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Dieser Fall schockierte vor knapp einem Jahr die Apothekenwelt: Ein 44-Jähriger wurde im August vergangenen Jahres in der Göttinger Innenstadt nach einem Streit mit einem Messer verwundet und starb daraufhin in einer Apotheke. Nun hat das Landgericht Göttingen einen 39-jährigen vom Tötungsvorwurf freigesprochen. Er handelte in Notwehr, befand das Gericht. In Haft muss dieser aber dennoch – wegen eines Raubdeliktes.
Dramatische Szenen spielten sich am Abend des 9. August 2016 in den Räumen einer Apotheke an der Groner-Tor-Straße in der südniedersächsischen 118.000-Einwohner-Stadt Göttingen ab. Kurz vor Ladenschluss kam ein 44-Jähriger in die Apotheke, offensichtlich verängstigt. Die Hand auf den Bauch gepresst setzte sich der Mann auf den Boden, sagte, er sei verletzt, bevor er zusammenbrach. Obwohl die Mitarbeiterinnen der Apotheke seine schwere Bauchwunde versorgten und wenig später Rettungskräfte und Polizei eintrafen, starb der Mann noch in der Apotheke. So sagten es die Mitarbeiterinnen der Apotheke laut einem Bericht der Hessischen Neuesten Nachrichten viele Monate später, im März 2017, aus. Und zwar vor dem Göttinger Landgericht bei der Verhandlung gegen den Mann, der durch einen Messerstich den Tod des Mannes verursacht hatte.
Tödlicher Stich in den Magen
Jetzt hat das Landgericht Göttingen den 39 Jahre alten polizeibekannten Mann im Hinblick auf den Tötungsvorwurf freigesprochen. Er habe in Notwehr gehandelt, befand das Gericht. Kurz vor den dramatischen Szenen in der Offizin in der Göttinger Innenstadt war es wohl zu einem Streit zwischen den beiden Männern gekommen. Im Eingangsbereich eines Imbisses seien die Männer, die sich offensichtlich kannten, aufeinander getroffen. Auf dem Bürgersteig sei der 44-Jährige dann gleich dreimal mit Pfefferspray gegen den 39-Jährigen vorgegangen, was dieser auch in die Augen bekam. Um sich zu wehren, soll der dann beim dritten Mal ein Messer gezogen haben, mit dem er ungezielt in Richtung des Angreifers stach – mit tödlichen Folgen. Ein Stich in den Bauch drang bis in den Magen. Der 44-Jährige schleppte sich noch in die nahegelegene Apotheke, wo er dann an den inneren Blutungen starb.
„Wir denken, dass der Einsatz des Messers in diesem Fall erforderlich war“, zitiert der Reporter der Hessischen Neuesten Nachrichten den Richter, der den Mann vom Vorwurf des Totschlags freisprach. Den 39-Jährigen hatte die Polizei erst einen Tag später festnehmen können. Nach dem Streit war er mit dem Rad zu seiner Schwester gefahren, das Messer hatte er in einen Kanal geworfen. Den tödlichen Stich selber hatte wohl niemand gesehen, Zeugen hatten sich auch nach mehreren Aufrufen der Polizei nicht gemeldet.
Staatsanwaltschaft hatte 13 Jahre Haft gefordert
Die Staatsanwaltschaft und die Nebenklage hatten insgesamt 13 Jahre Haft für den drogenabhängigen Mann gefordert. Völlig straffrei ging der allerdings nicht aus dem Prozess hervor. Vier Jahre Haft und die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt lautete das Urteil. Denn den Vorfall, der dem tödlichen Streit wohl zuvor gegangen war, wertete das Gericht als schwere räuberische Erpressung und schweren Raub. Der Mann hatte laut Urteil einige Tage vor dem tödlichen Streit eine 43-Jährige in ihrer Wohnung bedroht und verletzt und ihr über 400 Euro gestohlen.
Die Bestohlene hatte sich darauf wohl an den später Getöteten gewandt, der laut Göttinger Tageblatt der Freund der Frau war. Als sich die Männer dann in der Innenstadt begegneten, entbrannte aus dem Vorfall ein zunächst lautstarker Streit mit den dann tödlichen Folgen.
Der Prozess hatte sich unter anderem durch mehrere Befangenheitsanträge des Verteidigers in die Länge gezogen.
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