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Arzneimittelzulassungen
Beeinträchtigt der Brexit die EMA und die Pharmaindustrie schon jetzt?
Aufgrund des anstehenden Austritts Großbritanniens aus der EU muss die Arzneimittelbehörde EMA nicht nur aus London wegziehen – sondern ihre Arbeit umgestalten. Bislang spielt die britische Zulassungsbehörde eine wichtige Rolle bei vielen Arzneimittelzulassungen. Laut der Pharma-Beratungsfirma Diapharm wirken sich die Probleme bereits auf Firmen aus Drittstaaten wie China aus.
Im Zuge des Brexits bereitet sich die Europäische Arzneimittelagentur EMA bereits auf den Umzug aus London vor – und die weitreichenden Folgen, die für die Behörde mit dem Brexit verbunden sind, zeichnen sich ab. Neben der Zeit des Umbruchs und der Ansiedelung an den neuen Standort, über den die EU-Staatschefs erst im Herbst entscheiden wollen, betrifft dies insbesondere auch den Wegfall der britischen Expertise.
Denn mit der britischen Zulassungsbehörde, der „Medicines and Healthcare products Regulatory Agency” (MHRA), wird eine der wichtigsten EMA-Beteiligten wegfallen. „Seit dem Start der EMA hat die MHRA für die Ressourcen und Expertise der Behörde entscheidend beigetragen“, erklärte beispielsweise der frühere EMA-Chef Thomas Lönngren gegenüber dem Portal BioCentury.
Zwar entstammen mit 281 der 2678 in der EMA-Datenbank aufgeführten Experten nur zu 8 Prozent aus dem Vereinigten Königreich, doch sie sind bei vielen Aufgaben der Behörde beteiligt. „Eine führende Rolle“ bei der Bereitstellung von wissenschaftlicher und regulatorischer Expertise habe die MHRA bei der EMA gehabt, erklärt die britische Behörde in ihrem Jahresbericht von 2015.
So seien ihr in den Jahren 2014-2015 166-Mal Aufgaben im Ausschuss
für Humanarzneimittel (CHMP) übertragen worden, was die unter allen Mitgliedstaaten
höchste Zahl gewesen sei. Auch habe die MHRA in dem Zeitraum die höchste Anzahl
von Berichterstattern in den Verfahren gestellt. Seit Beginn der EMA hätten MHRA-Beamte
in 17 Prozent der Verfahren diese als Berichterstatter koordiniert, in 10
Prozent der Verfahren seien sie stellvertretende Berichterstatter gewesen. Auch
im Pharmakovigilanzausschuss hätten sie in 29 Prozent der Fälle eine der beiden
Rollen innegehabt – und in den Jahren 2014-2015 sei Großbritannien in 45
Prozent aller dezentralisierten Zulassungsverfahren, bei denen das Land
involviert war, für die Zulassung auch federführend zuständig gewesen.
Brexit-Verwerfungen wirken sich schon jetzt aus
Wie die EMA bereits im April erklärt hatte, bereitet sie sich schon seit einiger Zeit auf die Umstellungen durch den Brexit vor. Dies wurde von Seiten der Industrie auch dringend gefordert. „Wir wollen auf keinen Fall Unterbrechungen in der Arbeit der EMA, die zu Verzögerungen oder einem Arbeitsstau führen“, erklärte ein Sprecher des EU-Pharmaverbands EFPIA gegenüber dem Fachmagazin „Pharmaceutical Technology Europe“. Eine reibungslose Kontinuität der Arbeit der Behörde sei „unabkömmlich“.
Doch obwohl der aktuelle EMA-Chef Guido Rasi betont hatte, dass die verfügbare Expertise auch ohne Großbritannien „beeindruckend“ sei und die Arbeit nun effizienter verrichtet werden sollte, zeichnen sich bereits Probleme ab. So sei Großbritannien schon jetzt nicht mehr geeignet, als Berichterstatter in zentralen Zulassungsverfahren zu agieren – oder auch dezentrale Verfahren federführend zu leiten, betonte die Pharma-Beratungsfirma Diapharm in einer Pressemitteilung.
„Die Verwerfungen, die der anstehende Austritt des Vereinigten Königreichs nach sich zieht, wirken sich bereits jetzt auf die Entscheidungsprozesse von Anbietern aus Drittstaaten aus“, erklärte Diapharm-Geschäftsführer Ralf Sibbing. Er sprach kürzlich auf einer Fachtagung in Shanghai, wie chinesische Hersteller den Marktstart ihrer Arzneimittel in Europa gestalten sollten. „Die Verwerfungen, die der anstehende Austritt des Vereinigten Königreichs nach sich zieht, wirken sich bereits jetzt auf die Entscheidungsprozesse von Anbietern aus Drittstaaten aus“, beobachte Sibbing.
Unklar sei auch, wie die Arzneimittelregulierung zukünftig in Großbritannien ablaufen wird. Das Land habe zwar angekündigt, die geltende Gesetzgebung in der Europäischen Union zunächst zu übernehmen und erst später an eigene Vorstellungen anzupassen. Doch sei erstens noch unklar, ob diese Ankündigung auch für behördliche Entscheidungen beispielsweise über Arzneimittel gelte, erklärte Sibbing. „Und zweitens ist völlig ungewiss, wie Großbritannien nach dem Brexit mit neuen arzneimittelrechtlichen Entscheidungen – etwa des Europäischen Gerichtshofs – umgehen will“, sagte er.
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