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Fremdkapital
Italien bereitet sich auf Apothekenketten vor
In den kommenden Tagen wird im italienischen Amtsblatt ein Gesetz veröffentlicht, das den kompletten Apothekenmarkt umwälzen wird. Mit dem „Konkurrenz-Gesetz“ hat der Gesetzgeber nach zweijähriger Beratung das Fremd- und Mehrbesitzverbot aufgehoben. Die ersten Apotheker sollen schon von Kettenbetreibern kontaktiert worden sein. Für viele scheint eine Übernahme durch einen Konzern eine lukrative Option zu sein.
Nach jahrelangem Streit um das „Konkurrenz-Gesetz“ hat der italienische Senat nun eine endgültige Version des Vorhabens beschlossen, das unter anderem den Apothekenmarkt dereguliert. In der Ursprungsversion des Gesetzes war eine komplette Öffnung des Marktes vorgesehen: Sowohl die Bedarfsplanung, das komplette Fremdbesitzverbot als auch die Rezeptpflicht vieler Rx-Medikamente standen unter Beschuss. Herausgekommen ist nach zahlreichen Änderungsanträgen und Diskussionen nun eine Kompromiss-Version, die für die Apotheker trotzdem viele Veränderungen mit sich bringen wird.
Hier die wichtigsten Punkte des Gesetzes für die Apotheken:
- In Zukunft dürfen auch Privatunternehmen Apotheken kaufen und eröffnen. Allerdings dürfen pro italienischer Region (Bundesland) nicht mehr als 20 Prozent aller Apotheken in Fremdbesitz sein. Die Wettbewerbsbehörde wurde beauftragt, die Einhaltung dieser Obergrenze zu überwachen.
- Das Mehrbesitzverbot wird komplett abgeschafft. Bislang durfte jeder Apotheker maximal vier Standorte in einer Provinz besitzen.
- Das Gesetz enthält auch eine finanzielle Unterstützung von Landapotheken. Apotheken in Ortschaften mit weniger als 6600 Einwohnern haben unter gewissen Bedingungen das Recht auf eine Einmalzahlung von 5000 Euro.
- In Italien sind die Öffnungszeiten für Apotheken relativ streng vorgeschrieben, Ausnahmen sind in gewissen Fällen aber erlaubt. Nach dem neuen Gesetz müssen die Apotheker alle besonderen, also von der Norm abweichenden Öffnungszeiten allerdings ihren Konkurrenten und der Krankenversicherung vorher melden.
Alles über den italienischen Apothekenmarkt
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Die schleichende Deregulierung
Aber was bedeuten diese Maßnahmen für den Apothekenmarkt? Zunächst einmal ist nicht zu erwarten, dass Pharmahandelskonzerne wie Celesio oder Walgreens Boots Alliance in den kommenden Monaten sehr schnell eine Menge neuer Standorte eröffnen. Das liegt einerseits an der 20-Prozent-Regel. Viel wichtiger ist aber die in Italien sehr strenge Bedarfsplanung: Die meisten Regionen sind was die Apothekenversorgung betrifft, gut versorgt. In Italien gibt es derzeit 17.000 Apotheken, das Land liegt was die Apothekendichte betrifft, ziemlich genau im Durchschnitt. Die Firmen werden es also schwer haben, noch Versorgungslücken zu finden, in denen eine neue Apotheke gerechtfertigt wäre.
Was planen Pessina und Celesio?
Hinzu kommt, dass die Konzerne wahrscheinlich gar kein Interesse daran haben werden, sich an dem komplizierten Ausschreibungsprozess zu beteiligen. Außerdem ist die Gründung einer neuen Apotheke für ein Unternehmen oftmals mit mehr Risiken verbunden als die Übernahme einer schon bestehenden und gut laufenden Offizin. Und daher dürfte der Fokus der Konzerne in den kommenden Monaten darauf liegen, attraktive Apotheken zu identifizieren, die für eine Übernahme in Frage kommen.
Italienischen Medienberichten zufolge ist diese Suche auch schon in vollem Gange. Fachmagazinen zufolge sollen einzelne Apotheker schon angesprochen worden sein, ob sie sich für eine Übernahme interessieren würden. Für Unruhe im Apothekenmarkt sorgte auch eine Umfrage, nach der mehr als 43 Prozent der Apothekeninhaber erklärten, dass sie die Öffnung für das Fremdkapital begrüßen würden.
Seit Jahren fest integriert im italienischen Apothekenmarkt ist der deutsche Pharmahandelskonzern Celesio. Das Unternehmen hat fast 2500 Großhandelskunden. Knapp 30 Apotheker betreiben auch schon Franchise-Apotheken unter dem Namen „Lloyds“. Der Stuttgarter Pharmahändler betreibt auch einige OTC-Shops in Italien. Hinzu kommt, dass Celesio schon jetzt an etwa 170 sogenannten „Kommunal-Apotheken“ beteiligt ist. Zur Erklärung: In Nord- und Mittelitalien wurden die Kommunen nach dem 2. Weltkrieg beauftragt, selbst Apotheken zu eröffnen, um die Versorgung aufrecht zu erhalten. Weil viele Kommunen knapp bei Kasse sind, und ein entsprechendes Gesetz erlassen wurde, verkauften die Gemeinden ihre Anteile an Pharmahandelskonzerne wie Celesio oder WBA.
Celesio: Die eigenen Kunden von der Übernahme überzeugen?
Das Unternehmen Celesio und die Marke "Lloyds" sind den Italienern also bereits ein Begriff. Zu erwarten ist also, dass Celesio zuerst den Kontakt mit seinen eigenen Kunden sucht und die ersten Schritte im deregulierten Markt im eigenen Lager vollzieht. In diese Richtung geht auch ein Statement eines Konzern-Sprechers: „Celesio ist derzeit der einzige Anbieter im italienischen Apothekenmarkt, der ein umfangreiches und anerkanntes Retail- und Franchise-Apothekenkonzept hat. Celesio wird in Italien auch die unabhängigen Apotheker und deren Kunden in dieser herausfordernden Zeit unterstützen und ihnen helfen, Vorteile aus den neuen Marktgegebenheiten zu ziehen – unabhängig davon, wie diese sich entscheiden. Celesio wird tun, was das Beste für unsere Kunden in Italien ist.“ In jedem Falle werde man die Entwicklung der neuen Regelungen in Italien „sehr genau beobachten“.
Was der vom italienischen Großunternehmer Stefano Pessina geleitete Weltkonzern WBA in Italien vorhat, ist derzeit nicht bekannt. Eine Sprecherin wollte sich überhaupt nicht zu dem Thema äußern. Auch WBA betreibt einen Großhändler in Italien und hat in der Vergangenheit erste Versuche unternommen, die Marke Boots dort zu etablieren.
Der Apothekerverband versucht indes, seine Mitglieder nach dem Beschluss des Gesetzes zu beruhigen. Man müsse innerhalb des Apothekennetzes noch enger zusammenrücken und dem Bürger zeigen, welchen Wert die Versorgung durch die Apotheke vor Ort habe, schreibt Federfarma-Präsident in einem Rundschreiben an seine Mitglieder. Cossolo weist nochmals darauf hin, dass man alles versucht habe, um die Regelungen zu vermeiden. „Aber das Spiel war schon gespielt“, schreibt der Präsident. Er rief die Wettbewerbsbehörde auf, ihren Job ernst zu nehmen und die Marktsituation genau zu überwachsen.
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