Baden-Württemberg

Einsparungen: Krankenhausapotheken stehen zur Diskussion

Düsseldorf - 10.07.2017, 14:30 Uhr

Bald eine Klinikapotheke weniger? Die Ortenau-Kliniken in Baden-Württemberg müssen sparen und wollen daher zwei Klinikapotheken zusammenlegen. (Foto WEB / fotolia)

Bald eine Klinikapotheke weniger? Die Ortenau-Kliniken in Baden-Württemberg müssen sparen und wollen daher zwei Klinikapotheken zusammenlegen. (Foto WEB / fotolia)


Mit neun Klinik-Standorten im Ortenaukreis um Offenburg in Baden-Württemberg herum ist das Ortenau-Klinikum der viertgrößte kommunale Klinikverbund des Bundeslandes. Doch im Rahmen der Zukunftsplanung „Agenda 2030“ stehen nicht nur mehrere Standorte zur Disposition, sondern auch die Zusammenlegung von bisher zwei zentralen Klinikapotheken zu einer. Dagegen regt sich Widerstand.

420.000 Menschen wohnen im Ortenaukreis mit seiner Kreisstadt Offenburg, dem flächenmäßig größten Kreis in Baden-Württemberg, der im Westen an Frankreich grenzt. Um die Gesundheit der Menschen kümmert sich unter anderem mit dem Ortenau-Klinikum der viertgrößte kommunale Klinikverbund des Bundeslandes mit rund 5300 Mitarbeitern, neun Standorten (Achern, Ettenheim, Gengenbach, Kehl, Lahr, Oberkirch, Wolfach sowie zwei in Offenburg) verteilt über den gesamten Kreis und auch zwei zentralen Klinik-Apotheken in Gengenbach (Standort Offenburg-Gengenbach) und in Lahr (Schwarzwald, Standort Lahr-Ettenheim). Doch auch im „Musterländle“ muss im Gesundheitswesen gespart werden – „Agenda 2030“ hat die Geschäftsführung des Klinikums ihre Zukunftsplanung genannt, die Einsparpotenziale aufzeigen soll.

Noch ist für das Konzept nichts entschieden, doch liegen einige Vorschläge vor, in denen unter anderem Standorte wegfallen könnten – und auch aus bislang zwei zentralen Klinik-Apotheken nur noch eine zu machen, steht in der Diskussion, die sich etwa in der Gemeinde Lahr mittlerweile sehr lebhaft entwickelt. „Der Träger des Ortenau Klinikums (der Ortenaukreis, dessen Eigenbetrieb es ist) hat die Geschäftsführung im Rahmen einer Zukunftsplanung „Agenda 2030“ beauftragt, kurzfristig Einsparpotenziale im Klinikverbund zu heben. Da beide Leitungen der aktuellen Klinikapotheken zum 1. Januar 2018 in den Ruhestand gehen, ist jetzt der richtige Zeitpunkt für eine Zusammenführung“, sagt Christian Keller, Geschäftsführer des Ortenau-Klinikums.

300.000 Euro pro Jahr soll die Fusion sparen

„Um Synergien zu erzielen, sollen die beiden Zentralen Klinikapotheken in Lahr und Offenburg am Standort Offenburg zusammengeführt werden. Die Zusammenführung ergibt eine Kosteneinsparung pro Jahr von rund 300.000 Euro. Weitere Einsparungen können im Laufe der Restrukturierung, etwa durch den Verzicht auf Parallelvorhaltung erzielt werden“, sagt er. Von einer Schließung der Klinik-Apotheke in Lahr können man dabei aber nicht sprechen, das sei irreführend, sagt der Geschäftsführer. „Am Standort Lahr werden weiterhin klinisch-pharmazeutische Dienstleistungen durch einen klinischen Apotheker angeboten, die sogar deutlich ausgeweitet werden sollen. Die Restrukturierung begünstigt eine Verlagerung der Leistungsschwerpunkte der Apotheker weg von der Versorgungslogistik hin zur klinischen Pharmazie“, sagt Keller.

