenken: Bei einer vollgültigen Kosten-Nutzen-Bewertung anstelle der bisherigen Bewertungspraxis müsste der monetäre Wert eines gerettetem Lebensjahres beziffert werden. Solche Berechnungen habe die Politik für Deutschland aber immer wieder abgelehnt.

Der Branchenreport „Medizinische Biotechnologie in Deutschland 2017“ wurde vom vfa bio und der Unternehmensberatung The Boston Consulting Group (BCG) erstellt.



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