Das Konzept zur Zusammenführung der Apotheken habe man nach Abschluss einer Wirtschaftlichkeitsanalyse erarbeitet. Am 11. Juli soll es im Krankenhausausschuss des Ortenaukreises entschieden und ab 1. September 2018 umgesetzt werden.

Bislang versorgt die Zentrale Apotheke in Lahr die Stationen der beiden Häuser des zusammengefassten Klinikums Lahr-Ettenheim sowie fünf weitere Standorte des Ortenau-Klinikums. Die Apotheke in Gengenbach versorgt die drei zum Standort Offenburg gehörenden Häuser Gengenbach sowie St. Josefsklinik und Ebertplatz in Offenburg und darüber hinaus 18 weitere Einrichtungen und Rettungsdienste in der Region. Zwischen Lahr und Offenburg liegen rund 20 Kilometer.

Freundeskreis und Gemeinderatsfraktionen wehren sich

Doch gegen die Pläne regt sich einiges an Widerstand. So bezweifelt etwa der Vorsitzende des Freundeskreises Klinikum Lahr, Professor Volker Schuchardt, in einer Stellungnahme des Vereins, dass die Schließung der Lahrer Krankenhausapotheke Ersparnisse bringe. Bis September 2016 war Schuchardt Chefarzt der Klinik für Neurologie und Neurogeriatrie am Ortenau-Klinikum Lahr-Ettenheim. „Eine Schließung der Lahrer Krankenhausapotheke kann nicht zu Kostenersparnissen führen, eher sind durch versteckte Kosten, eine vermehrte Personalbelastung und durch einen erhöhten logistischen Aufwand Kostensteigerungen zu erwarten“, heißt es in der Stellungnahme. Ferner werde das Fehlen einer eigenen Apotheke die „hervorragend eingespielten Abläufe“ am Standort Lahr-Ettenheim gefährlich behindern, was therapeutische Maßnahmen aufwändiger, kosten- und personalintensiver mache und ohne Not Leistungsfähigkeit und Entwicklungspotenzial des Standortes gefährde. Leidtragende seien dann Patienten und Mitarbeiter, erklärt der Professor in der Stellungnahme.

In besonderem Maße sei auch die Onkologie in Lahr betroffen, denn dort käme es auf eine sehr zeitnahe und hoch individualisierte Bereitung von Präparaten an“, schreibt Schuchardt. Manche Präparate könnten bereits zwei Stunden nach der Präparation verderben – fatal wenn es beim Transport von Offenburg nach Lahr dann etwa Stau gebe.

Kritik sei teilweise sachlich falsch

„Eine Fehlentscheidung“ sei die Schließung der Krankenhaus-Apotheke, sagt auch Roland Hirsch, Fraktionsvorsitzender der SPD im Lahrer Gemeinderat. Auch die Gemeinderatsfraktion fürchtet eine Standortschädigung und bezweifelt die möglichen Kostenersparnisse. Ähnlich hatten sich zuvor auch bereits die Grünen in Lahr geäußert. „Es bleibt nur noch übrig, politischen Druck auszuüben, damit die Kreisräte einer Schließung nicht zustimmen“, sagt Hirsch.

„Die Kritik ist unzutreffend und teilweise sachlich falsch“, sagt dagegen Keller. In der Wirtschaftlichkeitsanalyse seien alle Aspekte einer Fusion der beiden Apotheken berücksichtigt. Durch die Zusammenlegung könnten rund 300.000 Euro pro Jahr gespart, die klinisch-pharmazeutische Dienstleistung am Standort Lahr ausgebaut und die Qualität der Patientenversorgung, insbesondere auch von onkologischen Patienten gesichert werden, sagt der Geschäftsführer.

Ebenfalls am 11. Juli will man in dem Ausschuss über Umstrukturierungen und Verlagerungen von Abteilungen abstimmen, bei dem die neun Klinik-Standorte erhalten blieben. Langfristig werden aber auch zwei Modelle aus einem Gutachten der Krankenhausberatungsgesellschaft CMK geprüft, die die Schließung von entweder fünf oder gar sechs der neun Kliniken vorsehen.



Volker Budinger, Autor DAZ.online
redaktion@daz.online


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